Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Neues Hörfunk-Programm: Banalisiertes Hessen
> Aus dem renommierten Hörfunk-Programm HR2 Kultur soll ein schnöder
> Dudelfunk werden. Anspruchsvolles will man ins Digitale auslagern.
Bild: Der Hessische Rundfunk will seinen Kultur-Sender HR2 umwandeln
Kultur ist Sache der öffentlich-rechtlichen Sender, dafür sind nicht
zuletzt die [1][Rundfunkgebühren] vorgesehen. Aber Kulturinhalte sind kein
Massenprogramm. Für ARD, ZDF, Deutschlandradio und Co. scheint das ein
Problem zu sein. In der Auseinandersetzung um ihre Daseinsberechtigung, mit
Blick auf Gebührendiskussion, auf digitalen Wandel und auf ein Publikum,
das im Schnitt gut über 60 Jahre alt ist, fällt den Verantwortlichen in den
Anstalten oft nichts Besseres ein als zu sparen. Und zwar an der Qualität
und Komplexität des Programms. Das passiert aktuell auch beim Hessischen
Rundfunk (HR). Der Kulturradiosender HR2 Kultur soll komplett umgewandelt
werden.
Wichtigstes Argument beim HR: Zu wenige schalten ein. Zwischen 90.000 und
100.000 täglich waren es zuletzt. Zum Vergleich: Die drei Sender von
Deutschlandradio kommen auf etwas mehr als 2 Millionen Hörer pro Tag.
Künftig soll das Angebot sich auf „anspruchsvoll präsentierte klassische
Musik und attraktive Inhalte aus und für Hessen mit klarem Blick auf das
hessische Musikleben“ konzentrieren und so den Bedürfnissen von Hörerinnen
und Hörern folgen, wie der Sprecher des Hessischen Rundfunks, Christoph
Hammerschmidt, ankündigt. Im Klartext: weniger Berichterstattung, Wegfall
von Magazinen und keine anderen Kulturinhalte mehr – außer klassischer
Musik.
Hochwertige Magazine wie „Kulturfrühstück“, „Der Tag“ oder „Doppelk…
werden in der bisherigen Form dann nicht mehr stattfinden. Eine
Projektgruppe soll erst in den nächsten Monaten die konkrete Ausgestaltung
übernehmen.
Und die Mitarbeiter? Die sollen die Vorschläge laut offizieller Version
offen aufgenommen haben. Ein HR-Insider, der nicht genannt werden möchte,
sagt etwas anderes: „Der Unmut in der Redaktion war unübersehbar, der
Sender soll zu einer reinen Abspielstation von Musik abgewickelt werden.“
Man habe „bewusst die Ferienzeit gewählt“, um die Pläne zu verkünden.
## Abwrackpläne für HR2
Zwar sollen Teile des bisherigen Programms in andere Sender oder in die
große weite digitale Welt verlagert werden, dennoch wird die öffentliche
Entrüstung von Mitarbeitenden und Kulturszene wohl nicht ausbleiben. „Es
wird dort ja nicht nur über Kultur berichtet, sondern auch Kultur
generiert, etwa in Zusammenhang mit dem Deutschen Jazz- oder dem
Rheingau-Musikfestival“, sagt ein dem Sender nahestehender Beobachter.
Der verweist außerdem darauf, dass derzeit neben 20 festen Mitarbeitern
auch rund 100 Freie für HR2 Kultur arbeiten. Auf Sitzungen der
Leitungsebene seien Aussagen gefallen‚ wie die, dass da ja vielleicht auch
jemand früher gehen wollen könne.
Das bisherige Publikum von HR2 Kultur wird mit einem reinen
Klassikabspielsender kaum zufriedengestellt werden können. Denn die
Qualität des Angebots besteht ja bislang eben darin, dass Hintergründe zu
bestimmten Werken oder Aufnahmen besprochen oder auch Lesungen übertragen
werden. Man erfährt Neues, statt Altbekanntes serviert zu bekommen.
Letztlich seien die Abwrackpläne für HR2 in eine Gesamtstrategie
eingebettet, heißt es aus der Sendergeschäftsleitung, um sich
„zukunftsfähig“ aufzustellen. Ziel des Veränderungsprozesses sei es,
digitale Produkte grundsätzlich zu stärken und für alle Zielgruppen
auszubauen. Einen besonderen Schwerpunkt bilden dabei Formate für Menschen
unter 35 Jahren. „Wir wollen uns lieber auf wenige, aber
erfolgversprechende Produkte und Themenbereiche konzentrieren.“ Die
Veränderungen betreffen also das ganze Haus HR – und werden bei den
verunsicherten Mitarbeitenden auch in Zukunft für Zündstoff sorgen.
24 Jul 2019
## LINKS
[1] /Rundfunkgebuehr-gekoppelt-an-Inflation/!5599566
## AUTOREN
Wilfried Urbe
## TAGS
Hessischer Rundfunk
Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk
Radio
Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk
Kolumne Flimmern und Rauschen
WDR
Lokaljournalismus
## ARTIKEL ZUM THEMA
Protest gegen Kulturradio-Reformen: Klassik ohne Worte
Reformen bei den Kulturradios des HR und des RBB verunsichern die Macher
und Hörer. Die Sender setzen einiges aufs Spiel.
Reform der Öffentlich-Rechtlichen: Rundfunkpolitik im Nirwana
Eigentlich sollte der öffentlich-rechtliche Rundfunk reformiert werden,
passiert ist bisher aber nichts. Die AfD freut sich.
Lohnstreit beim WDR: „Maulkorb“ in Köln
Wer am Dienstag das „Morgenmagazin“ sehen wollte, bekam zeitweise eine
Wiederholung gezeigt. Denn: Im WDR streikten mehrere hundert Mitarbeiter.
Branchenkonferenz des Lokalrundfunk: Internet kills the Radio Star
In Nürnberg diskutieren Radio- und Fernsehmacher über ihre Zukunft. Für die
braucht es offenbar vor allem: Value, USP und mächtig Personality.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.