# taz.de -- Ausstiegsplan nimmt letzte Hürde: Wut über das Kohlevotum | |
> Der Bundestag hat den Kohleausstieg bis spätestens 2038 und hohe | |
> Entschädigungen für die Betreiber beschlossen. Die Klimabewegung reagiert | |
> empört. | |
Bild: Empörung vor dem Bundeskanzleramt: Das Gesetz wird als ein Bruch mit den… | |
BERLIN taz | Beim generellen Ziel besteht immerhin Einigkeit: „Eine Zukunft | |
ohne Kohlekraft“ forderten Greenpeace-AktivistInnen am Freitag – und | |
ergänzten die Inschrift „Dem deutschen Volke“ an der Fassade des | |
Reichstagsgebäudes mit einem Banner um diese Forderung. Strittig ist | |
dagegen, bis wann das Ziel erreicht sein soll: Während Greenpeace ebenso | |
wie andere Klimaschützer den Ausstieg bis spätestens 2030 fordert, hat es | |
die Große Koalition weniger eilig: Das Kohleausstiegsgesetz, das am Freitag | |
von Bundestag und Bundesrat final beschlossen wurde, sieht das Aus für das | |
letzte Kohlekraftwerk [1][spätestens im Jahr 2038 vor]. | |
Das sorgte auch innerhalb des Parlaments erneut für eine heftige Debatte. | |
Wirtschaftsminster Peter Altmaier (CDU) verteidigte das Gesetz als | |
„Generationenprojekt“, um das „hart gerungen“ worden sei. Die Kritik, d… | |
das Gesetz den Ausstieg unnötig verzögere, wies Altmaier zurück. „Wenn die | |
Marktkräfte zum Ergebnis haben, dass es früher geschieht, dann werden wir | |
die Marktkräfte nicht hindern.“ | |
Auch SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch verteidigte den beschlossenen | |
Kohleausstieg als „gesellschaftliches Großprojekt“. Dass er für seine | |
Unterstützung des Gesetzes aus der Klimabewegung nun als „Klimagegner“ | |
beschimpft wurde, kommentierte er mit den Worten: „Das tut ein bisschen weh | |
für jemanden, der 15 Jahre in diesem Haus versucht, gute Klimapolitik zu | |
machen.“ | |
Anders als [2][das Strukturwandelgesetz], das die Milliardenhilfen für die | |
betroffenen Regionen regelt, lehnte die Opposition das Kohleausstiegsgesetz | |
geschlossen ab. Grünen-Chefin Annalena Baerbock kritisierte es als | |
„Kohleabsicherungsgesetz“, das nicht das „klimapolitisch Notwendige“ | |
umsetze. Für die Linksfraktion erklärte Lorenz Gösta Beutin, das Gesetz sei | |
„ein Bruch des Pariser Klimaabkommens mit Ansage“. | |
Lukas Köhler erklärte für die FDP, das Gesetz und die darin vorgesehenen | |
Entschädigungen seien überflüssig, weil die Kohle durch den steigenden | |
CO2-Preis ohnehin aus dem Markt gedrängt werde. Tatsächlich ist die | |
Kohleverstromung in diesem Jahr durch die veränderten Marktbedingungen | |
bereits um rund 40 Prozent eingebrochen. | |
## Kein Beleg für angemessene Entschädigung | |
Die geplanten [3][Entschädigungen für die Braunkohlekonzerne] in Höhe von | |
4,4 Milliarden Euro hatten bis zuletzt für Streit gesorgt, weil die | |
Regierung die Berechnungsgrundlage dafür nicht veröffentlich hatte. Am | |
Donnerstagabend legte das Wirtschaftsministerium schließlich eine Analyse | |
vor, wie sich die Kohleförderung in der Lausitz durch den Ausstieg ändern | |
werde. Dies biete aber keinerlei Beleg dafür, dass die Entschädigung | |
angemessen sei, kritisierte Felix Matthes vom Öko-Institut. | |
Bei der Abstimmung im Parlament war eine Zustimmung für das Gesetz zunächst | |
unklar; bei der Wiederholung der Abstimmung mit dem sogenannten | |
Hammelsprung ergab sich dann aber ein klare Mehrheit von 314 zu 237 | |
Stimmen. Draußen vor dem Parlament sorgte das für Empörung. „Es macht mich | |
wütend, zu sehen, wie das, was die Wissenschaft sagt, systematisch | |
ignoriert wird“, sagte Christina Schliesky von Fridays for Future. | |
Auch Antje Grothus von der Initiative Buirer für Buir, Anwohnerin des | |
Tagebaus Hambach und ehemaliges Mitglied der Kohlekommission, ist wütend: | |
Der Beschluss sei „Verrat an den Menschen, deren Zukunft vom | |
Braunkohleabbau und von der Klimakrise bedroht ist“, sagte sie – und | |
kündigte an: „Dieses Gesetz wird die Konflikte um die Kohle nicht | |
befrieden.“ | |
3 Jul 2020 | |
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[1] /Vertrag-mit-Energiekonzernen/!5696955 | |
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[3] /Kritik-am-Kohle-Ausstiegsgesetz/!5693438 | |
## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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