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# taz.de -- Hat Hamburg Steuergeld verschenkt?: Cum oder Ex-Bürgermeister
> Die Vorwürfe zu nicht eingeforderten Steuer-Millionen aus
> Cum-Ex-Aktiengeschäften bringen die Hamburger SPD im Wahlkampfendspurt in
> Erklärungsnot.
Bild: Hat beim Steuer-Raub mitgemischt: Warburg-Bank
Hamburg taz | Die Frage, ob die Hamburger Finanzverwaltung dem örtlichen
Bankhaus Warburg [1][47 Millionen Euro geschenkt] hat, könnte die SPD auf
den letzten Wahlkampfmetern noch Stimmen kosten. Finanzsenator war in der
zur Rede stehenden Zeit der heutige Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD).
Zwar ist es schwierig zu beurteilen, ob die Hamburger Steuerverwaltung
tatsächlich falsch gehandelt hat. Jedoch geben die Rahmenbedingungen des
Forderungsverzichts Anlass zu Misstrauen: So hat die Senatskanzlei eine
Anfrage zu Gesprächen von Senatsmitgliedern mit der Warburg-Bank falsch
beantwortet. Und die SPD hat im Folgejahr insgesamt 45.500 Euro Spenden aus
dem Umfeld der Bank erhalten, wie das Hamburger Abendblatt unter Verweis
auf die [2][Rechenschaftsberichte der Parteien] errechnete.
Der Vorgang gehört zu dem Komplex fragwürdiger Aktiengeschäfte, die den
deutschen Fiskus insgesamt mehrere Milliarden Euro gekostet haben dürften.
Bei diesen sogenannten Cum-Ex-Deals wurden Aktien rund um den
Dividenden-Stichtag schnell ge- und verkauft. Ziel war es, sich die einmal
gezahlte Kapitalertragssteuer mehrfach erstatten zu lassen – ein dreister
Griff in die Steuerkasse, bei dem skrupellose Anwälte und Banker
Gesetzeslücken nutzten.
Konkret geht es darum, dass die Finanzbehörde 2016 eine 47 Millionen Euro
hohe Steuerschuld der Warburg-Bank aus dem Jahr 2009 verjähren ließ, obwohl
das Absahnen mit Hilfe von Cum-Ex-Geschäften seit Jahren bekannt war.
Forderungen aus den Folgejahren machte die Finanzbehörde geltend –
allerdings erst nach ausdrücklicher Anweisung aus Berlin.
## Treffen mit dem Bürgermeister
Brisant wird die Sache durch einen [3][Tagebuch-Eintrag des damaligen
Warburg-Aufsichtsratsvorsitzenden] Christian Olearius. Darin berichtet der
Banker von einem Treffen mit dem damaligen Bürgermeister Olaf Scholz, bei
dem die Lage der Bank in den laufenden Cum-Ex-Ermittlungen besprochen
worden sein soll.
In der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Linken zum Thema Cum
Ex hatte der Senat noch im November „persönliche Gespräche zwischen dem
Bankhaus M. M. Warburg und dem Senat verneint. Das Bundesfinanzministerium
bestätigte der taz dagegen, dass sich Scholz im November 2017 mit dem
Warburg-Chef getroffen habe. Warum die Senatskanzlei das bestritten habe,
wisse man nicht, sagte ein Sprecher.
Auch der Kreisvorsitzende der SPD Mitte, der Bundestagsabgeordnete Johanns
Kahrs, räumte gegenüber dem Hamburger Abendblatt ein, sich mit Olearius
getroffen zu haben. „Als zuständiger Wahlkreisabgeordneter rede ich seit
über 20 Jahren mit jedem Bürger oder Unternehmen, also auch mit Vertretern
von Banken“, sagte er.
Der Kreisverband Mitte hat laut Abendblatt mit 38.000 Euro besonders von
den Warburg-Spenden profitiert. Allerdings seien aus dem Umfeld der Bank
auch die FDP und die CDU mit Spenden bedacht worden.
Die Haupteigentümer der Warburg-Bank haben die Vorwürfe der Einflussnahme
als „gehaltlose Unterstellungen“ scharf zurückgewiesen. „Die Bank hat si…
nie mit unzulässigen, rechtswidrigen Forderungen oder Wünschen an die
Fiskalverwaltung oder Politikerpersönlichkeiten gewandt“, heißt es in einem
am Samstag veröffentlichten fünfseitigen Schreiben der Anwälte der
wirtschaftlichen Haupteigentümer, Max M. Warburg und Christian Olearius.
Gleichzeitig sei es aber selbstverständlich, dass Vertreter der Bank
Gespräche mit allen führten.
[4][Tschentscher sagte der taz], in den komplizierten Cum-Ex-Fällen sei es
häufig schwierig darzulegen, ob eine Forderung oder ein Anspruch
tatsächlich besteht. „Solche Entscheidungen müssen auch in einem
gerichtlichen Verfahren Bestand haben, sonst drohen der Stadt große
finanzielle Schäden durch Verzinsungsansprüche, Prozess- und Beraterkosten
und möglicherweise Amtshaftungsansprüche“, sagte der Bürgermeister.
Der Umgang mit Cum-Ex-Geschäften ist auch deshalb schwierig, weil der
Steuerraub erst allmählich ins Bewusstsein der politischen Sphäre drang und
den Praktiken schrittweise Riegel vorgeschoben wurden. So griff eine erste
Gesetzesänderung 2007 nicht, wenn der Handel über das Ausland abgewickelt
wurde. Das [5][änderte sich] durch einen mit den Ländern abgestimmten
[6][Hinweis des Bundesfinanzministeriums] ab Januar 2009. Laut einer
Auskunft des Senats an die Bürgerschaft 2018 hat der Bundesfinanzhof „im
Jahr 2016 Kriterien formuliert, an denen sich die Finanzverwaltung
orientieren könne“.
SPD und Finanzbehörde behaupten, die aktuellen Vorwürfe seien ein alter Hut
und vom Haushaltsausschuss der Bürgerschaft bereits im Rahmen einer
Selbstbefassung vor zwei Jahren besprochen worden. Der CDU, aber auch dem
grünen Koalitionspartner reicht das nicht. Sie forderten eine
Haushaltsausschuss-Sondersitzung noch vor der Wahl.
Die Linke verlangte sogar einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss in
der neuen Legislaturperiode. Den Linken-Abgeordneten Norbert Hackbusch
interessiert dabei besonders, ob die Finanzbehörde der Warburg-Bank im
Rahmen eines Deals einen Großteil ihrer Steuerschuld erlassen wollte.
17 Feb 2020
## LINKS
[1] /Cum-Ex-Skandal/!5660012
[2] https://www.spd.de/partei/organisation/finanzen/downloads-finanzen/
[3] https://daserste.ndr.de/panorama/archiv/2020/Hamburg-verzichtete-auf-47-Mil…
[4] /SPD-Spitzenkandidat-ueber-Wahl-in-Hamburg/!5661181
[5] https://www.bstbl.de/
[6] https://datenbank.nwb.de/Dokument/Anzeigen/78742_44a/?SprungMarke=ja_7
## AUTOREN
Gernot Knödler
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