| # taz.de -- Protest gegen neue Abschiebebehörde: Gefängnis und Flughafen anbei | |
| > Der niedersächsische Flüchtlingsrat befürchtet, dass mit der neuen | |
| > Abschiebebehörde in Langenhagen die Zahl der Abschiebungen steigt. | |
| Bild: Wollen keine Verschärfung der niedersächsischen Abschiebepolitik: Demon… | |
| Hamburg taz | Vier Tage nach der Eröffnung der zentralen Abschiebebehörde | |
| im niedersächsischen Langenhagen (LAB) hat sich die Kritik dagegen | |
| unmittelbar vor deren Tür artikuliert: Rund 40 DemonstrantInnen | |
| protestierten unter dem Motto „NEIN zur zentralen Abschiebebehörde“. | |
| Aufgerufen dazu hatte ein Bündnis aus über 50 Organisation, darunter der | |
| Flüchtlingsrat Niedersachsen, die niedersächsische Linke und eine | |
| Hochschulgruppe der Grünen aus Göttingen. | |
| Die neue Außenstelle der LAB liegt in der Nähe eines Flughafens und einer | |
| Abschiebehaftanstalt. Für das Jahr 2019 sind 50 Vollzeitstellen für das | |
| Abschiebezentrum Langenhagen vorgesehen. Die Behörde soll nach und nach auf | |
| 200 Vollzeitstellen ausgebaut werden, um dem Arbeitspensum von ganz | |
| Niedersachsen gerecht zu werden. Bisher lag die Entscheidung über eine | |
| Abschiebung bei den Kommunen. Nun soll die neue Außenstelle nach und nach | |
| Aufgaben rund um die Abschiebung von Migrant*innen übernehmen. | |
| SPD-Innenminister Boris Pistorius folgt damit dem Beispiel von Bayern, | |
| Hessen und Nordrhein-Westfalen, die bereits landesweite Abschiebebehörden | |
| eingerichtet haben. Konkret soll Langenhagen unter anderem die Klärung von | |
| Identität und Beschaffung von Passersatzpapieren sowie die Beantragung der | |
| Abschiebehaft und die Organisation der Abschiebung übernehmen. Aus dem | |
| Innenministerium heißt es: „Ziel ist es, Rückführungen möglichst | |
| rechtssicher für alle Seiten zu gestalten.“ | |
| Kai Weber, Geschäftsführer des Flüchtlingsrats Niedersachsens, befürchtet | |
| eine unpersönliche und maschinelle Abfertigung von Migrant*innen, wenn | |
| Abschiebeverfahren künftig an einer zentralen Stelle behandelt werden. Er | |
| warnt vor einem Anstieg der Abschiebungen: „Hier sehen wir eine | |
| Verschiebung von Willkommenskultur hin zur Beendigung von Aufenthalten.“ | |
| Weber befürchtet, dass eine zentrale Stelle Faktoren, die kurzfristig gegen | |
| Abschiebungen sprechen, nicht ausreichend berücksichtigt: etwa eine | |
| Erkrankung der Abzuschiebenden oder ihrer Angehörigen. Auch eine Trennung | |
| von Familien hält Weber bei einer zentralisierten Behörde für | |
| wahrscheinlicher. Das Innenministerium hingegen kann keine Probleme | |
| erkennen: Der persönliche Kontakt zu den Geflüchteten bleibe durch die | |
| „kommunalen Ausländerbehörden weiterhin bestehen“, heißt es in der Antwo… | |
| auf eine Anfrage der taz. | |
| Laut einem Schreiben der Landesregierung soll die Zentralisierung der | |
| „Erhöhung der Effektivität von Verfahrensabläufen“ dienen. Der | |
| niedersächsische Flüchtlingsrat sieht darin eine neue Verschärfung der | |
| niedersächsischen Abschiebepolitik. Kai Weber kritisiert, dass | |
| Migrant*innen selten Aufenthaltsgenehmigungen bekämen und stattdessen über | |
| viele Jahre nur geduldet würden. | |
| Wer geduldet wird, hat kein Aufenthaltsrecht, kann aber nicht unmittelbar | |
| abgeschoben werden. Solche Menschen bauten sich über Jahre ein Leben in | |
| Deutschland auf, müssten aber jederzeit damit rechnen, abgeschoben zu | |
| werden, wenn sich die Situation in ihrem Heimatland ändert, so beschreibt | |
| es Kai Weber vom Flüchtlingsrat. | |
| Diese Kettenduldungen hält er für fatal: „Es sind eher verstärkte Maßnahm… | |
| zur Integration notwendig und keine zentralen Einrichtungen für | |
| Abschiebungen.“ Derzeit erhalten rund 20 Prozent der Ausreisepflichtigen in | |
| Niedersachsen Kettenduldungen, momentan sind etwa 7.770 Menschen davon | |
| betroffen. | |
| Auch die mangelnde Einbindung in die Vorab-Diskussion über die | |
| Zentralisierung kritisiert der Flüchtlingsrat. Es sei üblich, dass bei | |
| einer grundlegenden Änderung der Gesetzeslage entsprechenden Organisationen | |
| die Entwürfe mit der Bitte um Kommentierung zugeschickt würden. Dies sei in | |
| diesem Fall nicht geschehen. | |
| Zwar verweist ein Sprecher des Innenministeriums darauf, dass die | |
| kommunalen Spitzenverbände „umfassend eingebunden und deren Anregungen | |
| umfänglich gewürdigt“ wurden – doch die vertreten lediglich die Interessen | |
| der Kommunen und nicht die der Migrant*innen. | |
| 5 Jul 2019 | |
| ## AUTOREN | |
| Lukas Scharfenberger | |
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