# taz.de -- Schwangerschaftskonfliktberatung: Kein Ende der Beratungspflicht | |
> Während der Coronakrise sollen ungewollt Schwangere in mehreren | |
> Bundesländern auf Beratungen per Telefon oder Video zurückgreifen können. | |
Bild: Ungewollt Schwangere sollen in mehreren Bundesländern per Telefon oder V… | |
BERLIN taz | Mehrere Bundesländer und Beratungsstellen für ungewollt | |
Schwangere stellen sich darauf ein, Schwangerschaftskonfliktberatungen | |
während der Corona-Krise telefonisch oder per Video anzubieten. In einem | |
Brief an die Konfliktberatungsstellen schreibt das [1][Familienministerium | |
Nordrhein-Westfalen], telefonische statt persönlicher Beratung werde „unter | |
diesen besonderen Umständen“ als ausreichend betrachtet. Der | |
Beratungsschein könne per Fax, Email oder Post zugesandt werden. | |
Von der Deutschen Gesellschaft für Familienplanung und Sexualberatung | |
[2][Pro Familia] hieß es, Bayern, Hamburg, Baden-Württemberg und Thüringen | |
hätten dies ebenfalls zugesagt, in Bremen werde es derzeit geprüft. Bayern | |
verhängte am Freitag vorerst zweiwöchige Ausgangsbeschränkungen. | |
Viele Beratungsstellen rechnen damit, dass während der Coronakrise sowohl | |
häusliche und sexualisierte Gewalt als auch ungewollte Schwangerschaften | |
zunehmen. Jährlich werden in Deutschland rund 100.000 Schwangerschaften | |
abgebrochen, in drei Monaten also normalerweise rund 25.000. Alle Frauen | |
müssen sich vor einem Abbruch verpflichtend beraten lassen. | |
Nun würden ungewollt Schwangere mit größeren Probleme als ohnehin schon | |
konfrontiert, sagte Kersten Artus, Vorsitzende der Pro Familia Hamburg: | |
Durch personelle Engpässe in den Beratungsstellen, die wegen Krankheit der | |
Mitarbeitenden nur eingeschränkt arbeiten oder gar keine Angebote mehr | |
bereit stellen können; durch eigene Quarantäne, weil sie möglicherweise | |
selbst mit dem Virus infiziert sind; oder durch eine Ausgangssperre. | |
## Infrastruktur ausreichend? | |
Unter anderem Pro Familia und die katholische Laienorganisation für | |
Schwangerenberatung [3][Donum Vitae] richten deshalb derzeit eine | |
Infrastruktur ein, damit ungewollt Schwangere telefonisch oder per Video | |
beraten werden können. „Noch können wir ausreichend Präsenzberatungen | |
leisten“, sagte die Geschäftsführerin von Donum Vitae, Andrea Redding. | |
„Aber wir wissen nicht, wie stark die Einschränkungen werden.“ Deshalb | |
würden derzeit Pläne entwickelt, um die Beratungen auch unter widrigen | |
Bedingungen zu gewährleisten. | |
Rechtlich ist die telefonische Beratung offenbar unproblematisch möglich. | |
Der Strafrechtler Michael Kubiciel von der Universität Augsburg [4][schrieb | |
auf Twitter], ihn habe die Anfrage erreicht, ob eine | |
Schwangerschaftskonfliktberatung notfalls auch per Videotelefonie | |
durchgeführt werden könne, wenn eine gleichzeitige physische Anwesenheit | |
von Beratenden und Schwangerer nicht möglich sei. Das | |
Schwangerschaftskonfliktgesetz setze das nicht explizit voraus. Die | |
typischerweise sehr eilige Beratung könne also auch auf andere Art und | |
Weise gewährleistet werden. | |
Cornelia Möhring, die frauenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, | |
fordert, die Beratungspflicht für ungewollt Schwangere während der | |
Corona-Krise bundesweit ganz auszusetzen. Die Infrastruktur, die die | |
Versorgung bei ungewollten Schwangerschaften sicherstellen soll, sei seit | |
Jahren unzureichend. Beratungsstellen und Einrichtungen, die | |
Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, seien schon unter normalen Umständen | |
schwer zu erreichen. „Unter den Bedingungen von Corona sind nun | |
unbürokratische und pragmatische Lösungen notwendig, um die medizinische | |
Infrastruktur zu entlasten“, sagte Möhring. | |
Die zuständigen Behörden in Niedersachsen und Hamburg haben der taz am | |
Montag bestätigt, dass eine Beratung nicht mehr face-to-face in der | |
Beratungsstelle stattfinden muss. In Niedersachsen muss eine Frau sich aber | |
über ein Videotelefonat ausweisen. In Hamburg ist dies nicht notwendig, die | |
Beratung kann telefonisch oder per Mail erfolgen. | |
20 Mar 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://www.mkffi.nrw/ | |
[2] https://www.profamilia.de/ueber-pro-familia/aktuelles-zu-corona.html | |
[3] https://www.donumvitae.org/beratung-hilfe/schwangerschaftskonflikt | |
[4] https://twitter.com/m_kubiciel?ref_src=twsrc%5Egoogle%7Ctwcamp%5Eserp%7Ctwg… | |
## AUTOREN | |
Patricia Hecht | |
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