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# taz.de -- Branchenkonferenz des Lokalrundfunk: Internet kills the Radio Star
> In Nürnberg diskutieren Radio- und Fernsehmacher über ihre Zukunft. Für
> die braucht es offenbar vor allem: Value, USP und mächtig Personality.
Bild: Wichtig beim Lokalradio: Das Lokale stärken
Nürnberg taz | Man könnte ja meinen, der Hörfunk – öffentlich-rechtlich w…
privat – habe es schwer in Zeiten von YouTube, Spotify und Podcasts. Wer
hört schon noch ein lineares Programm, wenn er zu jeder Zeit das
persönliche Lieblingsprogramm haben kann?
Erstaunlich viele offenbar, das zeigt die [1][„Funkanalyse Bayern“], die
die Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) gerade vorgestellt
hat. Demnach schalten knapp 89 Prozent der über 70-Jährigen mindestens
einmal am Tag das Radio an. Der Prozentsatz sinkt kontinuierlich, je jünger
die Befragten werden, aber selbst bei den 14- bis 19-Jährigen sind es noch
knapp 73 Prozent.
Dennoch lässt sich nicht leugnen, dass das Internet und die soziale Medien
den Rundfunk unter Druck setzen. Auf den „Lokalrundfunktagen“ in Nürnberg,
dem deutschlandweit größten Branchentreffen, diskutierten lokale Fernseh-
und Hörfunkmacher in der vergangenen Woche, wie sie trotz und mit der
Digitalisierung gut in die Zukunft kommen. Es ging um Inhalte und neue
Technik, dennoch griff auch eine gewisse Ratlosigkeit um sich. Klar im
Trend jedenfalls: unnötige Anglizismen.
## 1. Der USP
Ja, den USP sollte man unbedingt haben beim Radio, da sind sich alle einig.
Siegfried Schneider etwa, Präsident der BLM und vormals CSU-Politiker: „Man
muss den USP verfolgen.“ Bedeutet? Das ist der „Unique Selling Point“, zu
Deutsch: das Alleinstellungsmerkmal. [2][Etwas, das den einen
Rundfunksender von dem anderen unterscheidet]. „Lokalradio muss dort sein,
wo etwas passiert“, meint Schneider. „Wer vor Ort ist, kann die richtigen
Inhalte bringen.“
Ein Beispiel nennt Sebastian Steinmayr, dessen Dienstleistungsgesellschaft
BLR die bayerischen Lokalprogramme mit Inhalten beliefert: 2016 etwa sei es
wichtig gewesen, nach der Ankunft und der Verteilung der vielen Flüchtlinge
nachzuhaken: Wie geht es jetzt weiter vor Ort? Was läuft gut, was schlecht?
## 2. Apps, Twitter, Facebook
Hörfunk und Fernsehen fragen sich, wie sie die neuen digitalen
Möglichkeiten nutzen und mit ihnen Geld verdienen können. Das bisherige
Fazit von Ralph Kühnl, einem Technik-Freak und Betreiber des
Rhein-Neckar-Fernsehens in Mannheim, ist ernüchternd: „Wir sind noch nicht
so weit, dass sich neue Wege als Stand-alone-Produkte selbst finanzieren.“
Heißt: Geld bringen sie noch nicht. Kühnl hat eine „Smart-TV-App“
entwickelt, aber: „Viele ältere User sind noch unsicher mit der
Technologie.“ Eine neue Lokal-TV-App würden sich derzeit „verdammt wenige
Leute installieren“.
Für die Bespielung der sozialen Medien hat der Bayerische Rundfunk (BR) gar
in Nürnberg ein eigenes „BR-Aktualitätenzentrum Franken“ gegründet. Dort
werde geplant, welches Thema wo wie umgesetzt wird – also App, Twitter,
Facebook? Homepage, Hörfunk, TV? Das alles seien nur verschiedene
„Vertriebswege“, sagt Gerhard Kockert, der Leiter des Aktualitätszentrums.
Und: „Ganz hinten steht der Magazinbeitrag.“
## 3. Die Personality
Die Morningshow ist für den Privatfunk weiter wichtig. Häufig versucht ein
ModeratorInnen-Pärchen die Hörer zu bespaßen. Dabei gehe es, sagt die freie
Moderatorin Susi Krauseneck, „um Echtheit und Authentizität“. Das
Zauberwort lautet „Personality“. Lisa Augenthaler, 29, die kürzlich vom
Münchner „Radio Energy“ zum Marktführer „Antenne Bayern“ gewechselt i…
meint: „Die Hörer haben ihre Stars. Wichtig ist es, im Herzen anzukommen.“
Und wie gelingt das? Einige Vorschläge der „Personalitys“: Bei der Hitze
darüber diskutieren, ob man im Büro die Klimaanlage laufen lassen soll oder
nicht. Die Waschmaschine ist zu kompliziert: Wem geht es auch so? Oder über
den vierjährigen Sohn sprechen.
## 4. Der Value
„Was rausgeht, muss natürlich stimmen“, sagt Gerhard Kockert vom BR. Damit
ist der wichtigste journalistische Grundsatz angesprochen. Auf YouTube kann
jeder fast alles raus blasen. Journalismus aber besteht aus Wirklichkeit
und Faktengenauigkeit, und das professionell erstellt. CSU-Generalsekretär
Markus Blume meint: „Ich möchte nicht, dass wir Generationen haben, die von
Medien abgeschnitten sind.“
Sind sie ja auch nicht, scheint die „Funkanalyse“ zu zeigen. Wenn selbst
die Mehrheit unter den Jüngsten noch täglich Radio hört, ist doch alles
gut, oder? Zweiter Blick auf die Statistik: Die Alten hören im Schnitt 249
Minuten Radio am Tag, also mehr als vier Stunden. Die Jungen „nur“ 89
Minuten.
8 Jul 2019
## LINKS
[1] http://funkanalyse.tns-infratest.com/
[2] /Uebertragungsrechte-von-Fussballspielen/!5527666/
## AUTOREN
Patrick Guyton
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