# taz.de -- Koalitionsvertrag von CDU-SPD in Berlin: Backlash bei der Vielfalt | |
> CDU und SPD verschlechtern das Leben für Migrant*innen, Geflüchtete und | |
> Minderheiten, sagen die Linke Elif Eralp und der Migrationsrat. | |
Bild: Die Zahl der Abschiebungen dürfte sich unter Schwarz-Rot erhöhen | |
Berlin taz | In den Bereichen Migration und Antidiskriminierung ist der | |
Koalitionsvertrag von CDU und SPD ein ziemlicher Rückschritt, sagen | |
Expert*innen von Linkspartei und Migrationsrat. So hat Elif Eralp, | |
Sprecherin der Linksfraktion für diese Themen, eine ganze Reihe von | |
Verschlechterungen für Geflüchtete ausgemacht, darunter die | |
Wiedereinführung der Abschiebehaft, die Nicht-mehr-Erwähnung der | |
Vereinbarung, auf nächtliche Abschiebungen zu verzichten, sowie auf | |
Rückführungen in humanitär schwierige Regionen, die es unter R2G gab. | |
Gegenüber der taz kritisiert Eralp zudem: „Bundesratsinitiativen für | |
Bleiberechte, etwa von Opfern rechter Gewalt oder für Sinti*zze und | |
Rom*nja sind nicht mehr geplant, und unsere Landesaufnahmeprogramme für | |
Geflüchtete werden allesamt nicht mehr erwähnt.“ | |
Schlecht sieht es in ihren Augen auch für die Teilhabe von Menschen mit | |
Migrationsgeschichte aus. Ein Beispiel: Vom „Wahlrecht für alle“ ist nun | |
keine Rede mehr, „obwohl der Ausschluss mit steigender Tendenz inzwischen | |
23 Prozent der Berliner*innen betrifft“, so Eralp. Dies kritisiert auch | |
Edwin Greve vom Migrationsrat. „Zwar ist die Rede von der Stadt der | |
Vielfalt und dass wir uns gemeinsam an demokratische Spielregeln und Wert | |
halten sollen, aber sehr viele dürfen die Spielregeln weiterhin nicht | |
mitgestalten“, analysiert er für die taz. | |
Zudem sei die Frage, so Greve, wie sich Menschen gegen Institutionen wehren | |
können, die sich nicht an die „Spielregeln“ halten, wenn zugleich | |
Beschwerdestellen geschwächt werden. Diese Gefahr sieht Greve einerseits | |
durch die Ankündigung im Koalitionsvertrag, dass man „das Verhältnis | |
zwischen dem Polizei- und Bürgerbeauftragten, der Ombudsstelle des LADG und | |
dem Petitionsausschuss des Abgeordnetenhauses (prüft) mit dem Ziel, | |
Doppelzuständigkeiten zu vermeiden“. Damit suggeriere man, dass dieser | |
Bereich völlig überdimensioniert sei – dies sei jedoch nicht der Fall, alle | |
Stellen seien notwendig, mit Anfragen überlaufen und müssten ausgebaut | |
werden, so Greve. | |
## Weniger Beschwerdestellen | |
„Sehr schlecht ist zudem, dass die unabhängige Beschwerdestelle im | |
Bildungsbereich wegfallen soll“, beklagt er. Diese war von der | |
Zivilgesellschaft seit Jahren gefordert worden und unter R2G in der | |
Realisierung begriffen. Gleiches galt für eine geplante | |
Antidiskriminierungsfachstelle im Gesundheitssektor – auch die sei vom | |
Tisch, bedauert Eralp. Dafür will Schwarz-Rot die Stelle der | |
Antidiskriminierungsbeauftragten bei der Bildungsbeauftragten vage | |
„stärken“ und ihre Zuständigkeiten mit der Schulverwaltung abstimmen. „… | |
stärkt also die Verwaltung und schwächt die unabhängigeren Stellen“, | |
kritisiert Greve. | |
Problematisch findet er auch den Satz, dass „freiwillige öffentliche | |
Leistungen nur an Organisationen gezahlt werden (sollen), die sich im | |
Rahmen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung bewegen“. Ob dies die | |
Wiedereinführung der „Extremismusklausel“ sei, fragt er. Damit hatte vor | |
einigen Jahren der Bund versucht die Vergabe von Mitteln an politisch | |
missliebige linke Träger einzuschränken. „Das Problem ist heute das | |
gleiche: Was heißt, man muss sich im Rahmen der FDGO bewegen, und wer soll | |
das wie nachweisen?“ so Greve. | |
Insgesamt, findet er, sei vieles im Koalitionsvertrag vage. Auch Eralp sind | |
die vielen „buzz words“ wie „sich zu Vielfalt bekennen“ und „LADG erh… | |
aufgefallen. Dies solle „nur die kritische SPD-Basis beruhigen“. | |
5 Apr 2023 | |
## AUTOREN | |
Susanne Memarnia | |
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