# taz.de -- Neuseeland legalisiert Abtreibungen: Abtreibung ohne Strafandrohung | |
> Nach teilweise bewegender Debatte stimmt Neuseelands Parlament für eine | |
> Entkriminalisierung der Abtreibung. Möglich waren Abbrüche aber auch | |
> vorher. | |
Bild: Jacinda Ardern hat ein Wahlversprechen eingelöst: Abtreibung wird in Neu… | |
Berlin taz | Das neuseeländische Parlament hat am Mittwoch in der | |
Hauptstadt Wellington für die Entkriminalisierung des Abtreibungsrechtes | |
gestimmt. Die von der Mitte-Links Regierung unter Premierministerin | |
[1][Jacinda Ardern] [2][eingebrachte neue Regelung] erlaubt eine Abtreibung | |
bis zur 20. Schwangerschaftswoche. Danach ist ein Eingriff noch möglich, | |
wenn zwei Mediziner eine gesundheitliche oder psychische Gefahr für die | |
Frau attestieren. | |
Bislang galten Schwangerschaftsabbrüche in Neuseeland offiziell als | |
Straftaten. Abtreibungsärzten drohten bis zu 14 Jahre Gefängnis. Doch wurde | |
die entsprechenden Gesetze von 1961 und 1977 kaum angewendet und | |
Abtreibungen waren mit ärztlichen Gutachten möglich. | |
Offiziellen Statistiken zufolge gab es im Jahr 2018 landesweit 13.000 | |
Abbrüche. 57 davon wurden noch nach der 20. Schwangerschaftswoche | |
vollzogen. „Mehr als 40 Jahre lang war Abtreibung die einzige medizinische | |
Prozedur, die in Neuseeland als Verbrechen gesehen wurde“, sagte | |
Justizminister Andrew Little laut dpa in der Parlamentsdebatte. Nun würde | |
sie berechtigterweise wie eine Gesundheitsangelegenheit behandelt. Die | |
Reform würde den Prozess beschleunigen, weil jetzt bis zur 20. Woche keine | |
Gutachten mehr nötig seien, und damit sicherer für die Frauen machen. | |
Die Liberalisierung des Abtreibungsrechts war ein [3][Wahlversprechen der | |
sozialdemokratischen Ministerpräsidentin Ardern]. Ihre Regierung muss sich | |
im September Neuwahlen stellen. Bei der Parlamentsabstimmung war der | |
Fraktionszwang aufgehoben worden. Nach der dritten und letzten Lesung | |
stimmten 68 für die Entkriminalisierung, 51 dagegen, unter letzteren viele | |
der konservativen National Party. | |
## „Heute würde ich wahrscheinlich abgetrieben“ | |
In den Abstimmungen nach den zwei vorherigen Lesungen hatten die Reformer | |
noch eine größere Mehrheit (92 zu 23 und 81 zu 34). Doch änderten | |
schließlich noch die Abgeordneten der populistischen New Zealand First | |
Party, die der Regierungskoalition angehört, ihre Meinung und stimmten | |
gegen die Reform. Damit reagierten sie auf die Ablehnung der Mehrheit eines | |
von ihnen beantragten Referendums über das Abtreibungsrecht. | |
In der Debatte gab es bewegende persönliche Stellungnahmen. So erklärte der | |
katholische Labour-Abgeordnete Kieran McAnulty, dass er von seiner Mutter | |
zur Adoption freigegeben worden war, weil ihr damals eine Abtreibung nicht | |
möglich war. „Heute würde ich wahrscheinlich abgetrieben,“ sagte er. | |
Dennoch sprach er sich für viele überraschend für die Entkriminalisiereung | |
aus: „Wer bin ich denn mir anzumaßen, einer Frau aufgrund meiner eigenen | |
Geschichte vorzuschreiben, wie sie zu entscheiden hat?“ | |
Jetzt muss noch der General-Gouverneur, der Vertreter der britischen Krone, | |
der Reform zustimmen. Das wird als Formsache gesehen. | |
19 Mar 2020 | |
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## AUTOREN | |
Sven Hansen | |
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