# taz.de -- Neues Urheberrecht und Uploadfilter: Einfach rausgefiltert | |
> Das Bundeskabinett beschließt einen Entwurf für das neue Urheberrecht. | |
> Dass es nun doch Uploadfilter geben soll, bricht einmal mehr ein | |
> Versprechen. | |
Bild: Demonstration gegen Uploadfilter im März 2019 in Berlin | |
Ja, vielleicht ist sie wirklich unmöglich, die Quadratur des Kreises: ein | |
Urheberrechtsgesetz, das sowohl Künstler:innen als auch Nutzer:innen | |
– die ja heute teilweise identisch sind – gleichermaßen glücklich macht | |
und, na ja, auch die die Rechte verwertenden Unternehmen nicht komplett | |
außen vor lässt. Aber ein bisschen mehr Ambitionen, den Kreis in Richtung | |
Quadrat zu formen, hätte die Bundesregierung schon zeigen können bei der | |
Novelle des Urheberrechts, die sie diese Woche beschlossen hat. | |
Was bisher geschah: Die EU hat 2019 das Urheberrecht reformiert, weil es in | |
seiner alten Version mehr mit Magnetbändern und Steintafeln als mit | |
Streamingplattformen und Memes zu tun hatte. Die EU-Mitgliedstaaten müssen | |
die neuen Regeln nun umsetzen. Doch weil die EU keine Verordnung, sondern | |
nur eine Richtlinie beschlossen hat, haben die Staaten dafür Spielräume. | |
Diese Spielräume können sie nutzen, um die Regeln zu verschärfen oder zu | |
lockern oder zu spezifizieren. Oder einfach, um – verwegener Gedanke – ein | |
Versprechen einzuhalten, das vor einigen Jahren gegeben wurde. Nämlich: | |
Uploadfilter wird es nicht geben. Das hatte die CDU im Jahr des | |
EU-Beschlusses zugesagt, als Reaktion auf eine massive Protestwelle von | |
Nutzer:innen, die damals europaweit gegen die Details der | |
EU-Urheberrechtsreform auf die Straße gingen. | |
Uploadfilter sind vor allem deshalb so umstritten, weil Algorithmen hier | |
eine Entscheidung übernehmen sollen, die eigentlich ein Mensch treffen | |
müsste. So sollen sie urheberrechtlich geschütztes Material erkennen, und – | |
zum Beispiel – ein Video, in dem dieses Material rechtswidrig verwendet | |
wird, schon beim Hochladen sperren. | |
## Keine Unterscheidung zwischen Raubkopie und Parodie | |
Die Probleme dabei sind zahlreich: Algorithmen können beispielsweise nicht | |
erkennen, ob ein Videoausschnitt, ein Bild oder eine Textpassage keine | |
illegale Raubkopie, sondern Teil einer völlig legalen Parodie ist. Oder | |
eines Zitats. Zudem passierte es schon in der Vergangenheit, dass | |
Fernsehsender ihr gesamtes gesendetes Material in den Urheberrechtsfilter | |
einspeisten – ohne zu prüfen, ob sie auch an allem die Rechte haben. | |
Die Bundesregierung hätte die Filter damals eigentlich schon auf EU-Ebene | |
verhindern können und sollen, hat das aber nicht getan. Stattdessen gab es | |
eine [1][Posse um eine komplett unverbindliche Protokollnotiz], die | |
sinngemäß sagte: Uploadfilter sollten vermieden werden, falls sich das | |
einrichten lässt. Das war bequem, sollte vermutlich guten Willen gegenüber | |
den Nutzer:innen zeigen und gleichzeitig die Industrie nicht verärgern. | |
Dass es bei der Umsetzung der EU-Richtlinie in deutsches Recht anders | |
werden wird – hat das eigentlich die CDU selbst geglaubt? | |
## Als wäre die CDU eine Oppositionspartei | |
Wer es nachlesen will: Der Satz [2][„Es wird keine Uploadfilter geben“ | |
steht heute noch so auf der Website der Partei]. Darüber ein aktuelles | |
Update von dieser Woche, in dem es heißt: „Unser Anliegen, Uploadfilter | |
komplett unnötig zu machen, konnten wir nicht vollständig umsetzen.“ Was | |
ein bisschen lustig ist, weil es klingt, als wäre die CDU eine kämpferische | |
Oppositionspartei oder maximal ein kleiner Koalitionspartner, der sich halt | |
im Zweifelsfall dem großen beugen muss. | |
Entsprechend ist auch die Rezeption im Internet eher fassungsloses | |
Kopfschütteln. Die maximale Länge, dass ein Text in der Regel nicht | |
automatisch gesperrt werden darf, wurde von ursprünglich vorgeschlagenen | |
1.000 auf 160 Zeichen gesenkt. Ein Tweet kann länger sein. Die ehemalige | |
Europaabgeordnete Julia Reda weist darauf hin, dass selbst der volle Name | |
der EU-Urheberrechtsrichtlinie 220 Zeichen lang ist. | |
## Hoffnung jetzt auf dem Bundestag | |
Und noch eine Verschärfung: Die Nutzung fremden Materials für eine | |
Karikatur, eine Parodie oder ein Pastiche soll nur dann legal sein, wenn | |
sie „in ihrem Umfang durch den besonderen Zweck gerechtfertigt ist“. Was so | |
ein Zweck sein soll? Tja. | |
Weil Großdemonstrationen bis auf Weiteres ausfallen, beruht die Hoffnung | |
jetzt auf dem Bundestag: dass die Abgeordneten im Gesetzgebungsprozess | |
zumindest die jüngsten Verschärfungen wieder zurückdrehen. Falls nicht, | |
weisen Verbraucherschützer:innen bereits auf einen letzten möglichen | |
Ausweg hin: den Europäischen Gerichtshof. | |
4 Feb 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Kommentar-EU-Urheberrechtsreform/!5585167 | |
[2] https://www.cdu.de/artikel/kompromiss-zum-urheberrecht-keine-uploadfilter | |
## AUTOREN | |
Svenja Bergt | |
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