# taz.de -- Kabinett beschließt Urheberrecht: Youtubes Reichtum besser verteil… | |
> Die Bundesregierung setzt die EU-Urheberrechtsreform um – und schützt | |
> kommerzielle und nicht-kommerzielle Kreative. Es gibt einen „roten | |
> Knopf“. | |
Bild: KünstlerInnen und Kreativwirtschaft sollen künftig von Youtubes Werbeer… | |
BERLIN taz | KünstlerInnen und Kreativwirtschaft sollen an den | |
[1][Werbeerlösen von Youtube und ähnlichen Plattformen besser beteiligt] | |
werden. Das ist das Ziel eines Gesetzentwurfs „zur Anpassung des | |
Urheberrechts“ an den digitalen EU-Binnenmarkt, den das Bundeskabinett am | |
Mittwoch beschlossen hat. Die Regierung will damit [2][die umstrittene | |
EU-Urheberrechtsreform von 2019] umsetzen. | |
Internetangebote wie Youtube werden künftig nicht mehr als neutrale | |
Plattformen behandelt, sondern als „Diensteanbieter“. Das heißt, Youtube | |
ist dann verpflichtet, hochgeladene Musik und Filmausschnitte zu vergüten. | |
Die UrheberInnen, DarstellerInnen und sonstigen RechteinhaberInnen sollen | |
angemessen von Youtubes Werbeerlösen mitprofitieren. Schließlich locken | |
ihre Inhalte erst das Publikum an, dessen Aufmerksamkeit sich dann über den | |
Verkauf von Werbeclips versilbern lässt. | |
Dabei sind die Interessen der Musik- und der Filmwirtschaft durchaus | |
unterschiedlich. Musikfirmen freuen sich, wenn ihre Hits auch bei Youtube | |
rauf und runter gespielt werden. Die allermeiste Musik bei Youtube ist | |
heute schon lizensiert. Das heißt: Youtube zahlt dafür heute schon an die | |
Gema, die die Komponisten vertritt, und an die Plattenfirmen, die die | |
Einnahmen dann mit den MusikerInnen teilen. | |
Dagegen legt die Filmwirtschaft auf exklusive Vermarktung über Kinos und | |
Streamingdienste wert. Sie will verhindern, dass die teure Ware | |
gleichzeitig umsonst bei Youtube zu sehen ist. Vor allem hier werden – wie | |
auch bisher schon – Uploadfilter zum Einsatz kommen. Justizministerin | |
Christine Lambrecht (SPD) hatte zwar ursprünglich versprochen, sie wolle | |
die [3][bei vielen Nutzern verhassten Uploadfilter] nach Möglichkeit | |
vermeiden. Das ist aber kaum möglich, wenn man die Filmfirmen nicht | |
rechtlos stellen will. | |
## Bei Texten 160 Zeichen frei | |
Stattdessen hat sich Lambrecht nun darauf konzentriert, auch die Rechte der | |
nichtkommerziellen NutzerInnen zu schützen. Soweit diese lizensiertes | |
Material hochladen – insbesondere Musik – hat Youtube dafür ja ohnehin | |
schon bezahlt. Aber auch bei nicht-lizensierten Inhalten, etwa | |
Filmschnipseln, soll es künftig eine Bagatell-Grenze von 15 Sekunden geben. | |
Bei Texten sollen 160 Zeichen frei sein. Solche Schnipsel muss jeder Filter | |
künftig passieren lassen. | |
Bei größeren nicht-lizensierten Inhalten kommt es darauf an, was die | |
NutzerInnen damit machen. Wenn sie diese für ein Zitat, eine Parodie oder | |
eine Montage nutzen, dann ist die kreative Bearbeitung geschützt. Die | |
NutzerInnen müssen Youtube nur signalisieren (flaggen), dass es sich hier | |
um einen erlaubten Gebrauch handelt. Auch dann muss der Filter den Upload | |
erlauben. | |
Damit dieses Flagging nicht missbraucht wird, können allerdings | |
RechteinhaberInnen, zum Beispiel Filmfirmen, erzwingen, dass ein | |
offensichtlich unerlaubter Inhalt sofort gelöscht wird. Dazu führt | |
Lambrecht einen roten Knopf („red button“) ein. Dieser rote Knopf kann zum | |
Beispiel zum Einsatz kommen, wenn ein Nutzer mehr als die Hälfte eines | |
Kinofilms bei Youtube hochlädt und damit erheblichen wirtschaftlichen | |
Schaden anrichtet. Wer als Rechteinhaber allerdings den roten Knopf | |
mehrfach missbraucht, um erlaubte Uploads von der Plattform löschen zu | |
lassen, verliert dieses Blockaderecht. | |
Justizministerin Lambrecht glaubt, dass sie damit die Interessen von | |
Kreativwirtschaft und privaten NutzerInnen gerecht austariert hat. Immerhin | |
muss Youtube auch für die Bagatell-Uploads von nicht-lizensierten Inhalten | |
bezahlen, ebenso für die erlaubten Nutzungen wie Parodien. Aber das ist nur | |
konsequent, denn gerade die kreative Bearbeitung fremder Inhalte macht | |
Youtube ja so attraktiv und schafft damit ein wertvolles Werbeumfeld. | |
## Unklar, für welche Plattformen | |
Noch unklar ist allerdings, für welche Plattformen neben Youtube das Gesetz | |
überhaupt gelten soll. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass nur solche | |
Upload-Plattformen in die Pflicht genommen werden, die mit Online-Anbietern | |
wie Spotify oder Netflix konkurrieren. Doch schon bei Twitter und Facebook | |
ist dies zweifelhaft. Solche sozialen Netzwerke dienen weniger dem Upload | |
fremder Inhalte, sondern vor allem der Präsentation des eigenen Lebens und | |
der eigenen Meinung. | |
Der Gesetzentwurf wird nun vom Bundestag beraten und muss – so die | |
EU-Vorgabe – bis spätestens Juni beschlossen sein. | |
3 Feb 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Loesung-fuer-Streit-um-Online-Plattformen/!5691346 | |
[2] /Julia-Reda-ueber-EU-Urheberrecht/!5707989 | |
[3] /Urheberrecht-in-der-EU/!5596618 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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