# taz.de -- Umstrittenes EU-Urheberrecht: Es kommt auf Deutschland an | |
> Justizministerium und Kanzleramt einigen sich nicht auf eine Erklärung | |
> zum Urheberrecht. Wenn sich die Regierung enthält, scheitert die Reform. | |
Bild: Irgendwie auch die Position der SPD: Demonstrant in Berlin im März | |
Freiburg taz | Es läuft denkbar schlecht für die SPD. Wenn am Montag im | |
EU-Ministerrat über die [1][umstrittene EU-Urheberrechtsreform] abgestimmt | |
wird, ist das keine Formsache. Vielmehr kommt es auf die Stimme | |
Deutschlands an, ob die Reform in Kraft tritt oder vorerst scheitert. Und | |
federführend für das deutsche Votum ist Justizministerin Katarina Barley, | |
zugleich SPD-Spitzenkandidatin bei der Europawahl. | |
Die eigentliche Abstimmung findet am Montag ohne Aussprache im | |
Agrarministerrat statt. Deutschland wird dort durch | |
Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) vertreten. Die Weisung zur | |
Abstimmung wird ihr aber Justizministerin Barley erteilen, weil sie | |
innerhalb der Bundesregierung [2][für das Urheberrecht zuständig] ist. | |
Am 26. März hat bereits das Europäische Parlament [3][der Reform | |
zugestimmt]. Die Abstimmung im Rat, dem Gremium der Regierungen, sollte | |
eigentlich unspannend werden, denn bisher gab es dort eine eindeutige | |
Mehrheit. Unter dem Druck der Kritiker sind nun aber einige EU-Staaten | |
umgeschwenkt, zuletzt Schweden und Estland. Wie eine Abstimmung im | |
Ausschuss der Ständigen Vertreter (AStV) in Brüssel am Donnerstag zeigte, | |
kommt es nun wirklich auf das dicke Stimmenpaket Deutschlands an. Wenn | |
Deutschland mit Nein stimmt oder sich enthält, ist die Reform gescheitert. | |
Über die „EU-Richtlinie für das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt“ wi… | |
schon seit drei Jahren diskutiert. Besonders umstritten ist Artikel 17 | |
(Ex-Artikel 13), der die urheberrechtliche Verantwortung von | |
Upload-Plattformen wie Youtube oder Facebook einführt. Diese sollen mit den | |
großen Verwertungsgesellschaften der Urheber, etwa der Gema oder der VG | |
Wort, Lizenzvereinbarungen schließen und dafür sorgen, dass keine | |
unlizensierten Inhalte hochgeladen werden. | |
Kritiker um die ehemalige Piraten-Abgeordnete [4][Julia Reda sagen], die | |
erforderlichen Uploadfilter seien so aufwändig, dass nur große Konzerne | |
sich die Investition leisten können. Außerdem sei eine derartige Software | |
nicht in der Lage, Parodien, Memes und Remixes zu erkennen. Letztlich sei | |
also auch die Meinungs- und Kunstfreiheit bedroht. | |
## SPD stimmte mehrheitlich gegen Reform | |
Die SPD-Abgeordneten im Europaparlament haben mehrheitlich gegen das | |
Projekt gestimmt. Justizministerin Barley will aber trotz eigener Bedenken | |
zustimmen, um die komplizierte Reform nicht zu gefährden. In einer in | |
dieser Woche veröffentlichten Umfrage unter 18 bis 24-jährigen Wählern | |
stürzte die Zustimmung für die SPD daraufhin binnen eines Monats von 14 | |
Prozent auf 8 Prozent. | |
Anfang April kündigte Barley an, Deutschland werde im EU-Ministerrat eine | |
Protokollerklärung abgeben, um zu zeigen, wie man die Bedenken der Kritiker | |
bei der Umsetzung der Richtlinie in deutsches Recht berücksichtigen wird. | |
In einem ersten fünfseitigen Entwurf der Erklärung, der der taz vorliegt, | |
hieß es, „Ziel“ bei der Umsetzung sei es „ohne das Instrument | |
‚Uploadfilter‘ auszukommen“. Wie das konkret gelingen soll, ist noch | |
unklar. | |
Eigentlich sollte die Protokoll-Erklärung an diesem Freitag veröffentlicht | |
werden. Doch Kanzleramt und Justizministerium verhandelten am frühen | |
Freitagabend immer noch. Nach taz-Informationen ist Hauptstreitpunkt, ob | |
die EU-Kommission zu Nachbesserungen in einem neuen Gesetzgebungsverfahren | |
aufgefordert werden soll. | |
Der Streit ist allerdings vor allem symbolisch. Die deutsche | |
Protokollerklärung hat keine rechtliche Bedeutung, auch nicht bei der | |
Interpretation der Richtlinie. Die Protokollerklärung entspricht eher einer | |
Erläuterung zum Abstimmungsverhalten. | |
Große Bedeutung hätte der Streit um die Protokollerklärung nur dann, wenn | |
er am Ende dazu führt, dass Deutschland am Montag gar nicht abstimmt und | |
sich damit der Stimme enthält. Denn dann wäre die Urheberrechtsreform | |
vorerst gescheitert. | |
12 Apr 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Richtlinie-zum-Urheberrecht/!5582962 | |
[2] /Kolumne-Gehts-noch/!5583211 | |
[3] /Richtlinie-zum-Urheberrecht/!5582962 | |
[4] /Julia-Reda-verlaesst-die-Piratenpartei/!5584011 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
## TAGS | |
Katarina Barley | |
EU-Urheberrechtsreform | |
Große Koalition | |
Uploadfilter | |
Schwerpunkt Urheberrecht | |
Schwerpunkt Urheberrecht | |
Schwerpunkt Urheberrecht | |
Uploadfilter | |
Urheberrecht | |
Schwerpunkt Urheberrecht | |
Katarina Barley | |
Schwerpunkt Verbrecher Verlag | |
Uploadfilter | |
Schwerpunkt Europawahl | |
EU-Urheberrechtsreform | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Lösung für Streit um Online-Plattformen: Ende der Grauzone | |
Justizministerium plant Umsetzung der EU-Urheberrechtsreform: Youtube | |
braucht Lizenzen oder Filter. | |
Urteil zu Afghanistan-Leaks: BGH wohl gegen „Zensurheberrecht“ | |
Im Fall der „Afghanistan-Papiere“ zeichnet sich nun ein Urteil ab: Ein | |
Erfolg für die Pressefreiheit liegt dabei in der Luft. | |
Urheberrecht in der EU: Dialog gegen Upload-Filter | |
Der Streit um das europäische Urheberrecht brachte der Großen Koalition | |
heftigen Gegenwind. Jetzt werden Nachbesserungen angestrebt. | |
Kommentar EU-Urheberrechtsreform: Danke für nichts | |
Der EU-Ministerrat einigt sich auf eine Lösung ohne rechtliche | |
Konsequenzen. Alle Befürchtungen zum Uploadfilter werden beiseite gewischt. | |
Reform des Urheberrechts: EU-Staaten stimmen mehrheitlich zu | |
Deutschland hat der Reform im EU-Ministerrat zugestimmt. Eine | |
Protokollerklärung betont hehre Ziele und lässt deren Umsetzung weitgehend | |
offen. | |
EU-Urheberrechtsreform in Deutschland: Showdown um Uploadfilter im Netz | |
Wenn die Bundesregierung sich nicht einigt, droht die | |
EU-Urheberrechtsreform zu scheitern. Uploadfilter schließt der | |
Koalitionsvertrag aus. | |
Kolumne Geht's noch: Barley weiß nicht, was sie will | |
Bundesjustizministerin Katarina Barley ist gegen Upload-Filter. Aber für | |
die Reform, die diese mit sich bringt. Wie passt das zusammen? | |
Auswirkungen der Urheberrechtsreform: Glückliche Verlage, uneinige Autoren | |
Die Reform ist ein klarer Sieg für kleine und große Verlage. Auch | |
Schriftsteller:innen-Verbände zeigen sich zufrieden, während Selfpublisher | |
verlieren. | |
Debatte EU-Urheberrechtsreform: Filter sind eine Chance, keine Zensur | |
Manipulieren uns Google und Facebook? Merken würde das niemand. Die | |
EU-Urheberrechtsreform kann die Chance sein, uns zu wehren. | |
Julia Reda verlässt die Piratenpartei: „Für mich absolut inakzeptabel“ | |
Piraten-Abgeordnete Julia Reda wirft ihrem Ex-Büroleiter sexuelle | |
Belästigung vor. Weil er bei der Europawahl antritt, verlässt sie die | |
Partei. | |
Richtlinie zum Urheberrecht: EU-Parlament stimmt Reform zu | |
Das EU-Parlament debattiert noch einmal hitzig über die neue Richtlinie zum | |
Urheberrecht – und stimmt dann mit großer Mehrheit dafür. |