# taz.de -- Entkriminalisierung der Abtreibung: Neuseeland legalisiert Abbruch | |
> Ein Gesetzentwurf soll die Rechtslage modernisieren: Er verzichtet auf | |
> die obligatorischen Beratungsgespräche bis zur 20. Schwangerschaftswoche. | |
Bild: Auch im Nachbarland Australien wird aktuell intensiv über das Thema disk… | |
SYDNEY taz | Mit der Einführung des [1][Stimmrechts für Frauen] 1893 hatte | |
Neuseeland zwar als weltweit erster selbstregierter Staat diese an der | |
Wahlurne gleichgestellt. Geht es aber darum, Frauen das Recht über ihren | |
Körper zu geben, lebt das Land in der Vergangenheit. Denn | |
[2][Schwangerschaftsabbrüche] sind bis heute kriminalisiert. Das soll sich | |
nun ändern. | |
Die Abtreibung eines Fötus soll künftig nur noch als gesundheitliche | |
Angelegenheit eingestuft werden. Ein entsprechender Gesetzentwurf wird an | |
diesem Donnerstag im Parlament vorgelegt. Laut dem sozialdemokratischen | |
Justizminister Andrew Little werde neuseeländisches Recht damit auf den | |
Stand anderer Industrieländer gebracht. | |
Bisher durfte ein Schwangerschaftsabbruch nur bei Inzest, „geistiger | |
Abnormalität“ oder einer Anomalie des ungeborenen Kindes erfolgen. Als | |
weiterer Grund galt eine ernste Gefährdung der körperlichen oder geistigen | |
Gesundheit der Mutter, sollte das Kind ausgetragen werden. Berücksichtigt | |
werden konnte auch eine Situation, in der „sexuelle Gewalt“ und | |
„Altersextreme“ eine Rolle spielen. Dann brauchte eine Frau aber die | |
Zustimmung zweier Ärzte. | |
„Abtreibung ist das einzige medizinische Verfahren, das in Neuseeland noch | |
ein Verbrechen ist. Es ist an der Zeit, dass sich das ändert“, sagte | |
Little. „Eine Frau hat das Recht zu entscheiden, was mit ihrem Körper | |
passiert.“ | |
## Beratung nur unterstützend | |
Befürworter der Reform begrüßten den Schritt. Neuseeländische Frauen hätten | |
jahrzehntelang darauf gewartet. Nach dem Gesetzentwurf, der an diesem | |
Donnerstag in erster Lesung behandelt wird, sollen Frauen bis zur 20. Woche | |
ohne obligatorischen Arztbesuch selbst über den Abbruch einer | |
Schwangerschaft entscheiden und sich in eine Abtreibungsklinik einweisen | |
können. | |
[3][Beratungs- und Unterstützungsangebote] könnten zwar in Anspruch | |
genommen werden, sie seien aber nicht vorgeschrieben. Frauen, die eine | |
Schwangerschaft auch nach der 20. Woche beenden wollen, benötigen die | |
Zustimmung eines Arztes, der „vernünftigerweise glauben muss, dass die | |
Abtreibung im Hinblick auf die körperliche und geistige Gesundheit und das | |
Wohlbefinden der schwangeren Frau angemessen ist“, so die Vorlage. | |
Einige Kritiker halten die Grenze von 20 Wochen für problematisch. Nicht | |
nur, weil die Entwicklung des Fötus dann schon relativ weit fortgeschritten | |
ist für einen Abbruch der Schwangerschaft. Es gebe genau zu diesem | |
Zeitpunkt medizinische Untersuchungen wie etwa mit Ultraschall. Dann hätten | |
die Frauen zu wenig Zeit, sich danach einen Abbruch zu überlegen. Der | |
Gesetzentwurf wird als Gewissensfrage behandelt: Die Abgeordneten können | |
ihre Stimmen unabhängig von der Position ihrer politischen Partei abgeben. | |
Ein Bericht der neuseeländischen Justizkommission, auf dem die Reform | |
basiert, stellt fest, dass die Abtreibungsrate in Neuseeland mehr oder | |
weniger ähnlich denen in anderen vergleichbaren Ländern sei. Rund 30 | |
Prozent der Neuseeländerinnen hätten im Verlauf ihres Lebens einen | |
Schwangerschaftsabbruch. Die Zahl der Abtreibungen ist rückläufig. Während | |
Neuseeland im Jahr 2007 20,1 Abbrüche pro 1.000 Frauen im gebärfähigen | |
Alter verzeichnete, waren es 2017 noch 13,7 pro 1.000 Frauen. Diese | |
Entwicklung sei hauptsächlich auf einen Rückgang der Zahl der Abtreibungen | |
bei Frauen unter 24 Jahren zurückzuführen. | |
7 Aug 2019 | |
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## AUTOREN | |
Urs Wälterlin | |
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