Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Gewaltpläne von Bürgerwehr-Truppe: Anklage wegen Rechtsterror
> 12 Neonazis sollen Anschläge auf Moscheen und Politiker geplant haben.
> Nun liegt die Anklage vor. Beschuldigt sind auch ein Polizist und ein
> Spitzel.
Bild: Ende möglicher Terrorpläne: ein Beschuldigter der „Gruppe S.“ bei s…
Berlin/Stuttgart taz | Sie sollen Anschläge auf Moscheen, PolitikerInnen
und Geflüchtete geplant haben, putschten sich in einer Chatgruppe immer
weiter auf. Nun hat die Bundesanwaltschaft nach taz-Informationen Anklage
gegen die 12 Rechtsextremen erhoben. Der Vorwurf: Bildung einer
rechtsterroristischen Vereinigung.
[1][Im Februar waren die Männer], 31 bis 60 Jahre alt, in Bayern,
Baden-Württemberg, NRW, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt
festgenommen worden. Sie stammen aus dem Spektrum rechtsextremer
Bürgerwehren und Reichsbürger, bewegten sich in Gruppen wie dem „Freikorps
Heimatschutz“ oder der „Vikings Security Germania“. Als Anführer gilt
Werner S., ein 53-jähriger Restaurator aus dem Landkreis Augsburg. Nach ihm
benannten die Ermittler auch die Vereinigung: als „Gruppe S.“.
Die Rechtsextremen hatten sich zunächst über das Internet zusammengefunden.
Im September 2019 fand eine Art Gründungstreffen auf einem Grillplatz bei
Alfdorf in Baden-Württemberg statt. In einer Chatgruppe namens „Der harte
Kern“ wurde sich danach zu Gewalttaten angestachelt. „Wir werden kämpfen
müssen“, schrieb ein Beschuldigter. Er sei bereit, dafür nach „Walhalla�…
gehen.
## Grünen-Chef Habeck und Moscheen im Visier
Im Visier waren etwa die Grünen-Politiker Robert Habeck und Toni Hofreiter.
Auch soll diskutiert worden sein, in mehreren Bundesländern gleichzeitig
Moscheen anzugreifen. Als sich die Gruppe im Februar zu einem zweiten
Treffen bei einem Beschuldigten in Minden (NRW) zusammenfand, ließ die
Bundesanwaltschaft sie kurz danach festnehmen.
Die Männer hätten „bürgerkriegsähnliche Zustände“ herbeiführen wollen,
heißt es in der Anklage. Neben Werner S. wird dort der Niedersachse Tony E.
als Rädelsführer benannt. Die anderen Angeklagten werden als Mitglieder
gezählt, einer nur als Unterstützer. Etliche von ihnen sollen nach ihren
Festnahmen Aussagen gemacht und die Terrorpläne relativiert haben.
Zu den Beschuldigten gehörte zunächst noch ein 13. Mann. Der 46-Jährige
verstarb allerdings im Juli in der JVA Dortmund. Er soll Suizid begangen
haben.
## Ein Spitzel als Kronzeuge
Auf die Spur der Gewaltpläne waren die Ermittler durch [2][einen Spitzel
aus der Gruppe] gekommen. Der vielfach vorbestrafte Mann hatte das LKA
Baden-Württemberg früh gewarnt. Auch kurz nach dem ersten Treffen sagte er
darüber bei der Polizei aus. Die Gruppe wurde darauf überwacht. Bei den
Festnahmen schienen sich die Warnungen zu bestätigen: Gefunden wurden eine
Pistole, ein selbstgebautes Gewehr, Messer, Handgranaten und Material, von
dem die Ermittler vermuteten, dass es zum Sprengstoffbau vorgesehen war.
Auch gegen den Informanten wurde nun Anklage wegen Mitgliedschaft in der
Terrorgruppe erhoben. Anders als die anderen Beschuldigten befindet er sich
aber weiter nicht in Haft. Er gilt als Kronzeuge und kann sich für seine
frühen Aussagen einen Strafrabatt erhoffen.
## Auch ein Polizeimitarbeiter unter den Angeklagten
Brisant ist ebenfalls, dass sich unter den Angeklagten [3][mit Thorsten W.
auch ein Polizeiverwaltungsmitarbeiter] aus Hamm befindet. Der 50-Jährige
arbeitete dort im Verkehrsreferat, verkleidete sich in seiner Freizeit gern
als Germane und hisste auf seinem Balkon eine Reichskriegsflagge. Auch zum
Dienst soll Thorsten W. einmal in rechter Szenekleidung erschienen sein.
Mit der „Gruppe S.“ war er über Chats verbunden, soll ihr 5.000 Euro als
Hilfe angeboten haben. Nach taz-Informationen ist Thorsten W. derjenige,
der nur als Unterstützer der Terrorgruppe angeklagt ist.
Verhandelt werden soll gegen die Angeklagten vor dem Oberlandesgericht
Stuttgart. Unter welchen Bedingungen solch ein Großprozess in
Pandemie-Zeiten stattfinden kann, hat das Gericht noch nicht geklärt.
Zunächst prüfen die dortigen RichterInnen, ob die Anklage wie vorgelegt
zugelassen wird.
12 Nov 2020
## LINKS
[1] /Rechtsextremistische-Terrorzelle/!5661227
[2] /Rechtsextreme-Terrorzelle/!5661403
[3] /Rechtsextreme-in-Sicherheitsbehoerden/!5666416
## AUTOREN
Konrad Litschko
## TAGS
Schwerpunkt Rechter Terror
Rechtsextremismus
Bundesanwaltschaft
Bürgerwehr
Reichsbürger
Lesestück Recherche und Reportage
Gerichtsprozess
Schwerpunkt Rechter Terror
Freikorps
Sicherheitsbehörden
Schwerpunkt Rechter Terror
Lesestück Recherche und Reportage
## ARTIKEL ZUM THEMA
Prozess gegen „Gruppe S.“ in Stuttgart: Wenn Neonazis weinen
Die zwölf Männer sollen Mordaktionen geplant haben. Zu einer Tat ist es
nicht gekommen. Sind die zwölf Maulhelden oder brandgefährliche
Terroristen?
Mutmaßliche Terrorpläne Rechtsradikaler: „Gruppe S.“ vor Gericht
Als „Gruppe S.“ sollen Rechtsextreme 2019 Überfälle auf Moscheen und
Politiker geplant haben. In Stuttgart hat nun der Prozess begonnen.
Prozess zu mutmaßlichem Rechtsterror: Was wollte „Heydrich“?
Ein Elektriker aus der Oberpfalz soll einen Anschlag geplant haben, eine
Waffe hatte er bereits. Böses will er damit aber nicht im Sinn gehabt
haben.
Buch über rechtsradikale Anschläge: Ressentiments damals und heute
Der rechte Terror begann längst vor dem Aufstieg der Nazis. Florian Huber
zeichnet die Milieus und Gefühlswelten nach, die nicht verschwunden sind.
Rechtsextreme in Sicherheitsbehörden: Zu viele Einzelfälle
Bundesweit häufen sich rechtsextreme Vorkommnisse bei der Polizei. Laut
einer taz-Recherche gehen die Länder von mehr als 90 Fällen aus.
Rechtsextreme Terrorzelle: Der Informant und die Germanen
Die Festnahme von zwölf Terrorverdächtigen verdanken die Behörden auch
einem Spitzel. Seine Rolle in der Gruppe bleibt noch unklar.
Rechtsextremistische Terrorzelle: Großgermanen in U-Haft
Sie fantasieren von Odin und Walhall. Zwölf Rechtsextreme sitzen in Haft.
Der Vorwurf: die Planung von Anschlägen. Wer sind die Mitglieder der
„Gruppe S.“?
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.