# taz.de -- Streit um UKW-Antennen: Radio gerettet – für's Erste | |
> Es werden keine Antennen abgebaut, die Streitparteien haben einen | |
> Kompromiss gefunden. Aber das Grundproblem bleibt. | |
Bild: Auch die Radioantenne auf dem Berliner Fernsehturm hat MediaBroadcast ver… | |
Das Radioprogramm im Nordosten Deutschlands wird vorläufig nicht ausfallen. | |
Im Streit um die UKW-Antennen haben sich die Parteien am Dienstagabend in | |
Bonn geeinigt. „Alle UKW-Marktakteure haben sich bewegt und sind | |
aufeinander zugegangen“, sagt der Schlichter Friedrich Bohl, ehemaliger | |
Kanzleramtschef. [1][Bohl war von der Bundesnetzagentur eingesetzt worden], | |
um zwischen Antennenbetreiber*innen, Sendern und zwischengeschalteten | |
Dienstleistungsfirmen zu vermitteln. | |
Die hatten sich über die Frage gestritten, wer künftig mehr für die Nutzung | |
von Radioantennen zahlen muss. Worin konkret die Einigung besteht, darüber | |
haben sich die drei Parteien offiziell nicht geäußert, laut | |
taz-Informationen aus Teilnehmerkreisen lautet der Deal, dass jede ein | |
finanzielles Zugeständnis macht, und zwar zu genau gleichen Teilen. Das | |
heißt: Die Sender zahlen etwas mehr, die Betreiber*innen senken die Preise | |
ein wenig, und die Dienstleister*innen schrauben ihre Gewinnmarge runter. | |
„Ich gehe davon aus, dass die konkreten Verträge jetzt schnell vereinbart | |
werden und damit regulatorische Eingriffe vermieden werden können“, sagt | |
Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur. Die Behörde hatte gedroht | |
einzuschreiten, wenn es nicht bis Montag zu einer Einigung kommt. | |
Rund 700 Antennen hat die Firma MediaBroadcast zum Jahreswechsel verkauft. | |
Bis dahin besaß die Freenet-Tochter faktisch als Monopolist die | |
UKW-Infrastruktur. Viele Sender verfügen über keine eigenen und mieten die | |
Antennen deshalb an – allerdings nicht direkt beim Eigentümer. | |
Zwischengeschaltet sind zwei sogenannte Übertragungsdienstleister, sie | |
heißen Uplink Network und Divicon. Sie erhalten sozusagen Miete von den | |
Sendern und zahlen wiederum an den Besitzer. Damit MediaBroadcast aber | |
seine Marktmacht nicht ausnutzt, um Preise zu diktieren, regulierte die | |
Bundesnetzagentur im Hintergrund. Es gibt also drei Parteien – Besitzer, | |
Dienstleister und Sender – plus eine Behörde, die in diesem Streit relevant | |
sind. | |
Das System fiel auseinander, als MediaBroadcast Anfang des Jahres ihre | |
Antennen an eine Reihe privater Investor*innen verkaufte. Damit wurde aus | |
dem Monopol – zumindest auf den ersten Blick – ein freier Markt. Die | |
Käufer*innen erhöhten umgehend die Nutzungsgebühren. Die | |
Übertragungsdienstleister konnten jedoch wegen fester Verträge keine | |
höheren Gebühren von den Sendern verlangen. | |
## Nur scheinbar freier Markt | |
Sie weigerten sich daher, die erhöhten Preise zu zahlen. Es folgte eine | |
Kette von Drohungen. Die Bundesnetzagentur kündigte an, womöglich weiterhin | |
regulierend einzugreifen – und das, obwohl formal kein Monopol mehr | |
besteht. Daraufhin drohte einer der Käufer, der Investor Axel Sartingen, | |
damit, [2][seine erworbenen Antennen einfach abzubauen]. Damit war in | |
denjenigen Regionen der Sendebetrieb in Gefahr, wo die Sender keine eigene | |
Infrastruktur betreiben, unter anderem in Teilgebieten des NDR und des MDR. | |
Die Übertragungsdienstleister wiederum klagten, dass sie Verluste machen | |
würden. | |
Schließlich setzte die Bundesnetzagentur eine Frist: Bis zum 18. Juli | |
sollten die Streitparteien sich einigen, sonst werde wieder reguliert. Das | |
haben die Parteien nun gerade noch verhindert. Als Nächstes müssen neue | |
Verträge aufgesetzt werden, der Friedensschluss ist also noch nicht | |
festgeschrieben. Michael Radomski, Geschäftsführer von Uplink, sieht aber | |
„insgesamt keine Gefahr von Senderausfällen oder Abschaltungen“. | |
Fraglich ist, ob das Problem tatsächlich bei der Monopolfrage liegt, wie | |
MediaBroadcast und die neuen Antennenbesitzer*innen immer betont haben. Auf | |
den ersten Blick scheint es jetzt einen Wettbewerb zwischen fünf | |
Betreiberfirmen zu geben, also einen Markt. Allerdings bildet jede Antenne | |
für sich an ihrem Standort ein Monopol – egal auf wie viele | |
Eigentümer*innen das Antennennetz verteilt ist. Jedenfalls solange man | |
keine Konkurrenz-Antenne direkt danebenstellt. | |
Damit wäre die Frage, ob hier Regulierung nötig ist, an und für sich | |
geklärt. In Bayern hat die Landesmedienanstalt in der Zwischenzeit die | |
Antennen von MediaBroadcast erworben, wohl um ähnliche Streitereien in | |
Zukunft zu vermeiden. Es mag in Bonn eine Einigung gegeben haben – | |
allerdings wird der Streit von vorn beginnen, wenn die | |
Antennenbesitzer*innen das nächste Mal die Preise erhöhen. | |
20 Jun 2018 | |
## LINKS | |
[1] /Streit-um-UKW-Antennen/!5511376 | |
[2] /Streit-um-UKW-Antennen-eskaliert/!5504693 | |
## AUTOREN | |
Peter Weissenburger | |
## TAGS | |
UKW | |
Radio | |
Bundesnetzagentur | |
Hörfunk | |
UKW | |
UKW | |
UKW | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Umstellung auf Digitalradio in Norwegen: Zurück in die Zukunft | |
Norwegen hat als erstes Land sein UKW-Netz abgeschaltet. Nun brechen die | |
Hörerzahlen ein und viele fordern, das alte Radio zurück. | |
Streit um UKW-Antennen: Ex-Kanzleramtschef soll helfen | |
Im Konflikt zwischen Sendernetz- und Antennenbetreibern soll der | |
CDU-Politiker Friedrich Bohl als Schlichter vermitteln. | |
Bundesnetzagentur gegen UKW-Antennen: Bloß keinen Blackout | |
Media Broadcast hat Ende 2017 rund 700 UKW-Antennen veräußert. Seitdem | |
schwelt ein Streit mit der Bundesnetzagentur – bisher ohne Ergebnis. | |
Streit um UKW-Radio-Ausstrahlung: UKW? Läuft nicht o. k. | |
Die Radioverbreitung via UKW geht erst mal weiter. Aber der Streit zwischen | |
Sendernetz- und Antennenbetreibern ist längst nicht gelöst. |