# taz.de -- Lösung für Streit um Online-Plattformen: Ende der Grauzone | |
> Justizministerium plant Umsetzung der EU-Urheberrechtsreform: Youtube | |
> braucht Lizenzen oder Filter. | |
Berlin taz | „Uploadfilter werden weithin überflüssig.“ Das verspricht | |
Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) für die jetzt anstehende | |
Umsetzung der EU-Urheberrechtsnovelle. Lambrecht legte am Mittwoch einen | |
„Diskussionsentwurf“ für die Behandlung von Plattformen wie Youtube vor, | |
der einige innovative Ideen enthält. | |
Bei der vor einem Jahr beschlossenen EU-Urheberrechtsnovelle geht es vor | |
allem um die Einnahmen von Youtube und ähnlichen Plattformen, auf die die | |
Nutzer Musik und Filme hochladen. | |
Bisher kassiert im Wesentlichen die Plattform die Werbeeinnahmen, während | |
die Kreativwirtschaft nach ihrer Ansicht viel zu wenig abbekommt. Künftig | |
wird Youtube nicht mehr als neutraler Dritter behandelt, sondern als | |
„Diensteanbieter“, der selbst dafür verantwortlich ist, dass nur noch | |
urheberrechtlich zulässige Inhalte angeboten werden. | |
Damit wird die Verhandlungsposition der Musikwirtschaft verbessert. Wenn | |
Youtube weiter Musik anbieten will, muss der Anbieter angemessene | |
Lizenzverträge mit den Plattenfirmen und der Urhebervertretung Gema | |
abschließen. | |
## Wer kostenlos parodieren will, muss das anzeigen | |
Diese Lizenzen nutzen indirekt auch den Nutzern, die Musik hochladen. Was | |
bisher in einer Grauzone war, ist künftig legal. Wenn Youtube für einen | |
Lady-Gaga-Song eine Lizenz hat, kann jeder Schüler und jede Großmutter | |
diesen Song so oft hochladen, wie er oder sie mag. | |
Anders als die Musikwirtschaft ist aber die Filmbranche nicht daran | |
interessiert, dass ihre Filme bei Youtube laufen. Die Filme sollen vielmehr | |
in Kinos oder auf Plattformen wie Netflix exklusiv angeboten werden. | |
Youtube muss künftig verhindern, dass solche Filme hochgeladen werden. Hier | |
kommen also doch Uploadfilter zum Einsatz. | |
Damit die Uploadfilter aber keine legalen Nutzungen von geschütztem | |
Material blockieren, haben sich Lambrechts Experten etwas Innovatives | |
überlegt. Wer einen Song oder Film parodieren oder zitieren will, kann dazu | |
auch geschütztes Material nutzen, muss es aber Youtube anzeigen | |
(pre-flaggen). | |
Dann lässt der Filter das Material erst mal durch und blockt es nicht ab. | |
So soll die Meinungsfreiheit geschützt werden. Nur „offensichtlich | |
rechtswidrige“ Uploads sollen trotz Flag geblockt werden, etwa wenn jemand | |
einen vollen Kinofilm als „Zitat“ ausgibt. | |
## Grundsatz: Vergüten statt verbieten | |
Außerdem sollen die Filter so eingestellt werden, dass Bagatellnutzungen | |
von nicht lizensiertem Material möglich bleiben. Jeder kann so für eigene | |
Inhalte (user generated content) bis zu 20 Sekunden eines Songs oder eines | |
Films sowie bis zu 1.000 Zeichen eines Textes verwenden, ohne dass der | |
Filter den Upload des neuen Contents verhindert. | |
Die Idee für diese Bagatellgrenze kam ursprünglich von der CDU. Sie soll | |
allerdings nur für nichtkommerzielle Zwecke gelten, also zum Beispiel nicht | |
für Profi-Youtuber. Nach dem Motto „Vergüten statt verbieten“ erhalten die | |
Urheber des Bagatellmaterials einen finanziellen Ausgleich, der über | |
Verwertungsgesellschaften wie die Gema erhoben und verteilt wird. | |
Auch für kleine Upload-Plattformen gibt es gute Nachrichten. | |
Kleinstplattformen (etwa für Kochrezepte) mit Umsatz bis 1 Million Euro pro | |
Jahr, müssen keine Filtertechnik anwenden. Sie müssen sich also nicht bei | |
den Branchengrößen teure Software einkaufen. | |
Aus Angst vor Uploadfiltern, die die Meinungsfreiheit behindern, waren bei | |
der Verabschiedung der EU-Urheberrechtsnovelle Zehntausende auf die Straße | |
gegangen. Die damalige Wortführerin, die Ex-Piratin Julia Reda, arbeitet | |
jetzt für die Gesellschaft für Freiheitsrechte und bewertet den Entwurf | |
Lambrechts vorsichtig positiv: „Der Vorschlag will große Teile der | |
Netzkultur legalisieren.“ | |
Lambrecht will die Neuerungen nicht ins traditionelle Urheberrechtsgesetz | |
einbauen, sondern ein neues Gesetz schaffen, das | |
Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz, kurz „UrhDaG“. Bis Ende Juli sollen | |
nun die relvanten Verbände angehört werden. | |
Bis 7. Juni 2021 muss das Gesetz dann beschlossen sein, so die EU-Vorgabe. | |
Einen ersten Diskussionsentwurf zum Leistungsschutzrecht für | |
Zeitungsverleger hatte Lambrecht bereits im Januar diesen Jahres | |
vorgestellt. | |
24 Jun 2020 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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