| # taz.de -- Thema Abtreibungen im Studium: Lernen, wie man Abbrüche durchführt | |
| > Der Assistenzarzt Nathan Klee kritisiert, dass im Medizin-Studium | |
| > Schwangerschaftsabbrüche kaum vorkommen. Er hospitiert jetzt bei Kristina | |
| > Hänel. | |
| Bild: Absurd: Wer Gynäkologe wird, lernt nicht unbedingt, wie man Schwangersch… | |
| BERLIN taz | Immer weniger Ärzt*innen in Deutschland machen Abtreibungen. | |
| In manchen Gegenden müssen ungewollt Schwangere dafür mehr als 100 | |
| Kilometer fahren. Einer, der das ändern will, ist Nathan Klee. | |
| Der 29-Jährige hat in Marburg Medizin studiert, seine | |
| Assistenzarztausbildung macht er in der Gynäkologie eines hessischen | |
| Kreiskrankenhauses. Und: Er hospitiert seit Kurzem bei Kristina Hänel – | |
| [1][jener Gießener Ärztin, die im November verurteilt wurde, weil auf ihrer | |
| Webseite steht, dass sie Schwangerschaftsabbrüche macht]. Nach Paragraf | |
| 219a StGB ist das unerlaubte „Werbung“ für Abtreibungen. | |
| Immer wieder kritisiert Hänel, dass [2][Schwangerschaftsabbrüche in der | |
| Ausbildung junger Ärzt*innen zu kurz kommen]. So war es auch bei Klee. | |
| „[3][Im Studium bin ich mit dem Thema kaum in Berührung gekommen]“, sagt | |
| er. Und auch in der Assistenzarztausbildung lernt er nicht, wie der | |
| Eingriff funktioniert – denn sein Ausbildungsort macht keine Abtreibungen. | |
| „Das Krankenhaus ist zwar öffentlich und nicht in der Hand eines | |
| kirchlichen Trägers“, sagt Klee. Aber der Chefarzt sei religiös. | |
| Nathan Klee ist Feminist. Schwangerschaftsabbrüche gehören für ihn zur | |
| Arbeit als Gynäkologe dazu. „Ich kann nachvollziehen, dass das ein ethisch | |
| kontroverses Thema ist“, sagt Klee. Aber ein Embryo habe zwar das | |
| Potenzial, mal eine Person zu werden – eine ungewollt Schwangere hingegen | |
| sei schon eine Person. Für ihn zähle deswegen das Recht der Frau, über | |
| ihren eigenen Körper zu bestimmen. „Wer sich für einen Abbruch entscheidet, | |
| muss doch die Möglichkeit haben, diesen medizinisch sicher, aber auch ohne | |
| Verurteilung durchführen zu lassen.“ | |
| „Das ist doch kein Zustand“ | |
| Akzeptanz – diesen Anspruch hat Klee ganz allgemein an seine Arbeit als | |
| Arzt. „Auch Menschen, die trans, bisexuell oder lesbisch sind, müssen viel | |
| mehr mitgedacht werden“, sagt der angehende Gynäkologe, der selbst trans | |
| ist. „Meine künftige Praxis soll eine Anlaufstelle werden, in der Menschen | |
| medizinische Versorgung ohne Vorurteile finden können.“ | |
| „Die ersten jungen ÄrztInnen haben sich zur Hospitation gemeldet, weil sie | |
| Verantwortung übernehmen und später selbst Schwangerschaftsabbrüche | |
| durchführen wollen. Es bewegt sich etwas“, [4][twitterte Kristina Hänel | |
| kürzlich.] Damit meint sie auch Klee. | |
| Die Debatte über Paragraf 219a kannte er aus den Medien. Als Kristina Hänel | |
| dann für eine Veranstaltung in Marburg war, ging er hin – und sprach sie | |
| an. Inzwischen war er dreimal in ihrer Praxis, an seinen freien Tagen neben | |
| der Vollzeitstelle am Krankenhaus, hat bei Abbrüchen zugesehen und sie | |
| unter Aufsicht und Anleitung selbst durchgeführt. | |
| In Kristina Hänels Praxis hat er auch mitbekommen, was Paragraf 219a in der | |
| Realität für ungewollt Schwangere bedeutet. „Manche Leute erzählen, dass | |
| sie ewig rumtelefoniert haben, um eine Ärztin für die Abtreibung zu | |
| finden“, sagt er. „Die mussten sich am Telefon beschimpfen lassen oder | |
| wurden belehrt, sie sollten das Kind doch lieber bekommen. Das ist doch | |
| kein Zustand.“ | |
| 5 Sep 2018 | |
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| [2] /Thema-Abtreibung-im-Medizinstudium/!5502618 | |
| [3] /Schwangerschaftsabbrueche-und-Medizin/!5502615 | |
| [4] https://twitter.com/haenel_kh/status/1035420636905132033 | |
| ## AUTOREN | |
| Dinah Riese | |
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