| # taz.de -- Neue Steuer für Autofahrer: Wer belästigt, soll zahlen | |
| > Ein Forscher in Norwegen will, dass Autofahrer für die Kosten aufkommen | |
| > sollen, mit der sie die Gesellschaft belasten. | |
| Bild: Ausgebremst? Kann in Norwegen schon mal vorkommen, dass Rentiere den Weg … | |
| Stockholm taz | Man zäume das Pferd bislang von hinten auf, sagt Lasse | |
| Fridstrøm. Er ist Forscher beim „Transportökonomischen Institut“ (TØI) in | |
| Oslo. Hubraum oder Motorenleistung seien zusammen mit dem | |
| durchschnittlichen Schadstoffausstoß Bemessungsgrundlage für die meisten | |
| Kfz-Steuern. Und das Aufkommen von Mineralöl- oder Energiesteuer soll | |
| üblicherweise Bau und Unterhalt des Straßennetzes finanzieren. | |
| Gerecht und zeitgemäß sei so ein System aber nicht mehr, kritisiert er – | |
| weshalb Fridstrøm als Ersatz für solche Steuern lieber eine | |
| „Belästigungssteuer“ haben möchte. Sein Vorschlag: Jeder Autofahrer soll | |
| die Kosten bezahlen, mit der seine Fahrten die Gesellschaft, die | |
| Infrastruktur und Umwelt belasten und andere belästigen. | |
| Das Modell, das der Forscher erarbeitet hat, klingt erst mal kompliziert, | |
| ist aber im Grunde nichts anderes als ein etwas ausgefeilteres | |
| Nutzungsgebühr-System. An sogenannten Roadpricing-Konzepten wird derzeit | |
| vielerorts gearbeitet, in Norwegen ist man nicht zufällig schon etwas | |
| weiter. Der Elektroauto-Boom reißt dort nämlich mittlerweile spürbare | |
| Löcher in die Staatskasse. | |
| Zwischen Januar und September 2019 waren 45 Prozent der neuzugelassenen | |
| Pkws E-Autos, gegenüber den entsprechenden Vorjahresmonaten stieg deren | |
| Verkauf um 57,7 Prozent. In Oslo sind mittlerweile 18 Prozent des gesamten | |
| Pkw-Bestands E-Autos, hier lag das Verkaufsplus zum Vorjahr sogar bei 70 | |
| Prozent. | |
| ## Steueraufkommen ist gesunken | |
| Bei E-Autos geht der Fiskus nicht nur an der Tanke leer aus, die | |
| Elektrofahrzeuge sind auch von vielen übrigen Steuern und Abgaben befreit. | |
| Das Aufkommen aus diesen Steuern ist in Norwegen seit 2012 folglich um 17 | |
| Prozent gesunken. Der Autoverkehr und damit die Notwendigkeit für | |
| Verkehrsinfrastrukturinvestitionen sind dagegen gestiegen. | |
| In Oslo gibt es bereits eine breite politische Einigkeit darüber, dass das | |
| bisherige Steuersystem auf jeden Fall revidiert werden muss. Und Fridstrøm | |
| plädiert dafür, dann gleich Nägel mit Köpfen zu machen. In einer | |
| [1][TØI-Studie über gegenwärtige und künftige Autoabgaben] hat er jetzt das | |
| Modell der „Belästigungssteuer“ entwickelt. | |
| Das Prinzip: Jeder Autofahrer bezahlt nicht nur dafür, mit welchem | |
| fahrbaren Untersatz er wie viel Kilometer fährt, sondern auch wann und wo | |
| diese Fahrten stattfinden. In ländlichen Gegenden mit unzureichenden oder | |
| ganz fehlenden öffentlichen Verkehrsmitteln gebe es kaum eine Alternative | |
| zu den eigenen vier Rädern, gleichzeitig sei die Belastung für Natur und | |
| Mitmenschen durch solchen Verkehr dort am geringsten. Hier soll eine | |
| Kilometerabgabe von umgerechnet vielleicht 2 Euro-Cent gelten. | |
| Am anderen Ende der Skala, der Rushhour in den größeren Städten mit einem | |
| breiten Angebot alternativer Transportmittel, würde es auf diese | |
| „Grundgebühr“ einen Aufschlag von 40 oder 50 Cent geben. Bei den Routen | |
| dazwischen sei dann Raum für Abstufungen – je nach dem Verkehrsaufkommen zu | |
| bestimmten Tageszeiten, der von diesem Verkehr ausgehenden Umweltbelastung | |
| und der Belästigung für die Bevölkerung, gemessen an der jeweiligen | |
| Bevölkerungsdichte im fraglichen Verkehrskorridor. | |
| Und natürlich solle bei all dem auch berücksichtigt werden, ob da ein | |
| reines E-Auto, ein E-Hybrid oder ein Verbrenner unterwegs ist. Das alles | |
| kombiniert mit den jeweiligen „technischen Charakteristiken“ der einzelnen | |
| Modelle, also etwa deren Schadstoffausstoß und bei Lkws beispielsweise auch | |
| die Achslast Die Technik, um all dies unter einen Hut zu bringen, gebe es | |
| bereits, betont Fridstrøm. | |
| ## Maut-Land Norwegen | |
| Norwegen ist ein Land, in dem es von [2][Mautzonen, Mautstraßen, | |
| Maut-Tunneln] und -Brücken wimmelt. Was vor Jahrzehnten einmal mit | |
| Mauthäuschen und manueller Bezahlung begonnen hatte, ist längst durch | |
| Systeme der automatischen Kennzeichenerfassung abgelöst worden. | |
| Die meisten Autos haben einen kleinen „AutoPass“-Transponder an der | |
| Windschutzscheibe, über den alle Maut-Passagen registriert und monatlich | |
| abgerechnet werden. Das müsse dann nur noch mit einer elektronischen | |
| Einheit kombiniert werden, die mit einem der globalen | |
| Satellitennavigationssysteme kommuniziere, wie dem US-amerikanischem GPS- | |
| oder dem europäischen Galileo-System, schlägt der Forscher vor. | |
| ## Und der Datenschutz? | |
| Und wo bleibt dabei die Privatsphäre und der Schutz persönlicher Daten? | |
| Keine Gefahr, verspricht Fridstrøm. Es könnten ja im jeweiligen Fahrzeug | |
| beispielsweise Geräte installiert werden, die nicht nur die Bewegungen in | |
| Raum und Zeit registrieren, sondern auch gleich die aufgrund der jeweils | |
| geltenden Kriterien entstehenden Kosten jeder Fahrt berechneten und dann | |
| nur die sich daraus ergebende Summe der monatlichen Steuer weitermeldeten. | |
| Fridstrøm: „Damit würde weder der Abrechnungdienstleister noch die | |
| staatliche Behörde Zugang über die Routen des einzelnen Fahrzeugs | |
| erhalten.“ Wobei allerdings Einzelheiten zur technischen Umsetzung nicht | |
| Aufgabe seiner Studie gewesen sei, bei der es erst einmal um grundlegende | |
| Prinzipien gehe, betont Fridstrøm. | |
| ## Weniger Luftverschmutzung erwartet | |
| Von seinem Roadpricing-Modell, mit dem man der Belastung durch den | |
| Autoverkehr den jeweils konkret passenden Preis geben könne, erwartet er | |
| jedenfalls nicht nur weniger Verkehrsstaus, geringere lokale | |
| Luftverschmutzung und weniger Treibhausgasemissionen. Es werde auch eine | |
| sozial gerechtere Lastenverteilung für den Autoverkehr in städtischen und | |
| ländlichen Gebieten geben, Standort- und damit Wettbewerbsvor- oder | |
| -nachteile von Unternehmen könnten ausgeglichen werden „und eine | |
| effektivere Infrastrukturfinanzierung fällt ganz nebenbei ab“, sagt | |
| Fridstrøm. | |
| 4 Nov 2019 | |
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| [1] https://www.toi.no/getfile.php?mmfileid=51124 | |
| [2] /Mautgegner-in-Norwegen/!5621033 | |
| ## AUTOREN | |
| Reinhard Wolff | |
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