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# taz.de -- Wahlkampf in Nordrhein-Westfalen: Grüne Höhenflüge
> Bei den Kommunalwahlen in NRW könnten die Grünen zweitstärkste Kraft
> werden – und in Aachen und Bonn sogar die Rathauschefinnen stellen.
Bild: Grüner Wahlkampf vor Ort: OB-Kandidatin Katja Dörner besucht den Bonner…
Bonn taz | Katja Dörner kämpft. Bei den nordrhein-westfälischen
Kommunalwahlen am kommenden Sonntag will die Bundestagsabgeordnete der
Grünen Oberbürgermeisterin in ihrer Heimatstadt Bonn werden – und hat
durchaus Chancen.
Laut einer Infratest-Umfrage, in Auftrag gegeben vom WDR und
Lokalzeitungen, liegt die 44-Jährige bei der Direktwahl zwar mit 26 Prozent
13 Punkte hinter dem amtierenden CDU-Rathauschef Ashok-Alexander Sridharan.
Im Kommunalparlament aber könnten die Grünen erstmals die stärkste
Ratsfraktion stellen – und das mit Abstand: Sie kämen auf 35 Prozent der
Sitze, die CDU auf 27 und die SPD nur auf 16 Prozent. FDP, Linke und AfD
blieben mit 5,4 und gerade einmal 3 Prozent einstellig.
Dörner, die im Bundestag seit 2009 Familienpolitik macht, setzt deshalb
schon heute auf die Stichwahl, die laut Umfrage zwischen Sridharan und ihr
fällig würde. „Das Programm von SPD-Kandidatin Lissi von Bülow ist näher
bei den Grünen als bei der CDU“, sagt sie. Erst wenn die Grünen tatsächlich
stärkste Ratsfraktion würden, dürften viele Wähler*innen realisieren, dass
ein Machtwechsel auch an der Verwaltungsspitze realistisch sei, hofft die
stellvertretende Vorsitzende der grünen Bundestagsfraktion.
Dabei ist Bonn kein Einzelfall: Laut Infratest sind die Grünen in allen elf
untersuchten NRW-Großstädten stark – und könnten bei der Kommunalwahl die
SPD als zweitstärkste Kraft ablösen. Es wäre eine Zäsur im „Stammland“ …
SozialdemokratInnen.
## Satter Vorsprung in Aachen
In Aachen, immerhin Heimatstadt von [1][CDU-Ministerpräsident Armin
Laschet], stünden sie bei der Stadtratswahl gar mit 37 Prozent auf Platz 1.
CDU und SPD können nur mit 26 und 15 Prozent rechnen. Vorn liegt in Aachen,
wo der amtierende CDU-Oberbürgermeister Marcel Philipp nicht mehr antritt,
die von den Grünen unterstützte Parteilose Sibylle Keupen: Die
Kulturmanagerin und Pädagogin kann auf 35 Prozent hoffen – Keupens
Konkurrenten von CDU und SPD, Harald Baal und Mathias Dopatka, dagegen nur
auf 26 beziehungsweise 24 Prozent.
Stark sind die Stadtratswahl-Umfragewerte der Grünen auch in Münster (30
Prozent) und in Düsseldorf (25 Prozent), wo sie hinter den Christdemokraten
zweitstärkste Kraft werden könnten. In Nordrhein-Westfalens größter Stadt
Köln liegen Grüne und SPD (beide 24 Prozent) und die CDU (23 Prozent), fast
gleichauf.
Ähnlich sieht es in Wuppertal aus. In beiden Städten dürften von Grünen
gestützte Kandidat*innen Rathauschef*in werden: In Köln liegt die
Parteilose Henriette Reker auf dem Ticket von Christdemokraten und Grünen
mit 61 Prozent uneinholbar weit vorn. Aber auch in Wuppertal steht der von
der CDU mitgetragene Grüne Uwe Schneidewind mit 44 Prozent zwei Punkte vor
SPD-Amtsinhaber Andreas Mucke. Bis Ende April war er wissenschaftlicher
Geschäftsführer des Wuppertal-Instituts für Klimaforschung.
Vielfältig seien die Gründe für die guten Umfragewerte der Grünen, sagt der
Politikwissenschaftler Karl-Rudolf Korte von der Universität
Duisburg-Essen. Zwar seien die Grünen „immer Umfragehelden“ gewesen. Aber
natürlich zahle die Bundesebene mit dem [2][„unfassbar geschlossen, einig
und authentisch“ auftretenden Duo] der Parteivorsitzenden Annalena
Baerbock und Robert Habeck ein.
## Grünen-Politik ist „enkelfähig“
Außerdem bediene die Partei „eine Moralwährung“, sagt Korte: Ihre Politik
gelte gerade in Coronazeiten als „enkelfähig“ – nicht nur in Umweltfrage…
sondern insgesamt bei der Schaffung einer krisenfesten gesellschaftlichen
Infrastruktur. Nach der Pandemie dürfe es kein Zurück zur „alten
Normalität“ geben, betont denn auch die grüne Landeschefin Mona Neubaur
immer wieder.
Wichtig für den Erfolg sei aber auch ein „neuer Politikstil“ der Grünen,
glaubt der Politologe Korte. „Fragend und aufsuchend“ sei der – und gebe
eben nicht vor, für alles sofort eine Lösung zu haben.
In Bonn tritt die grüne Spitzenkandidatin Katja Dörner genau so auf. Neben
Auftritten mit Habeck und Baerbock macht sie coronabedingt einen
kleinteiligen Wahlkampf mit vielen Terminen vor Ort: Dörner besucht
Initiativen wie etwa den Bürgerverein im Ortsteil Vilich-Müldorf, der sich
um das marode Dach seiner Veranstaltungshalle sorgt, oder den Verein für
Behindertensport, der um die städtische Co-Finanzierung bangt.
Die OB-Kandidatin hört zu, fragt nach – von der schnellen Lösung mit viel
Geld redet sie dagegen nicht. „Ich will den Leuten nichts versprechen“,
sagt Dörner, „was ich vielleicht nicht halten kann“.
7 Sep 2020
## LINKS
[1] /Machtkampf-in-der-Union/!5702761
[2] /Gruenen-Chefs-ueber-Macht/!5651653
## AUTOREN
Andreas Wyputta
## TAGS
Kommunalwahlen
NRW
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Annalena Baerbock
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