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# taz.de -- Großes E-Sport-Event in Berlin: Spannender als Fußball
> Tausende schauen Gamern in der Mercedes-Benz-Arena zu. An den Wänden
> hängen Flammenwerfer – das ist spannend und bisher sehr männlich.
Bild: Nicht nur die spielenden Teams, auch das Publikum besteht zu 99 Prozent a…
Wer ist männlich, weiß und zwischen 20 und 40 Jahre alt? Nein, nicht
AFD-Wähler, die sind statistisch gesehen meist zehn Jahre älter. Die
Antwort lautet: Besucher eines E-Sport-Events. Davon gibt es mittlerweile
weltweit unzählige, auch in Deutschland Woche für Woche eine Vielzahl, nur
wenige haben aber die Größe und das Renommee des „Berlin Major 2019 –
CS:GO“-Turniers, das am Wochenende in der Mercedes-Benz-Arena Berlin
stattfand.
Hinter dem kryptischen Namen verbirgt sich ein mit Millionen US-Dollar
dotiertes Turnier, das nicht im Ring, sondern an PCs, Mäusen und Tastaturen
ausgefochten wird. Wo sonst also Eishockey- oder Basketball-Spiele der
großen Hauptstadt-Clubs ausgetragen werden, gehört die Halle den „Gamern“
und ihren Fans – die in der Großzahl selbst spielen. Während Zuschauer im
Rund der Arena sitzen, beackern sich in der Mitte jeweils fünf
Teammitglieder (plus Coach und Crew) auf einer Bühne, die von den zwei
Glashäusern, die Spieler, Crew und Computer beheimaten, dominiert wird,
aber auch lauter Nonsens wie zahlreiche bewegliche Lampen und Flammenwerfer
verbaut hat.
Die Pyrotechnik ist dabei nicht nur Augenfutter, sondern hat einen festen
Sinn: Das Spiel „Counterstrike: Global Offensive“ basiert auf der Grundidee
eines einfachen Scharmützels. Fünf Terroristen versuchen eine Bombe zu
legen, fünf Polizisten („Counter-Terroristen“) versuchen das zu verhindern
– mit digitaler Waffengewalt oder durch Entschärfung. Doch jedes Mal, wenn
die Bombe explodiert, gehen auch die Flammenwerfer hoch. Ein mächtiges
Spektakel, das den Leistungen der Teams nur angemessen scheint. Denn hier
trifft sich die Elite des digitalen Shooter-Sports. Weltstars, die
verwirrende Namen tragen: Einer heißt „gla1ve“, ein anderer „nitr0“, d…
Lionel Messi des Sports ist der 18-jährige Franzose Mathieu Herbaut alias
„ZywOo“.
Diese zeichnen sich nicht bloß durch unfassbares Geschick an der Maus und
gezielte Schüsse aus, sondern auch durch großes taktisches Verständnis.
Gefesselt an die Ego-Perspektive jeder einzelner Figur wird permanent
diskutiert, Infos an die Mitspieler weitergegeben und der nächste Angriff
geplant, die ein oder andere Finte eingesetzt. Auch für Zuschauer ist das
fordernd, da man auf großen Leinwänden dem Spielgeschehen folgen darf; da
jedoch sehr viel innerhalb kürzester Zeit passiert, braucht es eine ganze
Weile, um „reinzukommen“.
So sieht es auch die 58-jährige Birgit aus Kopenhagen: „Ich bin mit einem
der Spieler verwandt, aber ich finde es auch so sehr spannend. Manchmal ist
es kompliziert zu folgen, aber man lernt dazu und merkt, wie diffizil der
Sport ist.“ Als Zuschauerin fällt Birgit auf. Das Publikum besteht zu etwa
99 Prozent aus Männern. In Dänemark wandelt sich das bereits, wo E-Sport
einen viel höheren Stellenwert besitzt als hierzulande – selbst
Premierminister Lars Rasmussen twittert regelmäßig, dass er dem dänischen
Team Astralis folge. „Die Jungen sind alle handzahm“, erzählt Birgit
weiter, „und die Damen-Toiletten sind frei.“
Auch die 18-jährige Linda aus Berlin findet es okay, eine der wenigen
Zuschauerinnen zu sein. Sie ist selbst Gamerin. „Es ist einfach so, dass
Mädchen nicht gesagt wird, es sei normal, selbst zu spielen und sich für
Games zu interessieren.“ Sie selbst verfolgt mit zunehmender Regelmäßigkeit
nicht nur online Turniere, sondern auch vor Ort. Vielleicht sollte man es
häufiger mal Birgit und Linda gleichtun. Spannender als Fußball ist es
allemal.
10 Sep 2019
## AUTOREN
Lars Fleischmann
## TAGS
Computer
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Sportler
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Games
Digitale Medien
Videospiele
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