# taz.de -- Hamburgs SPD in der Cum-Ex-Affäre: Ordentlich schlecht regiert | |
> Hamburg hat nicht nur 47 Millionen Euro Steuern liegen lassen, auch das | |
> Krisenmanagement der verantwortlichen Politiker ist miserabel. | |
Bild: Was der Kanzler wohl gesagt hätte zu 47 vertüdelten Millionen? Jedenfal… | |
Das Mantra, das die Hamburger SPD seit vielen Jahren pflegt, lautet: „Gut | |
regieren“. [1][Geprägt hat es Olaf Scholz], und er ist – nicht zuletzt in | |
der taz – viel dafür kritisiert worden, dass sein Programm sich darin | |
praktisch erschöpft hatte. Der Mann ohne Visionen. Beim Wahlvolk dagegen | |
kam das gut an: Ein Politiker, der wenig verspricht, wirkt irgendwie | |
ehrlich. Vor allem nach dem Chaos, das die CDU in Hamburg hinterlassen | |
hatte. | |
Der heutige Bürgermeister Peter Tschentscher ist Scholz’ Weg minutiös | |
gefolgt. Auch er hat im Wahlkampf bei jeder passenden oder unpassenden | |
Gelegenheit [2][betont], die SPD habe ordentlich regiert und werde das auch | |
weiterhin tun. Nur stimmt es leider nicht. | |
Unter seiner Ägide als Finanzsenator hat die Hamburger Finanzverwaltung | |
[3][47 Millionen Euro liegen lassen], die sich die örtliche Privatbank M.M. | |
Warburg & Co. mit Deals nach dem Cum-Ex-Modell ergaunert hatte. Und sie | |
hätte so weitergemacht, hätte ihr Schäubles Bundesfinanzministerium nicht | |
[4][Beine gemacht]. | |
Nun heißt es aus der SPD ebenso wie aus der Finanzbehörde, die | |
Behördenspitze habe „keinerlei politischen Einfluss“ genommen. Das hatte ja | |
auch niemand behauptet. Aber Tschentscher als Behördenchef hätte dringend | |
Einfluss nehmen müssen. Er hätte anweisen müssen, dass die Verwaltung | |
[5][alles erdenkliche tut], um das Geld zurückzuholen, bevor die Forderung | |
verjährt, selbst wenn rechtliche Risiken bestanden hätten. Einfach, damit | |
das Vertrauen in den Staat nicht weiter erschüttert wird. | |
Und es wird ja nun niemand behaupten wollen, Tschentscher habe von der | |
ganzen Sache nichts mitbekommen, nachdem das Finanzamt sie eigens der | |
übergeordneten Behörde zur Prüfung vorgelegt hatte. Dann nämlich müsste man | |
schließen, Tschentscher habe seine Behörde nicht im Griff gehabt. | |
## Die SPD ist selbst Schuld, dass das Thema jetzt aufpoppt | |
Es ist eine infame Verdrehung der Tatsachen, wenn aus der SPD nun gestreut | |
wird, die Veröffentlichungen eine Woche vor der Wahl hätten | |
Kampagnencharakter, weil sie lange Bekanntes aufkochen würden. Der | |
SPD-geführte Senat hatte zwei Jahre Zeit, mit der Warburg-Bank, die ja | |
immerhin vor Gericht angeklagt ist, über eine Aufhebung des | |
Steuergeheimnisses zu verhandeln, wie nun viel zu spät diskutiert wird. | |
Dann hätte die SPD lange vor der Wahl die Flucht nach vorn antreten und das | |
Thema abräumen können, wie sie es so meisterlich beherrscht. Und ja, die | |
SPD hätte auch die Spenden ablehnen können, die sie in engem zeitlichen | |
Zusammenhang aus dem Warburg-Firmengeflecht bekommen hat. Sie nun | |
zurückzuzahlen, wie der Linken-Bundestagsabgeordnete Fabio de Masi | |
gefordert hat, würde ihr eher nicht mehr so viel nützen. | |
Und der Senat hätte auf Anfrage der Linken nicht lügen müssen, es habe kein | |
Treffen mit Vertretern der Warburg-Bank zum Thema Cum-Ex gegeben. Die SPD | |
hätte, und das wäre wirklich das Mindeste, der Forderung nach einer | |
Sondersitzung des Finanzausschusses zustimmen können, um wenigstens dort | |
für Transparenz zu sorgen. Es gab viele Möglichkeiten, besser zu handeln. | |
So entsteht der Eindruck, dass die Hamburger SPD vor der Wahl nur | |
scheibchenweise einräumt, was sie nicht mehr leugnen kann: dass sie, | |
zumindest an diesem Punkt, richtig schlecht regiert hat. | |
22 Feb 2020 | |
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## AUTOREN | |
Jan Kahlcke | |
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