| # taz.de -- Pause beim EU-Sondergipfel: Alles für die „Frugal Four“ | |
| > Beim EU-Gipfel in Brüssel gerät der Gedanke der Solidarität ins | |
| > Hintertreffen. Eine Einigung über die Corona-Finanzhilfen ist so vorerst | |
| > nicht absehbar. | |
| Bild: Zumindest im Bild links: der niederländische Premierminister Mark Rutte | |
| Brüssel taz | [1][Beim EU-Finanzgipfel in Brüssel] ist auch am zweiten Tag | |
| keine Einigung in Sicht. Die Beratungen über den „Wiederaufbau“ und das | |
| EU-Budget ziehen sich hin. Die belgische Premierministerin Sophie Wilmès | |
| und Luxemburgs Ministerpräsident Xavier Bettel nutzten eine Pause, um in | |
| der legendären „Maison Antoine“ Pommes essen zu gehen. | |
| Doch die schönen Bilder, die Wilmès und Bettel aus dem sonnigen Brüsseler | |
| Europaviertel lieferten, täuschen. Im Gipfelgebäude geht es alles andere | |
| als freundlich und entspannt zu. [2][Die „Frugal Four“, Niederlande, | |
| Österreich, Dänemark und Schweden,] haben ihre Position verhärtet. | |
| Vor allem [3][der niederländische Premier Mark Rutte] geht ausgesprochen | |
| brutal vor. Er werde beim Gipfel „kämpfen bis zum Umfallen“, hatte Rutte | |
| schon vor Beginn des Spitzentreffens gesagt. | |
| Doch muss es so brutal sein wie am Freitagabend? Gipfelchef Charles Michel | |
| hatte ein Papier vorgelegt, mit dem er sich auf die “Sparsamen Vier“ | |
| zubewegt. Darin geht es um die sogenannte “Governance“ des | |
| schuldenfinanzierten Wiederaufbau-Fonds. Die Vergabe von EU-Hilfen soll an | |
| zusätzliche Bedingungen geknüpft werden, im Zweifel soll der Europäische | |
| Rat zusammentreten. | |
| In der Praxis würden damit Hilfen für Italien, Spanien oder Frankreich | |
| unter einen General-Vorbehalt gestellt. Man würde zwar keine Troika | |
| schicken – doch auch so ließen sich Reformen erzwingen. | |
| ## Abbruch wegen Veto | |
| Doch Rutte reichte das immer noch nicht. Er fordert ein Vetorecht für sein | |
| Land – also Einstimmigkeit im Europäischen Rat. Den Haag könnte so im | |
| Alleingang einen Hilfsantrag aus Rom blockieren. | |
| Damit brachte Rutte das Fass zum Überlaufen. Michel brach die Verhandlungen | |
| ab – denn mit dieser harten Position, die an Margaret Thatcher (“I want my | |
| money back“) erinnert, ist keine Einigung möglich. | |
| Am Samstagmorgen fand sich Rutte dann da, wo er wohl unbedingt hinkommen | |
| wollte: im Zentrum der Aufmerksamkeit. [4][Kanzlerin Merkel] und | |
| Kommissionschefin von der Leyen bemühten sich darum, ihn gütig zu stimmen. | |
| Nach mehreren Beratungen im kleinen Kreis legte Gipfelchef Michel | |
| schließlich einen Kompromiss vor, der eine Kürzung bei den Zuschüssen für | |
| Corona-Krisenländer vorsieht. Statt der ursprünglich geplanten 500 | |
| Milliarden Euro sollen es nur noch 450 Milliarden sein; demgegenüber | |
| könnten die Kredite von 250 auf 300 Milliarden ansteigen. | |
| Doch [5][Italien und andere Krisenländer wollen keine rückzahlbaren | |
| Kredite] – sie brauchen Zuschüsse. Zudem sträuben sie sich gegen ein allzu | |
| strenges Reform-Regiment, wie es Rutte offenbar vorschwebt. Eigens für den | |
| Niederländer hat Michel nun auch noch eine „Super-Notbremse“ vorgeschlagen, | |
| mithilfe derer Hilfsgelder gestoppt werden könnten. | |
| Der Gipfel bewegt sich also immer weiter auf die „Frugal Four“ zu – und | |
| immer weiter weg vom Gedanken der Solidarität. Ob man so einer Einigung | |
| näher kommt, ist jedoch weiter unklar. Die Beratungen sollten am Abend | |
| weitergehen – Ende offen. | |
| 18 Jul 2020 | |
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| [3] /Sparkurs-der-Niederlande-beim-EU-Gipfel/!5695143 | |
| [4] /Merkels-Auftritt-in-Bruessel/!5698697 | |
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| ## AUTOREN | |
| Eric Bonse | |
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