# taz.de -- Zahlen zu Abschiebungen aus Berlin: Nachts geht es am einfachsten | |
> Linkspartei-Abgeordnete Elif Eralp kritisiert hohe Abschiebezahlen nach | |
> Moldau und zur Nachtzeit: Koalition halte sich nicht an eigene | |
> Versprechen. | |
Bild: Ein Plüschtier im Kinderzimmer des Abschiebegebäudes auf dem Flughafen … | |
BERLIN taz | Die rot-grün-rote Koalition schiebt weiter fleißig ab: Von | |
Januar bis Ende August gab es insgesamt 570 „Rückführungen“ aus Berlin. | |
Dies geht aus bislang unveröffentlichten Antworten der Innenverwaltung auf | |
eine schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katina Schubert und Elif Eralp | |
(beide Linkspartei) hervor, die der taz exklusiv vorliegen. Damit hat der | |
Senat sogar die [1][Zahlen vom Vorjahreszeitraum] übertroffen (516 | |
Abschiebungen). Zudem wurden im Zeitraum 1. Januar bis 13. September 93 | |
Personen „anlässlich von Abschiebemaßnahmen“ zwischen 21 Uhr abends und 6 | |
Uhr morgens von der Polizei abgeholt. Solche „Nachtabschiebungen“, die | |
insbesondere für Kinder, Ältere und kranke Menschen als sehr belastend | |
gelten, seien „nicht akzeptabel“, sagte Eralp der taz. | |
Tatsächlich hat R2G [2][im Koalitionsvertrag vereinbart], „auf nächtliche | |
Abschiebungen“ solle „verzichtet werden.“ Dass dennoch etwa jede 6. | |
Abschiebung zur Nacht stattfindet, begründet die Innenverwaltung | |
regelmäßig, so auch in dieser Antwort, mit organisatorischen Gründen. „Die | |
Festnahmen zur Nachtzeit erfolgen aufgrund von verbindlichen Vorgaben der | |
Zielstaaten zu Abflug- und Ankunftszeiten“, so Staatssekretär Torsten | |
Akmann in der Antwort. | |
Allerdings heißt es im Aufenthaltsgesetz (§ 58 Absatz 7), dass die | |
Organisation einer Abschiebung kein Grund ist, die Wohnung eines Ausländers | |
nachts zu betreten. [3][Bereits im März wies der Berliner Flüchtlingsrat | |
daher darauf hin], dass nächtliche Abschiebungen mit dieser Begründung | |
rechtswidrig seien. | |
Die meisten Menschen, die 2022 bis Ende August abgeschoben wurden, waren | |
Staatsbürger*innen von Moldau (169), Bosnien und Herzegowina (118), | |
Serbien (44), Polen (26) und Russland (24). Ob sie tatsächlich in ihr | |
Herkunftsland abgeschoben wurden, geht aus der Antwort nicht hervor, denn | |
die Zielländer von Abschiebungen würden „statistisch nicht erfasst“, so | |
Akmann. | |
## Kein Asyl für Rom*nja aus Moldau | |
Eralp kritisert vor allem die hohe Zahl von abgeschobenen Moldawier*innen, | |
von denen die meisten vor Beginn des Ukrainekrieges im Januar und Februar | |
abgeschoben wurden. Das kleine Land südlich der Ukraine ist eines der | |
ärmsten in Europa, seit einigen Jahren kommen von dort relativ viele | |
Flüchtlinge, dieses Jahr ist Moldau unter den „Top 10“ der | |
Asyl-Herkunftsländer. | |
Die Geflüchteten aus Moldau sind oftmals Rom*nja, die [4][laut | |
Hilfsorganisationen wie Pro Asyl und Berliner Flüchtlingsrat systematisch | |
diskriminiert] werden. Dennoch werden ihre Asylanträge in Deutschland nie | |
anerkannt und in der Regel ohne sorgfältige Einzelfallprüfung als | |
„offensichtlich unbegründet“ abgelehnt. | |
Da die [5][Republik Moldau bereits zu Beginn des Ukrainekrieges ihren | |
Luftraum sperrte], wurden von April bis Juli keine Menschen dorthin | |
abgeschoben, allerdings wurden 17 Moldawier*innen nach der | |
Dublin-III-Verordnung in andere EU-Länder zurückgeschoben. Seit August sei | |
der Luftraum jedoch wieder offen, erklärte die Innenverwaltung auf | |
taz-Anfrage, sodass in diesem Monat 10 Menschen dorthin abgeschoben wurden, | |
zudem 3 Personen in EU-Länder. „Die Wiederaufnahme der Durchsetzung der | |
gesetzlichen Ausreisepflicht ist auch mit Blick auf die angespannte | |
Unterbringungsbringungssituation für Geflüchtete in Berlin alternativlos“, | |
so Sabine Beikler, Sprecherin der Innenverwaltung. | |
Eralp dagegen sieht Abschiebungen von Rom*nja dorthin besonders kritisch. | |
„Die Bundesregierung muss, auch angesichts der historischen Verantwortung | |
Deutschlands, eine humanitäre Bleiberechtslösung für diese Gruppe vorsehen | |
und ich erwarte vom Berliner Senat, dass er, wie im Koalitionsvertrag | |
verabredet, zeitnah eine entsprechende Bundesratsinitiative vorlegt“, sagte | |
sie. | |
4 Oct 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/18/SchrAnfr/S18-28… | |
[2] /Users/susannegannott/Downloads/berlin_koavertrag_2021_2026.pdf | |
[3] /Abschiebungen-aus-Berlin/!5836901 | |
[4] https://www.proasyl.de/news/diskriminiert-und-abgelehnt-romnja-aus-moldau/ | |
[5] https://www.proasyl.de/news/ukrainische-kriegsfluechtlinge-in-moldau-zwisch… | |
## AUTOREN | |
Susanne Memarnia | |
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