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# taz.de -- Neue Frauenministerin in Chile: Großnichte Pinochets im Kabinett
> Diktaturverteidigerin und Großnichte Augusto Pinochets wird neue
> Frauenministerin in Chile. In den sozialen Netzwerken hagelt es Kritik.
Bild: Sebastián Piñera und Macarena Santelices begrüßen sich coronakonform
Buenos Aires taz | Macarena Santelices ist Chiles neue Ministerin für
Frauen und Geschlechtergleichheit. Vergangene Woche wurde die 41-Jährige
von Präsident Sebastián Piñera vereidigt. Die Großnichte von Augusto
Pinochet hat dessen Militärherrschaft (1973–1990) stets verteidigt. „Ja, es
gab Menschenrechtsverletzungen, das ist das große Karma der
Militärregierung, aber es gab auch eine wirtschaftliche Reaktivierung“, so
Santelices. Über sich selbst sagte sie: „Ich glaube, dass das Leben aus
Strenge und Anstrengung besteht und ich bin eine Ziehtochter dieser Werte.“
Kaum hatte sich die Nachricht ihrer Ernennung verbreitet, hagelte es in den
sozialen Netzen Kritik und Ablehnung. Unter dem Hashtag
[1][#NoTenemosMinistra] (Wir haben keine Ministerin) kamen innerhalb
weniger Stunden über 22.000 Tweets zusammen.
„Als Anhängerin der Pinochet-Diktatur ist sie mit der Verteidigung der Frau
unvereinbar. Die Diktatur hat uns 17 Jahre lang vergewaltigt, gefoltert und
getötet“, twitterte Fußballnationalspielerin Fernanda Pinilla.
„Ihre Ernennung ist eine Gefahr für das Leben von Frauen, Lesben,
Transvestiten, Trans- und Nicht-Binären, eine Provokation für die
feministische Bewegung und unser historisches Gedächtnis, und wir werden es
nicht dulden, dass jemand, der alles verkörpert, was wir anklagen, an der
Spitze dieses Ministeriums steht“, heißt es in einer Erklärung der
Coordinadora Feminista 8M, dem breiten Bündnis von sozialen, feministischen
und gewerkschaftlichen Organisationen, das am 8. März die Demonstration
organisierte, bei der [2][zwei Millionen Frauen] auf die Straße gegangen
waren.
## Nach den Protesten geschwächt, durch Corona gestärkt
Trotzig hielt der Präsident dagegen. „Ich bin sicher, dass sich die neue
Ministerin dieser enormen Herausforderung stellen wird“, so Piñera. Und die
frisch Gekürte forderte: „Beurteilen Sie mich nach dem, was ich ab heute
mache.“ Als Frauen, als Chilenen hätten alle das Recht auf unterschiedliche
politische Auffassungen, „aber das heißt nicht, irgendeine Rechtsverletzung
oder die Verletzung der Menschenrechte zu rechtfertigen“, sagte sie.
Piñera geht es mit Santelices’ Ernennung um das politische Gleichgewicht
seiner Drei-Parteien-Regierungskoalition. Santalices gehört, wie ihre
Amtsvorgänger Isabel Plá, der rechtsextremen und pinochetfreundlichen
Unabhängigen Demokratischen Union (UDI) an.
Bei der historischen Frauendemonstration war wegen ihres Umgangs mit den
Gewaltakten von Polizei und Militärs gerade gegen Frauen während der
sozialen Unruhen Plás Rücktritt gefordert worden – nur fünf Tage später
ging sie.
Acht Minister*innen musste der ebenfalls schwer angeschlagene Präsident
Piñera seither austauschen – die Spitze des Frauenministeriums ließ er 54
Tage unbesetzt. In der Coronapandemie hat Piñera wieder an Zustimmung
gewonnen. Jetzt sah er sich offenbar gestärkt genug, eine Person aus der
extremen Rechten ins Kabinett zu holen.
10 May 2020
## LINKS
[1] https://twitter.com/search?q=%23notenemosministra&src=typed_query
[2] /Frauentag-in-Chile-und-Argentinien/!5667201
## AUTOREN
Jürgen Vogt
## TAGS
Chile
Augusto Pinochet
Sebastián Piñera
Feminismus
Chile
Schwerpunkt Coronavirus
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Lesestück Recherche und Reportage
Protest
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