# taz.de -- Auswirkungen der Urheberrechtsreform: Glückliche Verlage, uneinige… | |
> Die Reform ist ein klarer Sieg für kleine und große Verlage. Auch | |
> Schriftsteller:innen-Verbände zeigen sich zufrieden, während | |
> Selfpublisher verlieren. | |
Bild: Internet- und Buchgeschäft sollen durch die Reform zu einem harmonischen… | |
[1][Mit der vergangene Woche verabschiedeten Reform] können die Buchverlage | |
zufrieden sein. Sie werden [2][durch die neue EU-Richtlinie] finanziell | |
gestärkt. Auf den ersten Blick verlieren jedoch die Autor:innen. Sie müssen | |
zugunsten der Verlage auf einen Teil der Tantiemen verzichten, die ihnen | |
die Verwertungsgesellschaft Wort (VG Wort) bisher auszahlte. | |
Trotzdem haben sich viele Schriftstellerverbände für die Reform | |
ausgesprochen. So verweist Valentin Döring, Bundesgeschäftsführer der | |
Schriftsteller:innen bei ver.di, als Fürsprecher der Reform auf das dritte | |
Kapitel, in dem „faire Verträge für Künstler“ festgelegt sind. Die heiß | |
umkämpfte Urheberrechtsreform – sie ist auch in der Literaturszene | |
umstritten. | |
Grundsätzlich sollen große Online-Plattformen die Urheber:innen durch die | |
Reform gerechter an ihren Gewinnen beteiligen. Der Journalist und | |
Herausgeber der Website literaturcafe.de, Wolfgang Tischer, kritisiert aber | |
die finanziellen Nachteile für Kreative durch Artikel 16. Dieser Artikel | |
schafft die Rechtsgrundlage für eine Verlagsbeteiligung. Autor:innen müssen | |
künftig Tantiemen mit ihrem Verlag teilen, wenn die Richtlinie in | |
nationales Recht gegossen wird. Viele Autor:innen, mit denen Tischer | |
gesprochen habe, hätten das nicht verstanden und stattdessen die Reform | |
unterstützt. „Es wird ihnen aber klar werden, wenn sie sehen, dass die | |
Ausschüttung von der VG Wort niedriger ist“, sagt der gelernte Buchhändler. | |
Um das zu verstehen, lohnt sich der Blick [3][in die juristische | |
Vergangenheit dieser Debatte]. Zuletzt verteilte die VG Wort als gemeinsame | |
Vertretung der Urheber:innen die Ausgleichsgebühren, zum Beispiel von | |
Bibliotheken, direkt an Autor:innen und Übersetzer:innen. Das war nicht | |
immer so. Jahrelang bekamen auch Verlage einen Anteil, weil das Lektorieren | |
eines Textes oder die juristische Unterstützung ebenso zu Entstehung eines | |
Werkes beitrage wie das Schreiben und Übersetzen an sich. | |
## Schriftsteller:innen zeigen sich solidarisch | |
Belletristikverlage erhielten rund ein Drittel der Tantiemen. [4][Doch 2016 | |
entschied der Bundesgerichtshof (BGH), dass eine pauschale Beteiligung der | |
Verlage nicht rechtens sei.] Nach dem Urteil gaben viele Autor:innen – | |
besonders solche, die sich gut betreut fühlten – freiwillig die Einnahmen | |
an ihren Verlag ab. Was Tischer stört: Durch Artikel 16 kehrt die | |
„Zwangsabgabe“ zurück. | |
Nina George, Schriftstellerin und Beisitzerin des Präsidiums im | |
PEN-Zentrum, spricht sich hingegen für die Verlagsbeteiligung aus und damit | |
auch für die Reform. Die VG Wort sei mit den Verlagen verhandlungsstärker | |
als ohne sie. „Das ist langfristig lukrativer für Autorinnen und Autoren“, | |
sagt George. Nur gemeinsam könnten Verlage und Autor:innen etwas gegen | |
internationale Giganten wie Google erreichen, ergänzt Susanne Schüssler, | |
Leiterin des Wagenbach-Verlags und Sprecherin in der VG Wort. Sie hat für | |
die Reform gekämpft. Und auch „die Mehrheit der Autorinnen und Autoren ist | |
überzeugt, dass die Verlage wichtige Arbeit leisten“. | |
Bekannte Autor:innen unterstützten die Reform zudem, weil sie durch Artikel | |
17 auf Mehreinnahmen hoffen, meint Tischer. Darin steht, dass | |
Online-Plattformen mit den Verwertungsgesellschaften Lizenzen abschließen | |
müssen, so wie YouTube sich bereits mit der GEMA geeinigt hat. Schüssler | |
sieht darin auch für die Leser:innen einen Vorteil: „Die Nutzer können | |
nicht belangt werden, weil es Bezahlmodelle gibt.“ | |
Tischer prognostiziert jedoch zähe Verhandlungen zwischen Plattformen und | |
VG Wort. Noch herrsche viel Unklarheit: „Es gibt keine Zahlen dazu, | |
wieviele urheberrechtlich geschützte Textbeiträge auf Facebook oder anderen | |
Plattformen gegen den Willen von Autoren gepostet wurden.“ | |
## Uploadfilter schaden eigenen Veröffentlichungen | |
Der einzige große Verband, der sich klar gegen die Reform ausgesprochen | |
hat, war der deutsche Selfpublisher-Verband. Dieser besteht seit 2015 aus | |
rund 500 Autor:innen, die ohne Verlag veröffentlichen. Wegen Artikel 17 | |
haften künftig die Plattformen, auf denen unabhängige Autor:innen ihre | |
Werke hochladen, für diese Inhalte. [5][Upload-Filter können das Material | |
auf Urheberrechtsverletzungen hin automatisch prüfen, sind aber | |
fehleranfällig]. „Als unabhängige Kreative ohne eigene Rechtsabteilung sind | |
Selfpublisher folglich den privaten Filterbetreibern ausgeliefert“, heißt | |
es in der Pressemitteilung des Selfpublisher-Verbands. | |
Auch für Schüssler ist die Reform an dieser Stelle ein Kompromiss: „Ich | |
teile die Auffassung, dass Upload-Filter nicht das Gelbe vom Ei sind.“ | |
31 Mar 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Richtlinie-zum-Urheberrecht/!5582962 | |
[2] https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/ALL/?uri=CELEX%3A52016PC0593 | |
[3] /Entscheidung-bei-der-VG-Wort/!5357528 | |
[4] /Mehr-Geld-fuer-Autoren/!5302804 | |
[5] /Archiv-Suche/!5575475&s=Uploadfilter&SuchRahmen=Print/ | |
## AUTOREN | |
Elisabeth Nöfer | |
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