| # taz.de -- Forscher über NRW-Wahlergebnis der AfD: „Geprägt von internen Q… | |
| > Bei den NRW-Kommunalwahlen kam die AfD auf 5 Prozent. Das Land sei für | |
| > sie ein schwieriges Pflaster, sagt Sozialwissenschaftler Alexander | |
| > Häusler. | |
| Bild: NRWs AfD-Chef Rüdiger Lucassen (Mitte) auf einer Anti-Corona-Demo – ha… | |
| taz: Herr Häusler, die AfD hat bei den [1][Kommunalwahlen in NRW] im | |
| Schnitt gerade 5 Prozent bekommen. Woran liegt das? | |
| Alexander Häusler: NRW als bevölkerungsreichstes Bundesland war noch nie | |
| ein besonders gutes Pflaster für die AfD. Dafür ist das interne | |
| Konfliktpotenzial einer der Hauptgründe. Der Landesverband ist seit seiner | |
| Gründung von massiven internen Querelen geprägt und der versuchte | |
| Neuanfang, der im vergangenen Jahr unter dem neuen Vorsitzenden Rüdiger | |
| Lucassen beginnen sollte, hat nicht funktioniert. Wahrscheinlich wird auch | |
| die Coronakrise eine Rolle spielen, wo die AfD keine klare Position | |
| vertritt, sondern sich wie Wetterfähnchen im Wind verhält. Dass einige | |
| Kreisverbände versucht haben, noch auf den Zug der Anti-Corona-Proteste | |
| aufzuspringen, hat auch nicht genutzt. | |
| Welche Rolle spielt, dass der Verfassungsschutz die AfD in den Blick | |
| genommen hat? | |
| Diejenigen, die einen Beamtenstatus haben, die Gutsituierten nehmen Abstand | |
| von der Partei, auch aus Angst vor beruflichen Konsequenzen. Das ist auch | |
| ein Punkt, der da hineinspielt. | |
| Erfolgreich war die AfD aber in manchen Städten des Ruhrgebiets – mit einem | |
| Spitzenwert von fast 13 Prozent in Gelsenkirchen. Wie deuten Sie das? | |
| Das bestätigt einen Trend, den wir schon bei den vergangenen Wahlen gesehen | |
| haben: Im nördlichen Ruhrgebiet ist die AfD eher eine Partei, die sozial | |
| prekarisierte Wählerschichten anspricht, laut Wahlforschung sind das | |
| Wähler, die ganz früher für die SPD gestimmt haben und nach den | |
| Hartz-IV-Reformen nicht mehr gewählt haben. Das gilt auch für die Städte, | |
| in denen die AfD jetzt gut abgeschnitten hat. Das sind außer Gelsenkirchen | |
| Hagen, Duisburg, Oberhausen und Essen, wobei sie bei den letzten zwei schon | |
| weit von der Zweistelligkeit entfernt sind. | |
| Welche Rolle spielt das Personal vor Ort? | |
| Sowohl das Personal als auch die Positionierung innerhalb der Partei haben | |
| anscheinend keine wichtige oder gar keine Rolle gespielt. In Gelsenkirchen | |
| zum Beispiel dürfte weniger der Spitzenkandidat der AfD, der | |
| Bundestagsabgeordnete Jörg Schneider, entscheidend gewesen sein, sondern | |
| dass der langjährig erfolgreiche SPD-Bürgermeister nicht wieder angetreten | |
| ist. Und in Gelsenkirchen gab es schon bei der Bundestagswahl das beste | |
| Ergebnis unter den westdeutschen größeren Städten. | |
| Ist die AfD in NRW in der Fläche nicht gut aufgestellt? | |
| Der neue Parteivorsitzende wollte den Einfluss der Rechtsaußen-Formation | |
| des „Flügels“ dezimieren, den Landesverband einen, eigene Themen setzen und | |
| zweistellig werden – all das ist nicht gelungen. Das Konfliktpotenzial hat | |
| dazu geführt, dass einzelne Kreisverbände gar nicht handlungsfähig waren | |
| und so zerstritten, dass Listen nicht zustande gekommen sind. Deshalb ist | |
| auch das Vorhaben, flächendeckend anzutreten, gescheitert. | |
| Der Bundestagsabgeordnete Rüdiger Lucassen ist erst seit einem knappen Jahr | |
| Landeschef, im Landesvorstand sind keine „Flügel“-Leute mehr. Wackelt | |
| Lucassen und damit dieses ganze Konstrukt? | |
| Davon kann man ausgehen. Lucassen hat schließlich keines seiner vorher | |
| vollmundig verkündeten Wahlziele erreicht. Man kann sicher auch mit neuen | |
| parteiinternen Konflikten rechnen. Der Landesverband will in Kürze bereits | |
| die Landeslisten für die Bundestagswahl aufstellen und da wird an Lucassens | |
| Stuhl bestimmt kräftig gesägt. | |
| In Niedersachsen hat gerade ein Mann des rechtsextremen „Flügels“ den | |
| Landesvorsitz übernommen, wäre das auch in NRW möglich? | |
| Das lässt sich schwer sagen. Die beiden Flügel-Leute, die früher mit im | |
| Landesvorstand waren, Thomas Röckemann und Christian Blex, haben danach | |
| keine gute Figur abgegeben, sie scheinen auch nicht die tragenden Kräfte | |
| für einen möglichen Neuanfang nach Lucassen zu sein. Das ist noch völlig | |
| unklar. Eher deutet sich an, dass die Konflikte nicht kurzfristig gelöst | |
| werden können und die Partei in NRW auf niedrigem Niveau bleiben wird. | |
| Wo sehen Sie die AfD derzeit bundesweit? Hat die Partei Ihren Höhepunkt | |
| überschritten? | |
| Mit solchen Aussagen wäre ich vorsichtig. Sagen kann man aber, dass die | |
| Covid-19-Pandemie bei der AfD, wie auch bei rechtspopulistischen Parteien | |
| in anderen europäischen Ländern wie Italien, dazu geführt hat, dass die | |
| Leute nicht auf plumpe Parolen setzen, [2][sondern auf Sicherheit in | |
| unsicheren Zeiten]. | |
| Es kann aber durchaus sein, dass die wirtschaftlichen und sozialen Folgen | |
| der Pandemie – also Arbeitslosigkeit, Pleiten von kleinen Firmen – und ein | |
| weiteres Aufgehen der sozialen Schere den Bundestagswahlkampf im kommenden | |
| Jahr prägen werden. Dort könnte sich eine neue Leerstelle bieten, die die | |
| AfD mit einem völkischen Sozialkonzept füllen könnte. Damit könnte sich ein | |
| neues Kampagnenthema für die AfD auftun. | |
| 14 Sep 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Sabine am Orde | |
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