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# taz.de -- Umstellung auf Digitalradio in Norwegen: Zurück in die Zukunft
> Norwegen hat als erstes Land sein UKW-Netz abgeschaltet. Nun brechen die
> Hörerzahlen ein und viele fordern, das alte Radio zurück.
Bild: Old but gold: Radios können mehr als nur Deko sein
Stockholm taz | Es gebe einen „geradezu dramatischen Absturz bei den
Hörerzahlen“ und darauf könne es eigentlich nur eine Reaktion geben,
fordert Åslaug Sem-Jacobsen: „Nehmt das UKW-Netz wieder in Betrieb.“
Die medienpolitische Sprecherin der norwegischen Zentrumspartei steht mit
dieser Aussage nicht allein. Bereits im Mai hatte der Parteitag der
regierenden Fortschrittspartei eine Resolution verabschiedet, das UKW-Netz
wieder zu aktivieren. [1][Dass Norwegen als weltweit erstes Land sein
UKW-Sendernetz komplett abstellen würde], hatte in der Mehrheit der
Bevölkerung schon im Vorfeld dieses 2017 durchgeführten Schritts keine
Begeisterung ausgelöst. Und wie sich mittlerweile zeigt, scheinen
erstaunlich viele NorwegerInnen dem Rundfunk ganz den Rücken gekehrt zu
haben, anstatt ihren gewohnten Programmen vom UKW-Empfang auf die neue
technische Plattform des Digital Audio Broadcasting (DAB) zu folgen.
Im Juni und in der ersten Julihälfte hörten nur noch 56,3 Prozent der
NorwegerInnen täglich Radio. Zehn Prozent weniger als vor dem Beginn des
Übergangs zum DAB-Radio. Was nicht etwa mit allgemein geändertem
Informationsverhalten, speziell mehr Konkurrenz durch andere Medien erklärt
werden könne, bei dem der Rundfunk automatisch Anteile verliere, versuchte
Sem-Jacobsen einen möglichen Einwand gleich von vornherein zu entkräften.
In anderen Ländern ohne diese technische Umstellung habe es keinen
vergleichbaren Einbruch bei den Hörerzahlen gegeben. Die entsprechenden
Zahlen für Schweden, Finnland und Dänemark lägen gleichbleibend bei knapp
unter oder über 70 Prozent. Offensichtlich sei also das DAB-Radio schuld.
Abgesehen von der Notwendigkeit, neue Empfangsgeräte kaufen zu müssen,
könne sich diese Technik weder bei der Tonqualität noch beim Empfang mit
UKW messen. Um eine Vielfalt von Informationskanälen aufrechtzuerhalten und
die Zukunft des Rundfunk-Mediums insgesamt zu sichern, „müssen wir UKW
wieder anstellen, bevor noch mehr flüchten“, fordert die Politikerin. „Alle
Länder rund um uns herum haben die DAB-Technik wieder fallen gelassen“,
sagt auch Morten Wold, der medienpolitische Sprecher der Fortschrittspartei
(FrP): „Das hätten wir besser auch tun sollen.“ Es sei doch unsinnig, wenn
man die Menschen zu etwas zwingen wolle, was sie gar nicht haben wollten.
## Dänemark schaltet nicht ab
Norwegen wird mit seinem Schritt der Abschaltung auch weiterhin allein
bleiben. [2][Nachdem die britische BBC] bereits im März ein Aus für das
UKW-Netz „für die absehbare Zukunft“ ausgeschlossen hatte, wird auch
Dänemark anders als geplant diesen Schritt nicht 2021 vollziehen.
Dafür sorgte kürzlich die Dänische Volkspartei, die rechtspopulistische
Schwesterpartei der norwegischen FrP. Erst wenn mehr als 50 Prozent der
RundfunkkonsumentInnen die digitale Radiotechnik benutzen, soll das Thema
wieder auf die Tagesordnung kommen.
Nach letzten Zahlen sind es 17 Jahre nach der Einführung des Digitalradios
in Dänemark zusammengerechnet derzeit 36 Prozent, die DAB- und
Internetradio nutzen. Auch Dänemarks Kultusministerin Mette Bock ruderte
mittlerweile zurück: Natürlich sei es eine „relevante Problematik“, wenn
man über DAB keinen lückenlosen Empfang von Verkehrsmeldungen im ganzen
Land sicherstellen könne.
## „Man kann da nicht einfach auf einen Knopf drücken“
„Nur Leute, die vom Verkauf der DAB-Technik profitieren, können diese mit
Überzeugung verteidigen“, sagt Suzanne Moll, ehemalige Strategiedirektorin
des Dänischen Rundfunks: „Will man ein wirklich zukunftssicheres Radio
haben, sollte man DAB überspringen und direkt zum Internetradio übergehen.
Alles andere ist nur so ein unnötiger Umweg, wie wir ihn bei elektronischen
Medien nicht zum ersten Mal sehen.“
Trygve Slagsvold Vedum, Vorsitzender der norwegischen Zentrumspartei,
möchte, dass für das norwegischen Parlament eine Kalkulation der Kosten für
eine mögliche erneute Inbetriebnahme des UKW-Netzes erarbeitet wird, damit
dieses seine Abschaltentscheidung überdenken könne. Billig würde ein
solcher Schritt sicher nicht werden, meint Ingrid Dietrichson,
Kommunikationschefin von Norkring, der ehemaligen Betreiberfirma dieses
Netzes: „Man kann da nicht einfach auf einen Knopf drücken.“ Außerdem sei…
Teile der technischen Ausrüstung schon demontiert und nach Malawi verkauft
worden.
13 Aug 2018
## LINKS
[1] /Umstellung-auf-Digitalradio-in-Norwegen/!5471703
[2] https://www.bbc.co.uk/news/entertainment-arts-43458695
## AUTOREN
Reinhard Wolff
## TAGS
Hörfunk
Radio
Norwegen
Dänemark
UKW
Medienpolitik
UKW
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