# taz.de -- Corona entlarvt das Abtreibungsrecht: Die Wahrheit über den §218 | |
> Jetzt rächt sich, dass Gesellschaft und Politik zu lange die Augen | |
> verschlossen haben vor den Problemen, die der Paragraf 218 mit sich | |
> bringt. | |
Bild: Eine Demonstration in Berlin. Doch an den Paragraf 218 traut sich niemand… | |
Die Coronakrise zeigt wie in einem Spiegel der Wahrheit Stärken und | |
Schwächen von Individuen und ganzen Systemen. Auf der einen Seite gibt es | |
schnelle und kluge Reaktionen auf die neue Situation. Ein Beispiel ist die | |
Erlaubnis, die gesetzlich vorgeschriebenen | |
Schwangerschaftskonfliktberatungen vor Abtreibungen per Mail oder am | |
Telefon durchzuführen. [1][Nordrhein-Westfalen hat dies vor einer Woche | |
getan], jetzt ziehen unter anderem Bremen, Hamburg, Niedersachsen und | |
Schleswig-Holstein nach. | |
Die Krise offenbart aber auch, wie sträflich Gesellschaft und Politik das | |
Thema Abtreibungen ignoriert haben. Da ist zum einen die Beratungspflicht. | |
Die Beratung hat laut Schwangerschaftskonfliktgesetz nicht das Ziel, einer | |
ratlosen oder verzweifelten Frau möglichst gut zu helfen, wie es auch eine | |
freiwillige Beratung könnte. Sondern sie „[2][dient dem Schutz des | |
ungeborenen Lebens“]. So steht es im Gesetz. | |
Wenn jetzt Frauen mit Beratungsstellen telefonieren oder chatten, sollte | |
auch dem Letzten klar werden: Das ist eine Pro-Forma-Angelegenheit. Die | |
Frau braucht den Beratungsschein, die Beraterin stellt ihn aus. Mit Glück | |
trifft eine Unentschlossene auf eine Beraterin, die sie weder in die eine | |
oder andere Richtung drängt. Oder ihr einen Hinweis auf staatliche | |
Unterstützung gibt, die sie vorher nicht kannte. Ansonsten, das wird jetzt | |
deutlich, dient die Beratung der Beruhigung einer Gesellschaft, die nicht | |
damit klar kommt, dass Schwangerschaften abgebrochen werden. | |
Zum anderen wird sich jetzt das Problem verschärfen, dass in Deutschland zu | |
wenige Ärzt*innen und Kliniken Abtreibungen durchführen – und | |
Landesregierungen untätig zugesehen haben. Weil sie sonst hätten zugeben | |
müssen, dass das Abtreibungsgesetz geändert werden muss, um eine | |
wohnortnahe Versorgung zu sichern. In den nächsten Wochen werden Frauen in | |
einigen Regionen vor der Frage stehen, [3][ob sie ein ungewolltes Kind | |
bekommen – oder versuchen, es selbst abzutreiben]. Wer das auf die | |
Ausnahmesituation „Coronakrise“ schiebt, kann genau so behaupten, die Erde | |
sei eine Scheibe. | |
Es ist die CDU, die eine Reform des Abtreibungsrechts verhindert – kein | |
Wunder, dass in Niedersachsen, wo die Partei mitregiert, Frauen die | |
Beratung per Videotelefonie durchführen müssen, über Skype und Co. Das hat | |
mit einem verantwortungsbewussten Umgang mit sensiblen Daten nichts zu | |
tun. Man könnte auch T-Shirts verteilen mit dem Aufdruck „Sie hat | |
abgetrieben“. | |
25 Mar 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Schwangerschaftskonfliktberatung/!5672957 | |
[2] https://www.gesetze-im-internet.de/beratungsg/BJNR113980992.html | |
[3] /Schwangerschaftsabbrueche-und-Corona/!5673197 | |
## AUTOREN | |
Eiken Bruhn | |
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