Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Budgetberatungen der Europäischen Union: EU-Gipfel wird zur Hänge…
> Eigentlich hatte Merkel am Wochenende vor, den Wiederaufbau der
> Corona-gepeinigten EU auf den Weg zu bringen. Stattdessen eskalierten die
> Konflikte.
Bild: Bisher erfolglos in Brüssel: Angela Merkel
Brüssel taz | Es sollte ein historischer EU-Gipfel werden. Mitten in der
größten Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg wollten Kanzlerin
Angela Merkel, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und 25 weitere Staats-
und Regierungschefs der EU den Startschuss für den „Wiederaufbau“ geben.
Doch nach dreitägigen Beratungen in Brüssel zeichnete sich am Sonntag noch
immer keine Einigung ab. Ein Treffen in großer Runde wurde mehrfach
vertagt, die Chefs mussten nachsitzen.
Merkel, die als amtierende EU-Ratsvorsitzende für den Durchbruch sorgen
sollte, schien überfordert. „Ob es zu einer Lösung kommt, kann ich nach wie
vor nicht sagen“, erklärte die CDU-Politikerin am Sonntagmorgen. Ganz
ähnlich hatte sie sich schon zu Beginn des Treffens am Freitag geäußert.
Dazwischen lagen zweieinhalb Tage voller Streit, in denen das Ziel einer
solidarischen EU immer mehr verblasste.
Als Gewinner stehen bisher nur die „Frugal Four“ da, die „geizigen“ vier
EU-Länder Niederlande, Österreich, Dänemark, Schweden. Sie haben [1][Merkel
und Gipfelchef Charles Michel vor sich hergetrieben] und das geplante 750
Milliarden Euro schwere Coronahilfsprogramm arg beschädigt.
Die erste Attacke [2][kam schon am Freitagabend]: Der niederländische
Premier Mark Rutte bestand darauf, ein Vetorecht gegen EU-Hilfen an
Krisenländer wie Italien oder Spanien zu erhalten. Das führte zum Eklat.
Rutte solle aufhören, sich wie „die Polizei von Europa“ aufzuführen,
schimpfte Bulgariens Regierungschef Bojko Borissow.
Eine Eskalation nach der anderen
Das Treffen wurde nach dem Abendessen abgebrochen, Gipfelchef Michel
arbeitete einen Kompromiss aus. Darin ist zwar kein Vetorecht enthalten,
aber eine „Super-Notbremse“: Bei Zweifeln an vereinbarten Reformen können
ein oder mehrere Mitgliedstaaten den Ratschef einschalten und die
Auszahlung von Finanzhilfen vorläufig stoppen.
Doch damit waren die „Frugal Four“, denen sich auch noch Finnland
angeschlossen hat, nicht zufrieden. Sie forderten eine Kürzung bei den
nicht rückzahlbaren Zuschüssen an Krisenländer – und bekamen prompt ihren
Willen: Michel senkte die Zuschüsse von 500 Milliarden Euro auf 450
Milliarden ab.
Das war Rutte noch immer nicht genug. Bei einem Treffen mit Merkel und
Macron [3][forderte er am Samstagabend] eine weitere Kürzung der
Transferleistungen. Dies führte zum zweiten Eklat; „Mercron“ verließen na…
dem laut Diplomaten „sehr harten Treffen“ gemeinsam den Saal. „Sie gingen
schlecht gelaunt weg“, sagte Rutte hinterher. Von Schuldbewusstsein keine
Spur.
Danach lief stundenlang nichts mehr in Brüssel. Denn kurz zuvor war noch
ein weiterer Konflikt offen ausgebrochen: der Streit über die Frage, ob die
Gewährung von EU-Geldern an die Rechtsstaatlichkeit gebunden werden soll.
Ungarns Regierungschef Viktor Orbán hatte schon [4][vor dem Gipfel mit
einem Veto gedroht] und ließ sich nicht umstimmen.
Es könnte noch lange dauern
Am Sonntag eskalierte auch dieser Konflikt. Orbán schimpfte, er könne sich
nicht erklären, warum Rutte „mich oder Ungarn hasst“. Er habe dem
Niederländer nichts getan und sei sogar breit, über den Rechtsstaat zu
diskutieren – zur Not eine Woche lang. Spätestens da war klar, dass sich
der Gipfel noch weiter in die Länge ziehen würde.
Ein vorzeitiger Abbruch wäre eine schwere Niederlage für Merkel, die als
Ratsvorsitzende für Ergebnisse sorgen soll. Völlig ungewöhnlich wäre er
jedoch auch nicht. Denn Budgetberatungen dauern in der EU immer besonders
lang. Und so groß wie diesmal war der Finanztopf noch nie: Insgesamt geht
es um fast zwei Billionen Euro.
19 Jul 2020
## LINKS
[1] /Pause-beim-EU-Sondergipfel/!5701282
[2] /Pause-beim-EU-Sondergipfel/!5701282
[3] /EU-Gipfel-geht-in-die-Verlaengerung/!5701285
[4] /EU-Gipfel-zu-Wiederaufbaufonds/!5695348
## AUTOREN
Eric Bonse
## TAGS
EU-Ratspräsidentschaft
Schwerpunkt Angela Merkel
Emmanuel Macron
EU-Gipfel
Ungarn
EU-Krise
Brüssel
EU-Sondergipfel
EU-Sondergipfel
EU-Sondergipfel
Schwerpunkt Coronavirus
EU-Budget
## ARTIKEL ZUM THEMA
Ungarischer Politiker über EU-Gipfel: „Es geht immer um Geld“
Die Einigung, Verstöße gegen Rechtsstaatlichkeit zu sanktionieren, tauge
nicht, sagt der ungarische Politiker Benedek Jávor. Denn genau das wolle
Orbán.
Einigung beim EU-Gipfel: Die nächste Krise ist beschlossen
Die EU hat sich entlarvt: Sie ist keine solidarische Werteunion, sondern
eine Gemeinschaft der Egoisten, die nur im äußersten Notfall hilft.
EU-Gipfel einigt sich bei Corona-Aufbaufonds: Der Kompromiss der vierten Nacht
Nach zähem Ringen einigen sich die EU-Staats- und Regierungsschefs am
frühen Morgen. Die Förderung wird an Rechtsstaatlichkeit geknüpft.
EU-Gipfel in Brüssel: Geiz ist geil
Beim Verhandlungsmarathon der EU-Staaten setzen sich weitgehend die
„sparsamen“ Länder um Österreich und die Niederlande durch.
EU-Sondergipfel weiter ohne Ergebnis: Mission Impossible, Episode IV
Das Treffen der Staats- und Regierungschefs wird nochmals verlängert.
Nächtliche Verhandlungen bringen Annäherung, aber keinen Durchburch.
EU-Gipfel geht in die Verlängerung: Verhärtete Fronten in Brüssel
Die Verhandlungen werden am Sonntagmittag auf unbestimmte Zeit verschoben.
Merkel hält selbst ein Scheitern des Gipfels für möglich.
Pause beim EU-Sondergipfel: Alles für die „Frugal Four“
Beim EU-Gipfel in Brüssel gerät der Gedanke der Solidarität ins
Hintertreffen. Eine Einigung über die Corona-Finanzhilfen ist so vorerst
nicht absehbar.
Ringen vor EU-Gipfel: Italien am Abgrund
Italien ist von der Coronakrise EU-weit am schlimmsten betroffen. Wenn der
EU-Gipfel keine Coronahilfen beschließt, droht dem Land Schlimmes.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.