# taz.de -- Rechtsextreme Terrorzelle: Der Informant und die Germanen | |
> Die Festnahme von zwölf Terrorverdächtigen verdanken die Behörden auch | |
> einem Spitzel. Seine Rolle in der Gruppe bleibt noch unklar. | |
Bild: Gründungsort der rechtsterroristischen Gruppe: der Grillplatz bei Alfberg | |
BERLIN taz | Das Treffen der Rechtsextremen lag erst wenige Tage zurück, da | |
saß Bernd M. (Name geändert) bei der Polizei. Und er erzählte: Mit welch | |
illustrer Runde er sich da zuletzt auf einem Grillplatz im schwäbischen | |
Alfdorf getroffen hatte, Angereiste aus mehreren Bundesländern. | |
Der Termin von Bernd M. bei der Polizei, der nach taz-Informationen am 1. | |
Oktober 2019 stattfand, ist brisant. Denn damals erfuhr die Polizei aus | |
erster Hand, wie die Gruppe Rechtsextremer eingestellt war, die sie nun vor | |
wenigen Tagen als Terrorverdächtige verhaftete: [1][die „Gruppe S.“ um den | |
Bayer Werner S.] Anschläge auf PolitikerInnen, Geflüchtete und Muslime | |
sollen die Rechtsextremen geplant haben, einige Waffen hatten sie schon in | |
Besitz. | |
Die Frage ist nun: Wie real waren die Terrorpläne, wie weit gediehen? | |
Es ist eine Frage, für deren Beantwortung Bernd M. eine wichtige Rolle | |
spielt. Denn nach taz-Informationen hatte dieser die Polizei schon sehr | |
früh über die „Gruppe S.“ informiert, die in einem Chat als „Der harte | |
Kern“ firmierte. Tatsächlich konnte die Polizei bereits die erste | |
Gruppenzusammenkunft überwachen, die ihnen als Gründungstreff gilt: der | |
Termin Ende September 2019 auf dem abgelegenen Grillplatz „Hummelgautsche“ | |
bei Alfdorf nahe Schwäbisch-Gmünd. | |
## Aussagen über das „Personenpotential“ | |
Bei der Polizei soll Bernd M. nach taz-Informationen kurz darauf über das | |
„Personenpotential“ des Treffens ausgesagt haben. Kurze Zeit später wurde | |
M. unabhängig davon von der Bundespolizei auf dem Heidelberger Hauptbahnhof | |
kontrolliert, laut ARD fanden die Beamten bei dem zufälligen | |
Zusammentreffen eine illegale Gasdruckwaffe bei ihm. | |
In der Gruppe aber verhielt sich Bernd M. offenbar weiter angepasst. Und | |
die Behörden, nun verstärkt vom Verfassungsschutz, setzten ihre Überwachung | |
fort, hörten Telefone ab, lasen Nachrichten mit. Auch stufte die Polizei | |
Anführer Werner S. laut Spiegel als Gefährder ein. | |
Am vorvergangenen Wochenende dann erfolgte das letzte Treffen der Gruppe – | |
in Minden, wo einer der Hauptbeschuldigten lebt. Dort wurden nochmals | |
Anschlagspläne und die Beschaffung weiterer Waffen diskutiert. Ein Plan | |
laut Spiegel: [2][der parallele Angriff auf Moscheen in zehn | |
Bundesländern]. | |
## Eilig vorgezogene Durchsuchungen | |
Nach dem Treffen aber soll Bernd M. abgetaucht sein. Und in der Gruppe soll | |
es nun misstrauische Töne gegeben haben. Die Bundesanwaltschaft zog ihre | |
Durchsuchungen darauf vor – auf den vergangenen Freitag. Auffällig schon | |
da: [3][Durchsucht wurde bei 13 Personen, fünf Hauptverdächtige und acht | |
Unterstützer. Festgenommen wurden indes nur zwölf Männer.] Einer der fünf | |
Hauptverdächtigen blieb auf freiem Fuß. Nach taz-Informationen ist dies: | |
Bernd M. | |
Die Bundesanwaltschaft äußert sich zu der Personalie bisher nicht. | |
NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) bekundete aber, man habe die Gruppe | |
„schon länger im Blick“ gehabt. In den Sicherheitsbehörden wird das gute | |
Zusammenspiel aller Beteiligten gelobt. Die „Gruppe S.“ sei eine „sehr | |
ernst zu nehmende Gefahr“ gewesen. Und Bernd M. könnte nun derjenige sein, | |
der schwerste Straftaten verhinderte. | |
Dennoch bleiben Fragen über seine Rolle. Wie positionierte er sich in der | |
Gruppe zu den Anschlagsplänen? Befeuerte er diese? Die Linken-Innenexpertin | |
Martina Renner sieht noch Klärungsbedarf: „Wie immer stellt sich auch in | |
diesem Fall einer V-Person die Frage, welchen Anteil sie – und damit die | |
führende Behörde – an der kriminellen Dynamik der Gruppe hatte.“ | |
Für Daniel Sprafke, Verteidiger eines Festgenommenen, ist wiederum aufgrund | |
der Überwachung die ganze „vom Generalbundesanwalt suggerierte | |
Gefährlichkeit zweifelhaft“. | |
18 Feb 2020 | |
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## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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