# taz.de -- Wirtschaftskrise in Chile wegen Corona: Die Schlacht von Santiago | |
> Verschärfte Quarantäne in der Hauptstadt, geringe Kupferpreise: Chile | |
> muss wegen des Coronavirus um Milliardenhilfen beim IWF bitten. | |
Bild: In einem Kaufhaus in Santiago wird bei jedem Kunden die Temperatur gemess… | |
BUENOS AIRES taz | In Santiago de Chile gilt ab Freitag eine verschärfte | |
Quarantäne. Wer keine Ausnahmegenehmigung besitzt, muss ab 22 Uhr zu Hause | |
bleiben. Militär und Polizei sollen die Einhaltung streng überwachen. Die | |
Maßnahme gilt für den Hautstadtbezirk sowie die umliegenden Kommunen und | |
zunächst für sieben Tage. Davon betroffen sind 7,4 Millionen Menschen, etwa | |
40 Prozent der Bevölkerung [1][des südamerikanischen Landes]. | |
Die Regierung reagierte damit auf den alarmierenden Anstieg der positiv mit | |
dem Coronavirus getesteten Personen. Am Dienstag wurde innerhalb von 24 | |
Stunden 2.660 neue Fälle bestätigt, im Laufe des Mittwoch kamen weitere | |
2.659 hinzu. Eine Gruppe von Bürgermeister*innen der benachbarten Region | |
Valparaíso forderte die Regierung auf, ihre Region ebenfalls unter | |
Quarantäne zu stellen. | |
Bisher hatte die Regierung auf strikte Quarantänemaßnahmen verzichtet. Doch | |
jetzt hat Corona das Gesundheitssystem an den Rand des Kollapses geführt. | |
„Wegen des Ausbruchs im Großraum Santiago stoßen wir an die Grenze bei der | |
Verwendung von Betten für kritische Fälle und Beatmungsgeräten“, erklärte | |
Gesundheitsminister Jaime Mañalich. Die Auslastung der Intensivbetten liege | |
bereits bei 87 Prozent. Mehrere Privatkliniken in Santiago meldeten bereits | |
einen Annahmestopp bei Corona-Patient*innen. | |
Insgesamt war die Zahl der Infizierten bis Donnerstag auf 37.040 gestiegen. | |
70 Prozent entfallen auf den Großraum Santiago. „Tatsächlich ist die | |
Schlacht von Santiago die entscheidende Schlacht im Krieg gegen das | |
Coronavirus“, verschärfte Gesundheitsminister Jaime Mañalich hörbar sein | |
Vokabular. | |
## Krise auch wegen sinkendem Kupferpreis | |
Die Zahl der Toten lag am Donnerstag landesweit bei 369. Damit hat | |
[2][Chile] noch immer eine der niedrigsten [3][Sterberate in der Region]. | |
Aber liegt die Zahl der Infizierten liegt im regionalen Vergleich im oberen | |
Bereich. | |
Auch finanziell ist Chile in Schwierigkeiten geraten. Der Staat entlang der | |
Anden ist weltweit der größte Kupferproduzent. Kupfer ist sein wichtigstes | |
Exportprodukt und der größte Devisenbringer. Noch im Dezember 2019 hatte | |
die Tonne Kuper den Rekordpreis von 6.200 Dollar erzielt. Inzwischen ist er | |
um 1.000 Dollar gesunken. Ähnlich wie beim Erdöl übersteigt das Angebot | |
aufgrund der Pandemie die weltweite Nachfrage und die kommt bei Kupfer vor | |
allem aus China. | |
Chiles Bergbauexperten schätzen das Überangebot für 2020 auf 200.000 bis | |
300.000 Tonnen. Einige kleinere Minen haben den Abbau bereist eingestellt, | |
um die geringe Nachfrage auszugleichen. Noch machte Bergbauminister Baldo | |
Prokurica auf Optimismus als er kürzlich verkündete, die Jahresproduktion | |
würde lediglich um 63.300 Tonnen sinken – und damit nur um ein Prozent. | |
Die Wirtschaft wird nach Einschätzung der Regierung im laufenden Jahr um | |
2,5 Prozent schrumpfen. Der Internationalen Währungsfonds (IWF) | |
prognostiziert dagegen einen Rückgang von 4,5 Prozent des | |
Bruttoinlandsproduktes. Vorsichtshalber hat die Regierung für die kommenden | |
zwei Jahre beim IWF um eine Kreditlinie von 23,8 Milliarden US-Dollar | |
nachgefragt. IWF-Chefin Kristalina Georgieva hat bereits empfohlen, die | |
Kreditlinie zu bewilligen. | |
15 May 2020 | |
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## AUTOREN | |
Jürgen Vogt | |
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