# taz.de -- Streit um Abtreibungen in Argentinien: Letztes Aufbäumen gegen Ref… | |
> Argentiniens Präsident hat einen neuen Entwurf für sichere Abtreibung | |
> eingebracht. Dagegen demonstrieren christliche Lebensschützer*innen. | |
Bild: „Lebensschützer*innen“ demonstrieren am Samstag in Argentiniens Haup… | |
BUENOS AIRES taz | Argentiniens Abtreibungsgegner*innen machen wieder | |
mobil. Mit „Märschen für das Leben“ demonstrierten am Samstag Tausende | |
gegen eine Lockerung des strikten Abtreibungsverbots. Die größte Kundgebung | |
fand vor dem Kongressgebäude in Buenos Aires statt. | |
Mit einer übergroßen Neugeborenenfigur waren sie zuvor durch die Straßen | |
der Hauptstadt gezogen. Aufgerufen hatte die Allianz der evangelikalen | |
Kirchen ACIERA und die katholische Kirche. Die Proteste richteten sich | |
gegen die Regierung von Präsident [1][Alberto Fernández]. Fernández hatte | |
vor wenigen Tagen einen Reformvorschlag für das bisherige Abtreibungsgesetz | |
im Kongress eingebracht. Der Vorschlag sieht einen legalen | |
Schwangerschaftsabbruch bis einschließlich der 14. Woche der | |
Schwangerschaft vor. Noch vor Weihnachten soll der Kongress über die Reform | |
entscheiden. | |
In Argentinien ist ein Schwangerschaftsabbruch bislang nur erlaubt, wenn | |
die Schwangerschaft auf eine Vergewaltigung zurückzuführen ist oder das | |
Leben der Mutter in Gefahr ist. Damit dies so bleibt, hatte sich auch der | |
argentinische Papst Franziskus aus Rom zu Wort gemeldet. „Ist es fair, ein | |
Menschenleben auszulöschen, um ein Problem zu lösen? Ist es fair, einen | |
Auftragsmörder zu engagieren, um ein Problem zu lösen?“ fragte der | |
ehemalige Erzbischof von Buenos Aires in einem Brief vom 22. November. | |
„Die Kriminalisierung der Abtreibung hat nur dazu geführt, dass | |
Abtreibungen heimlich stattfinden, die Zahlen sind besorgniserregenden“, | |
erklärte Präsident Fernández. Die jährliche Dunkelziffer der sogenannten | |
illegalen Abtreibungen liegt nach unterschiedlichen Schätzungen zwischen | |
300.000 und 500.000. Es gehe nicht um Abtreibung ja oder nein, so | |
Fernández, sondern darum, „ob eine Abtreibung klandestin oder in einem | |
öffentlichen Krankenhaus mit der notwendigen medizinischen Versorgung | |
vorgenommen wird.“ | |
## Chancen für die Reform stehen besser denn je | |
Nach dem Willen der Regierung soll die Reform diesmal vor allem unter dem | |
Gesundheitsaspekt diskutiert werden. So will sie die noch fehlenden Stimmen | |
im Kongress gewinnen. Es ist der bereits der achte Anlauf, das strikte | |
Abtreibungsverbot vom Kongress ändern zu lassen. | |
Zuletzt war die Liberalisierung vor zwei Jahren [2][im Senat knapp | |
gescheitert], während das Abgeordnetenhaus zuvor mehrheitlich zugestimmt | |
hatte. Während das mehrheitliche Ja der Abgeordneten weiter als gesichert | |
gilt, ist die Entscheidung des Senats zumindest offen. | |
Doch diesmal stehen die Chancen für eine Zustimmung eindeutig besser. Hatte | |
zuvor stets die Abgeordnetengruppe der Befürworter*innen einer | |
Liberalisierung den Reformvorschlag im Kongress eingebracht, so tat es | |
erstmals der Präsident selbst. Damit löste Fernández zugleich ein | |
Wahlversprechen ein. | |
Zudem könnte Reformbefürworterin Cristina Kirchner den entscheidenden | |
Ausschlag geben. Als Vizepräsidentin ist sie zugleich Senatspräsidentin und | |
muss im Fall der Stimmengleichheit der Senator*innen die Entscheidung | |
fällen. Nach Umfragen ist eine Bevölkerungsmehrheit längst für die | |
Einführung eines legalen, sicheren und kostenfreien Abbruchs. | |
Und um den Gegner*innen allen Wind aus den Segeln zu nehmen, legte | |
Fernández dem Kongress einen weiteren Gesetzesentwurf zur Entscheidung vor. | |
Demnach können Mütter, die sich für das Austragen einer Schwangerschaft | |
entscheiden, in den ersten drei Jahren eine medizinische und finanzielle | |
Unterstützung durch den Staat beantragen. | |
29 Nov 2020 | |
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## AUTOREN | |
Jürgen Vogt | |
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