# taz.de -- Streit um die Grundrente: Kommt sie nun? | |
> Der Streit zwischen Union und SPD über die Grundrente hält an. Wer will | |
> hier was? Und warum fällt eine Einigung so schwer? Ein FAQ. | |
Bild: Der Armut entgegen? Eine Grundrente könnte vielen älteren Menschen helf… | |
BERLIN taz | In der Großen Koalition kriselt es, das Spitzentreffen zum | |
Thema Grundrente wurde auf kommenden Sonntag verschoben. SPD und Union | |
können sich nicht über die [1][Bedürftigkeitsprüfung in der Grundrente] | |
einigen. Die ExpertInnen im Hintergrund rechnen und rechnen unterdessen, | |
denn die geplante Aufstockung von Kleinrenten wirft heikle | |
Verteilungsfragen auf. Hier ein paar Fragen und Antworten. | |
Warum gelingt die Einigung zur Grundrente nicht? | |
Einigkeit besteht zwischen Union und SPD darüber, dass alle, die 35 Jahre | |
Beitragszeiten für die Rentenversicherung aufweisen, am Ende eine Rente von | |
zehn Prozent über der Grundsicherung (Hartz IV) bekommen sollen. Das steht | |
auch im Koalitionsvertrag. Dort steht allerdings auch, dass es eine strenge | |
„Bedürftigkeitsprüfung entsprechend der Grundsicherung“, geben soll. Das | |
heißt, KleinrentnerInnen, die über Partnereinkommen verfügen oder etwas | |
Vermögen haben, bekämen keine Rentenaufstockung. Die SPD will auf keinen | |
Fall eine strenge Bedürftigkeitsprüfung. Die Union besteht aber auf einer | |
Bedürftigkeitsprüfung und einer Eingrenzung der Sozialleistung, die ja von | |
Steuer- und BeitragszahlerInnen gegenfinanziert werden muss. | |
Wie könnte ein Kompromiss aussehen? | |
Im Gespräch ist ein Kompromiss, in dem die Deutsche Rentenversicherung | |
Bezug auf das Alterseinkommen nimmt, das vom Finanzamt festgestellt wird. | |
Überschreitet das Gesamteinkommen des Haushalts dann bestimmte Freibeträge, | |
gibt es keine aufstockende Rente. Diese Bedarfsprüfung wäre bei weitem | |
nicht so streng wie bei der Grundsicherung, und Vermögensbesitz würde nicht | |
angerechnet. Damit würden aber zum Beispiel Frauen, die 35 Jahre lang | |
Teilzeit gearbeitet haben und einen wohlhabenden Mann haben, keine | |
Grundrente bekommen. Wenn das aber Frauen sind, die Teilzeit gearbeitet | |
haben und Minirenten kriegen, weil sie Kinder erzogen oder Alte privat | |
gepflegt haben, dann könnte man diese Anrechnung des Partnereinkommens | |
ungerecht finden. | |
Männer oder Frauen, die jahrzehntelang in Vollzeit zum niedrigen Lohn | |
geschuftet haben, aber etwa wegen Krankheit nur 30 Jahre Beitragszeit | |
schaffen und eine kleine Rente bekommen, würden aber außen vor bleiben? | |
Ja. Die Deutsche Rentenversicherung erfasst nicht, ob jemand in Voll- oder | |
Teilzeit gearbeitet hat, sondern immer nur das monatliche Einkommen und die | |
Beitragszeit. KleinrentnerInnen, die zuvor 30 Jahre in schlecht bezahlter | |
Vollzeit geackert haben, würden also keine „Grundrente“ bekommen. | |
Es gibt ArbeitnehmerInnen, die 40 Jahre schlecht bezahlt gearbeitet haben | |
und eine Rente in gerade mal der Höhe von zehn Prozent über Hartz IV | |
kriegen. Auch die bekämen keinen Zuschuss? | |
Diese Leute hätten, obwohl sie vielleicht härter gearbeitet haben, am Ende | |
das gleiche Alterseinkommen wie jemand, der viel weniger gearbeitet hat, | |
aber aufstockende Grundrente bezieht. Die Frage der Gleichbehandlung, die | |
Frage nach Voll- und Teilzeit, nach den 35 Jahren Beitragszeit, die Prüfung | |
von Einkommen und Vermögen – all das sind heikle Fragen. Vor allem aber: | |
Der Union geht es darum, die Zahl der Grundrentenempfänger eher klein und | |
damit die Gesamtkosten unbedingt unter zwei Milliarden Euro pro Jahr zu | |
halten. Die SPD hingegen will möglichst viele Menschen erreichen, zuletzt | |
sollten es 1,5 Millionen GrundrentenempfängerInnen sein. Das würde mehr | |
kosten. | |
Braucht die [2][SPD] die Grundrente, politisch betrachtet? | |
Im Prinzip ja, jedenfalls [3][der Teil, der weiter regieren will.] Am 6. | |
Dezember wird der SPD-Parteitag entscheiden, ob Olaf Scholz und Hubertus | |
Heil noch lange Minister bleiben werden. Doch die gesamte SPD will die | |
Grundrente – sie ist ein Symbol geworden, ob die Partei in der ungeliebten | |
Groko noch etwas bewirkt. Gelingt eine Einigung vor dem Parteitag, stehen | |
die Signale auf Weitermachen, allerdings nur wenn die Grundrente erkennbar | |
SPD-Handschrift trägt. Keine Einigung wäre für die Pro-Groko-Fraktion in | |
der SPD schlecht. Noch schlechter wäre allerdings eine Einigung, die nach | |
faulem Kompromiss riecht. | |
4 Nov 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Grundrente-und-Gerechtigkeit/!5630521 | |
[2] /Sozialdemokratisierung-der-Linkspartei/!5633744 | |
[3] /Mitgliederbefragung-in-der-SPD/!5633517 | |
## AUTOREN | |
Barbara Dribbusch | |
Stefan Reinecke | |
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