# taz.de -- FDP-Politiker über das Digitalradio: „DAB+ hat keine Zukunft“ | |
> Die FDP engagiert sich derzeit auffällig stark in der Rundfunkpolitik. | |
> Stefan Birkner, Landesvorsitzender in Niedersachsen, erklärt, warum. | |
Bild: In Deutschland hört fast jede*r Radio, aber über DAB+ hören es nur die… | |
taz: Herr Birkner, der niedersächsische Landtag hat auf Ihre Initiative hin | |
für eine Überraschung gesorgt: Er hat einstimmig empfohlen, DAB+ nicht | |
weiter mit Rundfunkbeiträgen zu fördern. Was soll nun konkret passieren? | |
Stefan Birkner: ARD und Deutschlandradio sollen nicht mehr subventioniert | |
über DAB+ senden. Das ist einfach nicht der zukunftsweisende Standard: DAB+ | |
hat keinen Rückkanal für eine Interaktion zwischen Sendern und HörerInnen. | |
Der Mobilfunk bietet sich viel eher an. 5G wird ohnehin flächendeckend | |
ausgebaut und verkraftet auch problemlos Radiostreams. | |
Sie wollen DAB+ abschalten? | |
Nein. Wir treffen keine Technologieentscheidung. In diese | |
Übergangstechnologie – mehr ist DAB+ ohnehin nicht – soll nur kein Geld der | |
BeitragszahlerInnen mehr fließen. Das ist der Appell an die | |
MinisterpräsidentInnen. Was der private Markt macht, muss er entscheiden. | |
Dabei bietet DAB+ durchaus Vorteile gegenüber UKW. Fehlt nicht einfach nur | |
der Mut, UKW abzuschalten und allein auf DAB+ zu setzen, [1][so wie etwa in | |
Norwegen]? | |
Nein, wir wollen auch keinen Umschaltzeitpunkt. Damit würde man das Radio | |
in die falsche Technologie pressen. | |
Die FDP zeigt bei der Medienpolitik ja gerade grundsätzlich eine | |
erstaunliche Präsenz. Wo kommt der plötzliche Elan her? | |
Na ja, es wird gerade im Länderkreis [2][über die Zukunft des | |
öffentlich-rechtlichen Rundfunks diskutiert]. Da müssen sich unsere | |
KollegInnen in Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz | |
positionieren. Sie sind dort schließlich an den Regierungen beteiligt. | |
Eigentlich waren sich die MinisterpräsidentInnen einig, den Rundfunkbeitrag | |
per sogenanntem Index-Modell an die Inflation zu koppeln. Ihre KollegInnen | |
haben im Juni zum zweiten Mal in Folge dagegengehalten. Warum dieser | |
Widerstand? | |
Wir wollen erst über den Auftrag reden, also was die Öffentlich-Rechtlichen | |
in Zukunft eigentlich bieten sollen, und erst dann über die Finanzierung. | |
Bisher sollte das in einem Rutsch passieren – für uns der falsche Weg. Wir | |
führen allerdings auch keinen Glaubenskrieg: Es kann durchaus sein, dass am | |
Ende ein Index-Modell sinnvoll wäre. Was wir auf keinen Fall wollen, ist | |
ein Blankoscheck, die automatische Erhöhung des Beitrags mit der Inflation. | |
Es muss unbedingt weiter eine parlamentarische Kontrolle des | |
Rundfunkbeitrags geben. Dabei gibt es aber in der Rundfunkkommission der | |
Länder auch Annäherungen. | |
In Wahlprogrammen der FDP war mal von einer Halbierung des Rundfunkbeitrags | |
die Rede. Ist das noch aktuell? | |
Unser Ziel ist klar: Der Rundfunkbeitrag muss spürbar gesenkt werden. | |
Wollen Sie dafür ganze Programme streichen? | |
Es geht darum, dass sich ARD und ZDF auf wesentliche Aufgaben | |
konzentrieren, also Information und Kultur, und dabei die Kosten dämpfen: | |
vor allem, indem sie weniger teuren Sport und weniger teure Unterhaltung | |
zeigen. Ja, dabei geht es am Ende auch um die Frage, ob alle Kanäle nötig | |
sind. Die MinisterpräsidentInnen wollten dazu Vorschläge von den | |
IntendantInnen haben. Ich fand das feige. Diese Entscheidung ist Aufgabe | |
der Politik. | |
Auch die AfD will an den Rundfunkbeitrag, sie will ihn sogar abschaffen und | |
stattdessen einen „Bürgerfunk“ als Pay-TV. | |
Mag sein, zwischen uns gibt es aber keine Nähe. So wie ich die AfD auch | |
hier in Niedersachsen erlebe, sieht sie sich in einer Feindschaft zum | |
öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Wir bekennen uns hingegen klar zu einem | |
starken System. Das hindert uns aber nicht daran, über Einsparungen zu | |
reden. ARD und ZDF sind einfach zu teuer. Das ist auch ein Problem für die | |
Akzeptanz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Die ist aber wichtig! | |
SPD und Union behandeln die Medienpolitik zunehmend stiefmütterlich, oder? | |
Die Zeiten starker Rundfunkpolitiker wie Kurt Beck und Edmund Stoiber sind | |
vorbei. | |
Das ist ein großer Fehler! Medien sind in einer Demokratie ein zentrales | |
Politikfeld. In einer polarisierten gesellschaftlichen Debatte, in der auch | |
der Journalismus angegriffen wird, müssen wir Position beziehen – nicht nur | |
hinter den Kulissen in der Rundfunkkommission. | |
Da können Sie sich leicht profilieren. | |
Ach, uns bewegt einfach die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. | |
Da geht es gerade um Grundsätzliches. Wenn andere ein Feld vernachlässigen, | |
ist das natürlich auch eine Chance, um stattzufinden. Wir schauen aber | |
nicht strategisch auf Lücken, die andere lassen. | |
5 Jul 2019 | |
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## AUTOREN | |
Daniel Bouhs | |
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