# taz.de -- EU-Grenzschutzagentur Frontex: Hilfe beim Abschieben | |
> Frontex zahlt auf Wunsch Charterflüge, um Flüchtlinge in ihre | |
> Herkunftsländer zurückzubringen. Deutschland macht davon regen Gebrauch. | |
Bild: Bezahlt von Frontex? Abschiebung per Charter-Flieger vom Flughafen Leipzi… | |
BERLIN taz | Die EU-Grenzschutzagentur [1][Frontex] spielt eine immer | |
wichtigere Rolle bei Abschiebungen aus Deutschland. Seitdem Frontex 2016 | |
die Möglichkeit bekam, für Charter-Abschiebeflüge aus Deutschland zu | |
bezahlen, ist die Häufigkeit dieser Flüge im Verhältnis zu den | |
Flüchtlingszahlen stark angestiegen. Das geht aus der Antwort der | |
Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken hervor. | |
2016 hoben 214 solcher Abschiebecharter von deutschen Flughäfen ab, in den | |
Folgejahren waren es 159, 169 und 168, zuletzt also etwa an jedem zweiten | |
Tag ein Flug. Die Flüchtlingsankünfte in Deutschland sanken aber zwischen | |
2016 und 2019 um etwa vier Fünftel. Die deutschen Behörden machen also | |
proportional deutlich häufiger von den Charterflügen Gebrauch. | |
„Return Support“ nennt Frontex seine Unterstützung dabei – und übernimmt | |
auf Wunsch die Kosten für das gecharterte Flugzeug, Unterkunft von | |
Begleitpersonen, Verpflegung am Boden, Kosten für medizinisches Personal | |
und Dolmetscher. Zudem kann die Agentur auch die Kosten für die Beschaffung | |
von Pässen für Abzuschiebende finanzieren – alles Aufgaben, die die | |
Mitgliedstaaten bis 2016 selbst übernehmen mussten. 63 Millionen Euro | |
durfte Frontex dafür 2019 ausgeben. | |
Sammelcharter dürften deutlich teurer sein als Abschiebungen per | |
Linienflug. Sie bieten aus Sicht der Behörden aber einen entscheidenden | |
Vorteil: Anders als im Linienflug gibt es keine Dritten, die sich | |
einmischen oder hinterher als Zeugen aussagen könnten. Und so geht es dabei | |
wohl deutlich robuster zu, auch das geht aus den Zahlen der Bundesregierung | |
hervor: 2019 wurde rund ein Viertel der Abschiebungen mit Charterflügen | |
vollzogen. Auf diese Sammelabschiebungen entfielen aber nur 0,3 Prozent der | |
Abschiebungen, die wegen Widerstand der Betroffenen abgebrochen wurden. | |
## Pool von „Abschiebe-Experten“ | |
„Immer wieder werden Berichte über massive Gewaltanwendung im Zuge von | |
Abschiebungen veröffentlicht“, sagt dazu die Linken-Abgeordnete Ulla | |
Jelpke. Doch so gut wie nie gelinge es im Nachhinein, solche Taten | |
aufzuklären und die Verantwortlichen zur Verantwortung zu ziehen. Um | |
wirksam gegen Polizeigewalt auf Abschiebeflügen vorzugehen, müssten | |
insbesondere Sammelabschiebungen flächendeckend durch unabhängige Stellen | |
beobachtet werden, fordert sie. | |
Frontex hat dafür gesorgt, dass heute nicht mehr alle Abschiebeflüge aus | |
Deutschland von der Bundespolizei begleitet werden müssen. Denn die | |
EU-Agentur finanziert im Schnitt alle drei Wochen einen Flug, bei dem | |
Herkunftsländer ihre aus Deutschland abzuschiebenden Bürger mit eigenen | |
Flugzeugen und Polizisten abholen. Bei diesen „collecting return | |
operations“ genannten Aktionen bezahlt Frontex den Herkunftsländer nicht | |
nur die Flugkosten, sondern teils auch Tagegelder für die Polizisten. Seit | |
2017 wurden mit 59 solcher Flüge rund 2.800 Menschen abgeschoben, vor allem | |
nach Georgien, aber auch Montenegro, Serbien und die Ukraine. | |
Gleichzeitig baut Frontex einen Pool von sogenannten Rückkehrbegleitern | |
(»forced return escorts«) auf. Dabei handelt es sich um Polizisten und | |
Grenzschutzbeamte der EU-Staaten, aus denen die Abschiebungen starten und | |
die innerhalb der EU flexibel einsetzbar sind. Mittlerweile gibt es 690 | |
solcher „Experten“. Derzeit sind vier Beamte der Bundespolizei als „Escort | |
Officer“ auf Lesbos in Griechenland eingesetzt – offenbar um von dort | |
[2][Abschiebungen in die Türkei] durchzuführen. | |
20 Jul 2020 | |
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[1] /Frontex-und-Menschenrechtsverletzungen/!5610939 | |
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## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
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