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# taz.de -- Allianzenbildung vor der EU-Wahl: Bruchstellen statt Brücken
> Die europäischen Rechtspopulisten haben vor, eine Fraktion im
> EU-Parlament zu bilden. Gemeinsame Positionen gibt es aber kaum.
Bild: Auf dem Wachturm der Abschottung – Viktor Orban und Matteo Salvini an d…
Wer der EU zusetzen will, der könnte, zum Beispiel, bei ihrem doppelten
Parlamentssitz anfangen. In einer kafkaesken Routine packen alle 751
Abgeordneten einmal im Monat die wichtigsten Akten in große Truhen, die
aussehen, als enthielten sie Munition. Maximal 30 Kilo dürfen sie wiegen,
wenn die parlamentseigenen Packer anrücken. Diese laden sie in Lkws und
fahren die Kisten in das 440 Kilometer südöstlich von Brüssel gelegene
Straßburg.
Rund 3.000 ParlamentsmitarbeiterInnen reisen dem Konvoi hinterher. Drei
Nächte und vier Tage bleiben sie meist in Straßburg, dann geht es zurück.
Rund 290 Tage im Jahr steht der Parlamentssitz in Straßburg leer. Die
Umzüge kosten mindestens 109 Millionen Euro im Jahr und verursachen im
selben Zeitraum Schätzungen zufolge etwa 20.000 Tonnen CO2. Der einzige
Grund für das als „Wanderzirkus“ geschmähte Hin und Her sind französische
Befindlichkeiten. Es wirkt wie bestellt für Tiraden gegen „Eurokraten“ und
„Brüsseler Eliten“.
Nach letzten Umfragen wird das Potenzial rechter Parteien EU-weit auf etwa
23 Prozent geschätzt – das ergäbe etwa 170 Sitze. EU-Skepsis ist bei allen
Programm. Keine der Kampagnen kommt ohne das aggressiv vorgetragene
Versprechen aus, den „Bürokratensaustall“ Brüssel richtig auszumisten.
Anfang April sitzen vier Männer im Mailänder Nobelhotel Gallia auf einem
Podium. [1][Italiens Innenminister Matteo Salvini, auch Chef der Lega
Nord,] ist dabei, er hatte vollmundig zu dem Treffen geladen, um ein
Bündnis der europäischen Rechtspopulisten vor der Wahl zu verkünden. Doch
bei der Pressekonferenz sind neben Salvini nur AfD-Chef Jörg Meuthen und je
ein Vertreter der Dänischen Volkspartei und der Partei Die Finnen dabei,
sie verkünden die Gründung der Europäischen Allianz der Völker und Nationen
(EAPN).
## Selbst beim Thema Migration nicht einig
Der französische Rassemblement National und die österreichische FPÖ haben
sich der Allianz inzwischen angeschlossen. Doch wie dieses Bündnis nach
der Wahl aussehen soll, ist unklar. Und ob es hält, ist noch lange nicht
ausgemacht. Und dafür gibt es Gründe. Die AfD möchte das EU-Parlament
komplett abschaffen. Die meisten anderen Rechtsparteien haben sich auf den
doppelten Parlamentssitz eingeschossen. Doch mit dem französischen
Rassemblement National ist das nicht zu machen.
Straßburg den Rücken zu kehren wäre ein Schritt zu einem „supranationalen
Europa mit einer einzigen Hauptstadt in Brüssel, einer Stadt der Lobbys und
der nicht gewählten, allmächtigen Kommission“, erklärt die Partei.
Das Beispiel zeigt, wie schwer es die Nationalisten haben, sich auf eine
Linie zu einigen. Durch alle Politikfelder, selbst bei der Migration, sind
die objektiven Interessengegensätze riesig. Die Neigung, diese Gegensätze
demonstrativ auszublenden, ist indes hoch. Bislang waren die rechten
Parteien auf vier Fraktionen aufgeteilt. Gelänge es, künftig einen Block zu
bilden, winken mehr Macht und Einfluss. Also wird Einigkeit beschworen.
Am vergangenen Freitag [2][lädt AfD-Spitzenkandidat Jörg Meuthen] den
Fraktionschef der „eng befreundeten“ FPÖ, Jörg Gudenus, zu einer
Veranstaltung ins baden-württembergische Pforzheim. Bei der Landtagswahl
schaffte es die AfD hier aus dem Stand, einen Direktkandidaten nach
Stuttgart zu schicken.
Die neue, gemeinsame EAPN-Fraktion im EU-Parlament werde „Normalität“
herstellen, betont Gudemus. „Wir wollen, dass Völker weiter bestehen und
der Kontinent nicht islamistisch wird.“ Am Tag davor fliegen Ungarns
Präsident Viktor Orbán und der Lega-Chef Salvini gemeinsam per Hubschrauber
an die ungarisch-serbische Grenze.
## Die EU, eine Umverteilungsmaschine?
Sie steigen auf einen Wachturm und halten feldherrenhaft per Fernglas nach
Menschen Ausschau, die möglicherweise die Grenze illegal überschreiten.
„Wenn die Linken gewinnen, wird Europa ein islamisches Kalifat“, erklärt
Salvini danach. Und Orbán bekräftigt, deshalb wolle man die Brüsseler
Führung entmachten. Doch viel weiter als solche Sprüche geht der kleinste
gemeinsame Nenner der Rechtspopulisten kaum.
Das fängt beim Geld an. Die EU ist eine Umverteilungsmaschine. 17 der 28
EU-Staaten profitieren finanziell davon. Die besonders EU-kritisch
regierten Länder Ungarn und Polen etwa bekamen 2017 zusammen fast 12
Milliarden Euro mehr aus Brüssel, als sie eingezahlt haben.
Geht es etwa nach der FPÖ, ist damit Schluss: Die wirtschaftlichen
Ungleichgewichte der einzelnen Volkswirtschaften versuche die EU durch
indirekte Ausgleichszahlungen wettzumachen, heißt es in ihrem „Handbuch
freiheitlicher Politik“. Diese seien „abzulehnen“.
Auch die AfD beklagt, die EU versuche, durch Umverteilung gleichwertige
Wirtschaftsbedingungen herzustellen. „Dieses Ziel hat sich als unerreichbar
herausgestellt.“ Die mit im Schnitt 65 Milliarden Euro jährlich
ausgestatteten sogenannten Kohäsionsfonds, aus denen etwa der
Schienenausbau oder umweltfreundliche Energieprojekte subventioniert
werden, will sie ersatzlos streichen.
Die rechten Parteien in den von den Fonds begünstigten Ländern wie
Bulgarien, Estland, Griechenland, Kroatien, Lettland, Litauen, Polen, der
Slowakei und der Tschechischen Republik dürften das kaum mittragen.
Ähnlich verhält es sich mit dem Euro. Die AfD beklagt, die Europäische
Zentralbank (EZB) pumpe aus den reichen EU-Staaten „jeden Tag“
Milliardensummen an notleidende Staaten, etwa durch zu billige Kredite –
nach Meinung der AfD ist das „illegal“. Tatsächlich profitieren alle
Staaten von den EZB-Transfers, deutsche Banken ganz besonders. Außerdem, so
behauptet die AfD, bereite die EZB die „schleichende Abschaffung“ des
Bargelds vor. Die AfD will deshalb die „Transferunion“ aufkündigen und die
„nationale Währung wiedereinführen“.
## „Schluss mit dem Euro“
Im Europawahl-Programm des Rassemblement National steht, dass der „Euro,
wie er heute funktioniert, eindeutig den Interessen Deutschlands auf Kosten
der meisten anderen Länder der Eurozone dient“. Analysten aber haben
festgestellt, dass die „Euroxit“-Drohungen Le Pen im Wahlkampf 2017
geschadet haben. Den Ausstieg aus dem Euro fordert ihre Partei deshalb
nicht mehr.
Auch die FPÖ will nur noch die „Fehlinterpretation“ des Euro durch die EZB
beenden – die südeuropäischen Länder dürften keine billigen Kredite der E…
mehr bekommen. Tatsächlich hat die EZB im Euroraum die Zinsen gedrückt –
worauf Krisenländer wie Italien unbedingt angewiesen sind.
[3][Italiens Innenminister Salvini hat lange davon gesprochen], dass er den
Euro loswerden will. Doch am Tag der Regierungsübernahme der Lega wurde die
„Basta Euro“-Parole – „Schluss mit dem Euro“ – an der Parteizentrale
übermalt. Nachdem er sich im Streit mit der EU-Kommission durchgesetzt hat
und das Land nun satte 2,4 Prozent des Haushalts an neuen Schulden
aufnehmen durfte, ist von einem Euro-Ausstieg Italiens erst recht nichts
mehr zu hören.
Denn der würde die Schulden für Italien völlig unkalkulierbar machen – und
Salvinis Regierung würde wohl nicht nur für ihre Sozialprogramme das Geld
ausgehen.
Der österreichische [4][Kanzler Sebastian Kurz, der gemeinsam mit der FPÖ
regiert,] war während des Haushaltsstreits EU-Ratsvorsitzender. Er habe für
Italiens Ausgabepläne „kein Verständnis“, erklärte er damals. „Wir wer…
sicherlich nicht für die Schulden und populistischen Wahlversprechen
anderer bezahlen.“ Italien gefährde sich selbst und andere, die EU sei
„nicht gewillt“, dieses Risiko zu übernehmen. AfD-Fraktionschefin Alice
Weidel twitterte schlicht: „Die spinnen, die Römer!“
Weit näher als in Finanzfragen stehen sich Europas Rechte in Sachen
Migration, sollte man meinen. Durch die Bank warnen sie in ihren
Wahlkämpfen vor einer angeblich drohenden Invasion. Lega, FPÖ,
Rassemblement National, AfD und fast alle anderen rechten Parteien wollen,
wenn überhaupt, nur wenige ausgewählte Fachkräfte nach Europa lassen.
## AfD will alle Grenzen „sofort schließen“
In Polen sieht man das anders. Hier fehlen Hunderttausende Arbeitskräfte,
im Jahr 2030 könnten es nach verschiedenen Studien rund vier Millionen
sein. Dabei hat die rechtspopulistische PiS-Regierung allein 2016 insgesamt
586.000 erste Aufenthaltsgenehmigungen an BürgerInnen von Nicht-EU-Staaten
erteilt – mehr als jeder andere EU-Mitgliedstaat, außer Großbritannien. Die
meisten Visa gingen an UkrainerInnen, rund eine Million befinden sich im
Land.
Doch weil diese nun oft nach Westeuropa weiterziehen, hat das
Arbeitsministerium in Warschau begonnen, ArbeiterInnen von den Philippinen
anzuwerben. Der stellvertretende Arbeitsminister Stanisław Szwed verwies
auf die „kulturelle Nähe“ beider Länder – „insbesondere durch die
katholische Konfession“. Auch mit Vietnam und Nepal sind Anwerbeabkommen in
Arbeit.
Einen ganz ähnlichen Dissens gibt es in der Frage, wie mit Flüchtlingen
umgegangen werden soll. Die AfD will alle Grenzen „sofort schließen“. Sie
lehnt jede gemeinsame EU-Asylpolitik ab und pocht auf nationale
Souveränität in Migrationsfragen. Das sehen fast alle anderen
Rechtsparteien genauso. Brüssel soll keine Umsiedlung von Asylbewerbern
innerhalb der Europäischen Union anordnen dürfen.
Die rechten Regierungen der Slowakei und Ungarns haben sogar gegen die
einmalige Umverteilung der Flüchtlinge aus dem Jahr 2015 beim Europäischen
Gerichtshof geklagt. Sich durch ein reformiertes Dublin-System womöglich
Flüchtlinge von Brüssel zuweisen zu lassen lehnen sie ab. Besonders die
Visegrád-Gruppe ist in dieser Frage kompromisslos.
Damit liegen fast alle Rechtsparteien der EU mit Italien über Kreuz. Das
Land will, das in dem Land ankommende Flüchtlinge per
Umverteilungsmechanismus abgenommen werden, Salvini hat sich davon nie
distanziert. Er sehe nicht, was am geltenden Dublin-System europäisch sei,
sagte Salvini kurz nach seiner Wahl. „Wenn jemand in Europa denkt, dass
Italien weiter ein Flüchtlingslager sein muss, irrt er sich. Italien will
nur den Italienern helfen.“ Die gemeinsame Asylpolitik der EU, die die
Kommission will, ist wegen dieses Gegensatzes im Rat blockiert.
## Verhältnis zu Russland strittig
Als Salvini und Meuthen Anfang April in Mailand ihre Allianz EAPN
vorstellten, halfen sich die beiden mit der Behauptung, dass niemand mehr
nach Europa kommen werde, „wenn sich erst mal herumgesprochen hat, dass es
keinen Weg mehr hinein gibt“. Entsprechend habe sich dann auch das
Umverteilungsproblem erledigt. Tatsächlich ist die Vorstellung, die Grenzen
komplett schließen zu können, eine Illusion.
Insgesamt ist unklar, wie Europa aussehen sollte, wenn es nach den Rechten
geht. Die Formel, auf die sich alle einigen, ist das „Europa der Nationen“.
Aber was das genau heißt, darüber gehen die Meinungen weit auseinander. Die
Idee einer europäischen Verteidigungsunion etwa, wie sie Deutschland und
Frankreich seit einiger Zeit mit Nachdruck verfolgen, fand schon früh bei
der ungarischen Fidesz Anklang. Auch die polnische PiS kann sich damit
unter gewissen Vorbehalten anfreunden.
AfD, FPÖ, RN und die italienische Lega lehnen die Schaffung einer
europäischen Armee hingegen ab. Für die Lega, die PiS und die Fidesz ist
auch klar, dass ihre Länder nicht aus der EU austreten sollen. Auch die
Französin Le Pen will Frankreich in einer „reformierten“ EU belassen. Die
AfD hingegen hat den „Austritt als letzte Option“ im Wahlprogramm fixiert.
Strittig ist auch das Verhältnis zu Russland. AfD und FPÖ etwa wollen die
wegen der Annexion der Krim verhängten EU-Sanktionen aufheben lassen. Ihre
Vertreter reisen auf die Krim oder nach Russland, reden im Staats-TV über
Freundschaft mit Russland oder geben sich als Beobachter für dubiose Wahlen
her. Jüngst zeigten geleakte Mails, aus denen der Spiegel berichtete, wie
viel Einfluss Moskau auf AfD-Abgeordnete zu haben glaubt.
Der Jungparlamentarier Markus Frohnmaier könne ein „unter unserer absoluten
Kontrolle stehender Abgeordneter“ werden, hieß es dort. Die FPÖ hat 2016
ein Partnerschaftsabkommen mit Putins Partei Einiges Russland
unterzeichnet, ein ähnliches Abkommen hat auch die Lega. Eine enge
Verbindung zu Putin pflegt auch Ungarns Premier Viktor Orbán: Die beiden
treffen sich regelmäßig – und haben viel zu besprechen.
Russland liefert Gas, Erdöl und nukleare Brennelemente nach Ungarn. Für
Russland ist Ungarn zudem ein wichtiger Partner im Kampf gegen die
Nato-Integration der Ukraine. Das Rassemblement National schließlich hat
sich vor der letzten EU-Wahl neun Millionen Euro in Russland geliehen.
## Oft ist von Heimat die Rede
Diese Phalanx der Putin-Freunde gefällt der polnischen PiS überhaupt nicht.
Sie unterstützt die Sanktionen des Westens gegen Russland. Aus historischen
Gründen und aufgrund der geopolitischen Lage wird Russland in Polen sowie
im Baltikum mit Argwohn betrachtet. Gerade seit der Annexion der Krim und
dem Krieg in der Ukraine sind die Ängste groß vor einer russischen
Aggression. Die PiS schafft es, diese für sich zu nutzen.
Gleichzeitig stellt sie sich als Anwalt der kleinen Leute dar. Sie hat ein
Kindergeld eingeführt, das Renteneintrittsalter gesenkt und ein
Wohnungsbauprogramm gestartet – und dadurch große Unterstützung bekommen.
Auch andere setzen auf Sozialpolitik von rechts: In Italien hat die
Regierung mit Lega-Beteiligung eine Grundsicherung für Arbeitslose
einegführt. Das Rassemblement National in Frankreich gibt sich teils wie
eine linke Partei – sie fordert einen höheren Mindestlohn, will die
Finanzmärkte regulieren und Steuern für Reiche erhöhen.
[5][Auch Viktor Orbán hat sozialpolitische Maßnahmen beschlossen]. Doch es
gilt: Nur wer so lebt, wie die Regierung will, profitiert von den
Maßnahmen. Wer Sozialleistungen erhält, kann zur Arbeit gezwungen werden.
Und mit staatlichen Leistungen versucht die Fidesz, Frauen zu motivieren,
möglichst viele Kinder zu bekommen.
Andere Rechtsparteien machen neoliberale Politik, auch wenn sie sich selbst
anders darstellen. Die FPÖ etwa hat den 12-Stunden-Tag eingeführt, obwohl
dagegen Hunderttausende demonstriert haben. Die als marktradikale Partei
gegründete AfD ist heute in der Wirtschafts- und Sozialpolitik tief
gespalten: Die einen, wie AfD-Chef Meuthen und Fraktionschefin Weidel,
finden den neoliberalen Kurs der FPÖ richtig und lehnen die Linie des
Rassemblement National als quasi-sozialistisch ab.
Gleichzeitig gibt es vor allem in Ostdeutschland eine starke Strömung, die
die AfD als Partei der ArbeitnehmerInnen aufstellen will. Weil der Riss in
der Sozial- und Wirtschaftspolitik oft mitten durch die Parteien geht,
werden die Rechtspopulisten große Schwierigkeiten haben zu bestimmen, was
für ein Europa sie wollen: ein neoliberales – oder eines mit völkischer
Sozialpolitik.
„Nur weil wir eine gemeinsame Fraktion bilden, verschmelzen die Parteien ja
nicht. Deshalb gibt es Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede,“ sagt
Meuthen, wenn man ihn zu den Widersprüchen im rechten Lager befragt.
Dort ist oft von Heimat die Rede, von Vaterländern und angestammten
Grenzen. Was gern übersehen wird, ist, dass diese Grenzen oft gar nicht so
angestammt sind. Südtirol ist so ein Fall. Im September kam heraus, dass
eine Kommission der ÖVP-FPÖ-Regierung in Wien an einem Gesetzestext
arbeitet, nach dem die rund 70 Prozent der deutschsprachigen Bewohner
Südtirols die österreichische Staatsbürgerschaft erhalten können sollen.
## Eine historische Wunde
„Das ist im Regierungsprogramm festgeschrieben“, bekräftigte die
FPÖ-Außenministerin Karin Kneissl am Montag. Rom nannte den Plan einen
„feindseligen Akt“ mit „unruhestiftender Wirkung“. Österreich musste
Südtirol nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg 1918 gegen seinen Willen an
Italien abtreten.
Ähnliches Konfliktpotenzial bergen die ungarischen Grenzen. 1920 verlor
Ungarn mit dem Friedensvertrag von Trianon zwei Drittel seines damaligen
Territoriums an Österreich, die Tschechoslowakei, Rumänien und das
SHS-Königreich, das spätere Jugoslawien.
Diese historische Wunde instrumentalisiert Premierminister Orbán mit
Vorliebe, so führte er etwa einen neuen Feiertag ein: Seit 2010 gedenken
die Ungarn nun am 4. Juni, dem „Tag des nationalen Zusammenhalts“, des
Unheils, das der Vertrag von Trianon ihnen brachte. Dass Orbán zudem etwa
2,5 Millionen Auslandsungarn, die als Minderheit in den Nachbarstaaten
leben, Doppelstaatsbürgerschaft und Wahlrecht geschenkt hat, kam bei den
Nachbarn schlecht an.
Orbán ist nicht der Einzige, der alte Fronten aufreißt: Die FPÖ will die
Beneš-Dekrete aufheben, und dafür „alle in Betracht kommenden rechtlichen
Mittel“ ergreifen. Die Tschechische Republik und Slowenien sollen
enteignete Güter von „Sudetendeutschen, Deutsch-Untersteirern und
Mießtalern restituieren“ – was Nationalisten in Tschechien wütend
zurückweisen. Die polnische Regierungsartei PiS will, dass Deutschland
weitere Kriegsreparationen zahlt.
Polens Präsident Andrzej Duda sagte, dies sei „kein erledigtes Thema“. Ein
Parlamentsausschuss, den die PiS eingesetzt hat, bezifferte die Forderung
auf 690 Milliarden. Die AfD lehnt dies strikt ab – und stimmte 2017 auch
gegen ein Denkmal für die polnischen Opfer des Nationalsozialismus.
„Wie erbärmlich ist das, diese Forderungen nach Reparationszahlungen an
Griechenland?“, fragte bei dem Treffen in Pforzheim AfD-Fraktionschefin
Alice Weidel. „Wir zahlen und zahlen und haben am Ende sogar noch den Spott
und Hass unsrer Nachbarn.“
Mitarbeit: Benno Stieber
7 May 2019
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