Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Frauentag in Chile und Argentinien: Massen gegen das Patriarchat
> Zwei Millionen Frauen haben in Chile demonstriert. In Argentinien wurde
> bei einer Kundgebung der Fund einer Frauenleiche bekanntgegeben.
Bild: Protest am Internationalen Frauentag in Santiago, Chile
Buenos Aires taz | „HISTORICAS“ war inmitten der riesigen Menge in
Großbuchstaben auf der Plaza de la Dignidad in Chiles Hauptstadt Santiago
zu lesen. Und ‚historisch‘ war das Wort des Tages. Niemals zuvor in der
Geschichte des Landes waren so viele Frauen auf die Straßen gegangen. Von
landesweit zwei Millionen sprachen die Veranstalterinnen der Coordinadora
Feminista 8M, dem breiten Bündnis von sozialen, feministischen und
gewerkschaftlichen Organisationen, das sich eigens für diesen Tag
zusammengeschlossen hatte.
Das Epizentrum lag zweifellos auf der Plaza de la Dignidad, zu der die
Plaza Italia seit Beginn der [1][sozialen Unruhen] im vergangenen Oktober
von den Protestierenden umgetauft wurde. Vom Platz der Würde bewegte sich
die Menge an diesem 8. März Richtung Präsidentenpalast, sofern die
überfüllten Straßen und Avenidas es überhaupt zuließen. Die Sprechchöre
wechselten zwischen dem Songtext [2][„El violador eres tu!“ vom
feministischen Kollektiv Las Tesis] (Der Vergewaltiger bist du!) und
Protestrufen gegen Präsident Sebastián Piñera.
„Gegen den Staatsterrorismus“, lautete ein Motto an diesem 8M. „Wir forde…
das Ende der Menschenrechtsverletzungen, dass sie nie wieder versuchen, uns
mit Verstümmelungen, Verschwindenlassen, Folter, Misshandlungen,
Vergewaltigungen, Entführungen, Schlägen und Verfolgung zum Schweigen zu
bringen. Wir fordern den Abgang von Sebastián Piñera und seiner gesamten
Regierung, weil sie dem Volk den Krieg erklärt haben. Wir kämpfen für eine
unabhängige Kommission für Wahrheit, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung und
fordern die sofortige Freilassung aller politischen Gefangenen der
Revolte“, heißt in der Erklärung der [3][Coordinadora Feminista 8M].
Von der Bewegung für eine legale Abtreibung über #MeToo im Jahr 2015, die
feministischen Beteiligungen an der Mobilisierung der Studierenden und dem
großen Marsch und Streikaufruf am Frauentag 2019 mit 900.000 Marschierenden
– der Feminismus auf der Straße wächst und wächst, so ein Fazit der
Veranstalterinnen. Der Tag ist friedlich verlaufen, nur am Rande kam es zu
vereinzelten Rangeleien.
## Für legale Abtreibung
Ganz andere Bilder kamen aus der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires.
Eine kleine Gruppe von Frauen trat schwarz gekleidet mit einer Performance
auf der Plaza de Mayo gegen Frauenmorde und Gewalt gegen Frauen auf. Mit
Namensschildern der Ermordeten und einer roten Rose zwischen den Zähnen
protestierten sie vor dem Präsidentenpalast. 64 Frauen wurde seit
Jahresbeginn in Argentinien ermordet.
Während der Aktion an diesem 8. März wurde der Fund einer Frauenleiche in
der 450 Kilometer entfernten Stadt Paraná bekanntgegeben. Dort war die seit
Tagen verschwundene Fátima Acevedo tot aufgefunden worden. Die 25-Jährige
hatte zuvor mehrfach die Gewalttätigkeit ihres Ex-Partners bei den Behörden
angezeigt, der nun unter Mordverdacht festgenommen wurde.
Am Nachmittag füllte sich die Plaza de Mayo dann mit einer überschaubaren
Anzahl Frauen mit grünen Kopftüchern. Die waren vor die angrenzende
Kathedrale gezogen und skandierten: „Aborto libre y legal ya, que los curas
se vayan a laburar!“ (Freie und legale Abtreibung jetzt, die Priester
sollen arbeiten gehen!)
Ihr Protest richtete sich gegen die Blockadepolitik der katholischen Kirche
gegen die Lockerung des strikten Abtreibungsverbots. Der große Aufmarsch
der Frauen war in Buenos Aires erst für Montag vor dem Kongress geplant.
Der hatte 2018 [4][mit knapper Mehrheit ein neues Abtreibungsgesetz
abgelehnt.]
Und kaum hatte [5][Präsident Alberto Fernández] vor wenigen Wochen
angekündigt, er werde einen Gesetzentwurf zur Entkriminalisierung der
Abtreibung vorlegen, rief die katholische Bischofskonferenz zur Messe
ausgerechnet am internationalen Frauentag auf.
Im 75 Kilometer von der Hauptstadt entfernten Wallfahrtsort Luján hielt die
katholische Kirchenspitze eine „Messe für die Frau und das Leben“ ab.
„Millionen von Argentiniern und Argentinierinnen, Gläubige und Ungläubige,
sind der tiefen Überzeugung, dass das Leben mit der Empfängnis beginnt und
dass sich eine andere Person in ihrem Schoß entwickelt“, so Bischof Óscar
Ojea, der Vorsitzende der Bischofskonferenz.
9 Mar 2020
## LINKS
[1] /Massenproteste-in-Chile/!5656391
[2] /Feministischer-Protest-aus-Chile/!5644620
[3] https://cf8m.cl/quienes-somos/
[4] /Abstimmung-in-Argentiniens-Senat/!5526951
[5] /Recht-auf-Abtreibung-in-Argentinien/!5665204
## AUTOREN
Jürgen Vogt
## TAGS
Schwerpunkt Femizide
Argentinien
Feminismus
Chile
Gewalt gegen Frauen
Schwerpunkt Feministischer Kampftag
Argentinien
Chile
Schwerpunkt Coronavirus
Chile
Schwerpunkt Abtreibung
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
Chile
Schwerpunkt Femizide
Kolumne Latin Affairs
Feminismus
Argentinien
## ARTIKEL ZUM THEMA
Streit um Abtreibungen in Argentinien: Letztes Aufbäumen gegen Reform
Argentiniens Präsident hat einen neuen Entwurf für sichere Abtreibung
eingebracht. Dagegen demonstrieren christliche Lebensschützer*innen.
Chiles umstrittene Frauenministerin: Rücktritt nach 34 Tagen
Schon der Amtsantritt von Frauenministerin Macarena Santelices wurde in
Chile von Protesten begleitet. Auch die Nachfolgerin wird kritisiert.
Häusliche Gewalt in Argentinien: Angst vor den Tätern vor der Tür
Wegen der Coronapandemie werden in Argentinien Gefangene aus überfüllten
Knästen freigelassen. Darunter auch verurteilte Gewalt- und Sexualtäter.
Neue Frauenministerin in Chile: Großnichte Pinochets im Kabinett
Diktaturverteidigerin und Großnichte Augusto Pinochets wird neue
Frauenministerin in Chile. In den sozialen Netzwerken hagelt es Kritik.
Schwangerschaftskonfliktberatung: Kein Ende der Beratungspflicht
Während der Coronakrise sollen ungewollt Schwangere in mehreren
Bundesländern auf Beratungen per Telefon oder Video zurückgreifen können.
Polizeigewalt in Chile lässt nicht nach: Granaten auf die Köpfe
Gummigeschosse darf Chiles Polizei kaum mehr einsetzen. Jetzt zielt sie mit
Tränengasgranaten direkt auf die Protestierenden. Ein Mensch stirbt.
Zum 30. Jahrestag des Abtritts Pinochets: Mein Vater, der Mörder
Pepe Rovano ist Filmemacher und schwul. Seinen Vater hatte der Chilene
lange nicht kennengelernt – einen Polizisten, der gefoltert und getötet
hat.
Frauenstreik in Mexiko: Ein Tag ohne Mexikos Frauen
Millionen Frauen haben in Mexiko gegen die zunehmende Gewalt gegen Frauen
gestreikt. Viele Betriebe und Geschäfte blieben am Montag geschlossen.
Getötete Frauen in Lateinamerika: 4.000 Mordfälle
„Ni una más – keine weitere mehr“ heißt die Parole der lateinamerikanis…
Feministinnen. Sie richtet sich gegen die alltägliche Gewalt an Frauen.
Feministische Performance geht viral: „Vergewaltiger bist du“
Chilenische Aktivistinnen klagen mit einem Tanz die Gewalt von Männern und
Staaten an Frauen an. Sie finden damit weltweit Nachahmerinnen.
Frauenbewegung in Argentinien: 200.000 gegen das Patriarchat
Zum 34. Nationalen Frauentreffen kamen am Wochenende mehr Frauen als je
zuvor ins argentinische La Plata. Die Bewegung wirkt auf den Kontinent.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.