| # taz.de -- Abstimmung in Argentiniens Senat: Striktes Abtreibungsverbot bleibt | |
| > In Argentinien werden Schwangerschaftsabbrüche auch künftig verboten | |
| > bleiben. Der Senat votierte gegen ein Gesetz zur Legalisierung. | |
| Bild: Trauer und Wut: Das strikte Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen in Arge… | |
| Buenos Aires taz | In Argentinien ist die Lockerung des strikten | |
| Abtreibungsverbots gescheitert. Am frühen Donnerstagmorgen votierte der | |
| Senat gegen das [1][Gesetz für einen legalen, sicheren und kostenlosen | |
| Schwangerschaftsabbruch]. Ablehnung und Zustimmung kam dabei aus allen | |
| Parteien: 38 SenatorInnen stimmten dagegen, lediglich 31 stimmten dafür, | |
| zwei gaben ihre Stimme nicht ab. Alle Versuche mit Änderungen an der | |
| Gesetzesvorlage eine positive Entscheidung herbeizuführen scheiterten. | |
| Mitte Juni hatte das Gesetz noch mit knapper Mehrheit das Abgeordnetenhaus | |
| passiert. | |
| Vor dem Kongressgebäude jubelten die GegnerInnen mit Böllerschüssen, | |
| während sich unter den BefürworterInnen Enttäuschung breit machte. Trotz | |
| winterkaltem Wind und Regen warteten Hunderttausende vor allem junge Frauen | |
| auf den Straßen rund um das Kongressgebäude auf die Entscheidung. Schon am | |
| Mittwochmorgen waren zahlreiche Menschen vor den Kongress gekommen. Gegen | |
| Mittag pilgerten ganze Schulklassen vor das Gebäude. Die große Mehrzahl | |
| zeigte mit grünen Halstüchern ihre Zustimmung. | |
| Weit weniger demonstrierten mit hellblauen Halstüchern ihre Ablehnung gegen | |
| das Gesetz. Bereits in der Nacht auf Mittwoch hatte die Polizei mit hohen | |
| Absperrgittern beide Seiten weiträumig getrennt. Trotzdem kam es nach der | |
| Entscheidung zu einigen Ausschreitungen zwischen frustrierten | |
| BefürworterInnen und der Polizei. | |
| „Das Worst-Case-Szenario ist eingetreten“, kommentierte Claudia Anzorena, | |
| Mitgründerin der „Kampagne für das Recht auf eine legale, sichere und | |
| kostenlose Abtreibung“ die Entscheidung. Dennoch habe sich gezeigt, dass | |
| die soziale Mobilisierung für eine straffreie Abtreibung in Argentinien | |
| breit und tief sei. „Die Umsetzung ist nur eine Frage der Zeit“, sagte die | |
| 41-Jährige. Nach 15 Jahren Kampagnenarbeit und sechs erfolglosen Versuchen, | |
| war der Gesetzentwurf im vergangenen März erstmals von Kongress zur Debatte | |
| angenommen worden. | |
| ## Druck der katholischen Kirche | |
| Vor allem die katholische Kirche hatte in den letzten Wochen ihren Druck | |
| auf Regierung und Senat verstärkt. Nach dem Abstimmungserfolg im | |
| Abgeordnetenhaus läuteten bei den katholischen Hirten die Alarmglocken. | |
| Während die SenatorInnen im Kongress debattierten, wetterte Erzbischof von | |
| Buenos Aires Mario Poli bei einer eigens abgehaltenen Messe in der | |
| Kathedrale der Hauptstadt gegen das Gesetz: „Es soll legitimiert werden, | |
| dass ein menschliches Wesen einen Mitmenschen auslöschen kann“, so Poli. | |
| [2][Dagegen kam Unterstützung auch aus der Regierung des konservativen | |
| Präsidenten Mauricio Macri.] Dessen Gesundheitsminister Adolfo Rubinstein | |
| hatte sich eindeutig als Befürworter des Gesetzes aus Gesundheitsgründen | |
| positioniert. „Weit mehr als die Ausweitung des Rechts [auf Abtreibung], | |
| geht es um ein Problem der öffentlichen Gesundheit. Die Konsequenzen der | |
| klandestinen Abtreibungen beeinträchtigen die Gesundheit der Frauen, die | |
| sich solchen unsicheren Praktiken aussetzen und die in den Krankenhäusern | |
| enden, oder gar sterben.“ | |
| Nach Abgaben seines Ministeriums wurden 2014 über 47.000 Frauen nach | |
| Komplikationen bei klandestinen Abbrüchen in Krankenhäuser eingeliefert. | |
| Von den 246 Fällen von Muttersterblichkeit im Jahr 2016 sind 43 Todesfälle | |
| die Folge von unsachgemäßen klandestinen Schwangerschaftsabbrüchen. | |
| Doch statt dass zukünftig jede Frau während der ersten 14 Wochen der | |
| Schwangerschaft selbst über einen Abbruch entscheiden kann, und dies in | |
| öffentlichen Gesundheitseinrichtungen und kostenlos durchführen lassen | |
| kann, bleibt ein Abbruch weiterhin nur in zwei Ausnahmefällen erlaubt: Wenn | |
| das Leben der Frau bedroht ist oder, wenn die Schwangerschaft Folge einer | |
| Vergewaltigung ist. Jeder andere Abbruch kann mit bis zu vier Jahren Haft | |
| bestraft werden. | |
| ## Thema klein halten | |
| „Dass wir so weit gekommen sind, ist zweifellos ein Erfolg“, so Claudia | |
| Anzorena. Im kommenden Jahr stünden Kongress- und Präsidentschaftswahlen | |
| an. „Der nächste Kongress nimmt Ende 2019 seine Arbeit auf und wird | |
| deutlich jünger sein, viele der alten Ablehner von heute scheiden aus.“ | |
| Dann könne der Gesetzentwurf abermals eingebracht werden, so Anzorena. | |
| In der Regierung wird bereits darüber geredet, wie das Thema im kommenden | |
| Wahlkampf klein gehalten werden kann. Möglich ist, dass die für die | |
| kommenden Wochen angekündigte Reform der Strafgesetzgebung erweitert wird. | |
| So könnte die Gefängnisstrafe im Fall einer Abtreibung bis zur 12. Woche | |
| für die Frau abgeschafft werden. Allerdings wird sich die staatliche | |
| medizinische Betreuung weiterhin nur auf die bisher einzigen straffreien | |
| Abtreibungsmöglichkeiten beschränken. | |
| 9 Aug 2018 | |
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| ## AUTOREN | |
| Jürgen Vogt | |
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