| # taz.de -- Deutsche Flüchtlingspolitik: Abschiebezahlen steigen wieder | |
| > Deutschland schickt wieder deutlich mehr Flüchtlinge zurück. Bedenken | |
| > wegen Corona haben die Behörden nicht. | |
| Bild: Kabul, Mai 2020: Nach Afghanistan wurde seit Mitte März nicht mehr abges… | |
| Berlin taz | Deutsche Behörden schieben wieder mehr Flüchtlinge ab. Nachdem | |
| in der Coronakrise zunächst deutlich weniger Menschen zurück in ihr | |
| Herkunftsland oder in Drittstaaten gezwungen wurden, steigt die Zahl der | |
| „Rückführungen“ inzwischen wieder an. Wie aus Zahlen des | |
| Bundesinnenministeriums (BMI) hervorgeht, wurden im Juni 406 Menschen aus | |
| Deutschland abgeschoben. Das sind zwar deutlich weniger als im Januar und | |
| Februar – als die entsprechenden Zahlen jeweils über 1.500 lagen –, aber | |
| viel mehr als im April (30) und Mai (92). | |
| Diese U-Kurve in der Abschiebungsstatistik findet sich auch, wenn man die | |
| Zahlen auf die einzelnen Bundesländer aufschlüsselt: Nach einem Tiefpunkt | |
| in April und Mai geht es bei fast allen mittlerweile wieder steil nach | |
| oben. Und die unvollständigen Angaben, die es bisher für Juli gibt, deuten | |
| darauf hin, dass die Zahl weiter gestiegen ist. In Hamburg etwa wurden | |
| zwischen dem 1. und 23. Juli deutlich mehr Menschen abgeschoben als im | |
| kompletten Juni. | |
| Die Länder setzen damit um, was auf der Innenministerkonferenz (IMK) in | |
| Erfurt im Juni beschlossen wurde: Damals sagte ein Sprecher des | |
| Bundesinnenministeriums der taz, die „Rückführungen“ sollten „langsam | |
| wieder anlaufen“. | |
| Immerhin: Nach Afghanistan – schon vor Corona [1][eine umstrittene | |
| Destination] – wurde seit Mitte März niemand mehr abgeschoben, teilt das | |
| Bundesinnenministerium auf Nachfrage mit. In Afghanistan waren die | |
| Coronazahlen im Juni dramatisch gestiegen. Das dorthin nicht abgeschoben | |
| wird, scheint aber weniger an Bedenken auf deutscher Seite zu liegen, als | |
| an dem Drängen der afghanischen Regierung. Das BMI teilt schriftlich mit, | |
| „Sammelrückführungen“ seien „auf Bitten der afghanischen Regierung vor … | |
| Hintergrund der Coronapandemie“ ausgesetzt. | |
| Auch [2][Abschiebungen] in andere Länder wurden wohl nicht etwa abgeblasen, | |
| weil den deutschen Behörden plötzlich Gewissensbisse gekommen wären, | |
| Menschen während einer globalen Pandemie in Staaten zurückzuschicken, die | |
| oftmals nur über rudimentäre Gesundheitssysteme verfügen. Das BMI nennt als | |
| Grund vielmehr schlicht, dass viele Staaten ihre Grenzen geschlossen haben. | |
| „Insofern berücksichtigt das BMI die Lage in den Herkunftsländern“, | |
| schreibt eine Sprecherin. Sie schreibt auch: „Das BMI drängt bei den | |
| Herkunftsstaaten auf eine baldige Wiederaufnahme von Rückführungen.“ | |
| All das nennt Günter Burkhardt „unverantwortlich“. Überrascht ist der | |
| Geschäftsführer von Pro Asyl allerdings nicht. Betroffene stünden in den | |
| Ländern, in die sie geschoben werden, oftmals „vor dem Nichts“. Das gelte | |
| teils auch für Menschen, die über das Dublin-Verfahren in andere EU-Staaten | |
| zurückgeschickt werden. Schon vor der Coronakrise sei die humanitäre Lage | |
| für Flüchtlinge etwa in Italien und Griechenland dramatisch gewesen, so | |
| Burkhardt. Seit Ausbruch der Pandemie gelte das umso mehr. | |
| 30 Jul 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Frederik Eikmanns | |
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