# taz.de -- Schwangerschaftsabbruch in Corona-Zeit: Beratung aus der Ferne | |
> Wegen der Corona-Pandemie soll die Pflichtberatung vor einer Abtreibung | |
> nun auch telefonisch möglich sein. Damit sind aber nicht alle Probleme | |
> gelöst. | |
Bild: Beratung muss aktuell auch ohne persönlichen Kontakt möglich sein | |
BERLIN taz | Wer in Deutschland ungewollt schwanger ist, wird beim Zugang | |
zu Schwangerschaftsabbrüchen ohnehin mit Hürden konfrontiert. Etwa mit der | |
obligatorischen Pflichtberatung bei einer staatlich anerkannten Stelle. In | |
Zeiten einer Pandemie wie Corona, wo alle Abstand halten und | |
zwischenmenschliche Kontakte tunlichst vermeiden sollen, wird das noch | |
schwieriger. Nun handelt die Bundesfrauenministerin und stellt klar: Die | |
Beratung soll derzeit auch ohne persönlichen Kontakt möglich sein. | |
Auf [1][Instagram berichtete Bundesministerin Franziska Giffey] (SPD) von | |
einer Telefonschalte mit den Gleichstellungs- und Frauenminister*innen der | |
Länder am Mittwoch. Dort sei vereinbart worden, | |
„Schwangerschaftskonfliktberatung online und per Telefon ermöglichen und | |
Beratungsbescheinigung zur Fristwahrung per Email oder Post versenden ohne | |
persönliches Erscheinen der Schwangeren“. | |
Zuvor hatten schon mehrere Länder dieses Vorgehen zugesagt, darunter | |
Nordrhein-Westfalen, Bayern, Hamburg, Baden-Württemberg und Thüringen. Sie | |
bleiben aber hinter Forderungen wie der von Linken-Bundestagsabgeordneter | |
Cornelia Möhring zurück, die für die Zeit der Corona-Krise eine [2][völlige | |
Aussetzung der Beratungspflicht gefordert] hatte. | |
Auch adressiert Giffey in ihrem Post das Problem der [3][grundlegenden | |
Versorgung mit Schwangerschaftsabbrüchen] nicht: In Deutschland sind | |
Abbrüche verboten, innerhalb der ersten 12 Wochen aber straffrei, wenn | |
zuvor die Pflichtberatung stattgefunden hat und die ungewollt Schwangere | |
eine Wartefrist von drei Tagen hat verstreichen lassen. | |
## „Medizinisch notwendig“ | |
Durch Einschränkungen in den Beratungsstellen, die verordneten Quarantänen, | |
Ausgangsbeschränkungen und Reisebeschränkungen in Nachbarländer könne diese | |
Frist nun gefährdet sein, warnten Anfang der Woche in einem gemeinsamen | |
Papier die Netzwerke Doctors for Choice und Pro Choice, der Arbeitskreis | |
Frauengesundheit in Medizin, Psychotherapie und Gesellschaft und die | |
Deutsche Gesellschaft für Familienplanung Pro Familia. | |
Auch besteht die Gefahr, dass Kliniken Schwangerschaftsabbrüche während der | |
Pandemie nicht mehr durchführen, wenn sie diese nicht zu den notwenigen | |
Operationen zählen. Und in Deutschland führen ohnehin nur rund 1.200 | |
Ärzt*innen Abbrüche durch. | |
„Dass Beratungstermine für ungewollt schwangere Frauen während des | |
Corona-Shutdowns ab sofort online wahrgenommen werden können ist gut und | |
absolut notwendig“, sagte Katja Suding, stellvertretende Vorsitzende der | |
FDP-Bundestagsfraktion, der taz. Garantiert werden müsse zudem „unbedingt, | |
dass Schwangerschaftsabbrüche in den Praxen und Kliniken als notwendige | |
medizinische Leistungen anerkannt werden und damit auch in der derzeitigen | |
Situation durchgeführt werden“, so Suding. Es müsse verhindert werden, dass | |
Frauen „versuchen, sich selbst zu helfen und dabei Gesundheit und Leben | |
riskieren“. | |
Auch die Grünen-Bundestagsabgeordneten Ulle Schauws und Kirsten | |
Kappert-Gonther erklärten: „Der Zugang zu sicheren | |
Schwangerschaftsabbrüchen ist medizinisch notwendig.“ Diese seien „nicht | |
aufschiebbar, auch in Zeiten des Coronavirus nicht“. „Das Schlimmste wäre | |
ein Rückfall zu in der Not selbst durchgeführten Abbrüchen ohne | |
medizinischen Beistand“ sagte Kappert-Gonther. „Wer das verhindern will, | |
muss jetzt Vorkehrungen treffen.“ | |
Wie die Bundesfrauenministerin in ihren Post mitteilte, haben sie und die | |
Länderkolleg*innen mit Blick auf die Corona-Pandemie auch die Schaffung | |
eines „sozialen Schutzschirms“ für die [4][Frauenhaus- und | |
Frauenberatungsinfrastruktur] sowie den Ausbau der Frauenhauskapazitäten | |
„durch die kurzfristige Anmietung von Hotels und Ferienwohnungen durch | |
Länder und Kommunen“ vereinbart. Gleiches gilt für Leitlinien an die | |
Länder, Maßnahmen zu ergreifen, um [5][Obdachlosigkeit von Sexarbeitenden] | |
zu vermeiden. | |
26 Mar 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://www.instagram.com/p/B-K1rZii7MW/ | |
[2] /Schwangerschaftskonfliktberatung/!5672957 | |
[3] /Schwangerschaftsabbrueche-und-Corona/!5673197 | |
[4] /Frauenhaeuser-in-der-Corona-Krise/!5668969 | |
[5] /Corona-und-Prostitution/!5671919 | |
## AUTOREN | |
Dinah Riese | |
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