# taz.de -- Urheberrechtsreform und VG Wort: Lecker Tantiemen für Verlage | |
> Seit 2016 durften Autorinnen und Autoren die Tantiemen der VG-Wort | |
> komplett behalten. Was sich nach der EU-Urheberrechtsreform ändern wird. | |
Bild: Wie groß wird der Anteil für Verlage künftig sein? Das musst neu ausge… | |
Die Verleger werden bald wieder fest an den Einnahmen der | |
Verwertungsgesellschaft (VG) Wort beteiligt. Das ist eine Folge der | |
EU-Urheberrechtsreform, die im Europäischen Parlament vorige Woche | |
beschlossen wurde und über die der EU-Ministerrat voraussichtlich am 15. | |
April abstimmt. Die Verlegerbeteiligung war in der öffentlichen Wahrnehmung | |
ganz vom [1][Streit über die sogenannten Uploadfilter überdeckt worden]. | |
Konkret geht es um Ansprüche für Nutzungen, die gesetzlich erlaubt sind, | |
für die aber die VG Wort eine gesetzlich vorgesehene Vergütung einzieht, | |
etwa bei Bibliotheken oder den Herstellern von Pressespiegeln. Als | |
Ausgleich für das Recht auf private Kopien zahlen auch die Produzenten von | |
Kopiergeräten eine Abgabe an die VG Wort. Im Jahr 2017 hat die VG Wort so | |
rund 292 Millionen Euro eingenommen. Sie vertritt über 400.000 Autoren und | |
mehr als 10.000 Verlage. | |
Bis 2016 erhielten neben den Urhebern auch ihre Verlage jeweils einen | |
Anteil von bis zu 50 Prozent an den VG-Wort-Erlösen. Dann entschied jedoch | |
der Bundesgerichtshof (BGH), dass die Einnahmen allein den Autoren | |
zustehen, denn nur sie sind die Urheber. Erstritten hatte das Urteil der | |
Jurist Martin Vogel, der hier als Urheber klagte, weil er auch schon | |
Sachbücher veröffentlicht hat. Die VG Wort musste daraufhin den (nur unter | |
Vorbehalt ausbezahlten) Verlegeranteil für die Jahre 2012 bis 2015 | |
zurückfordern. Insbesondere kleinere Verlage sahen ihre Existenz bedroht. | |
Vor allem der Börsenverein des Deutschen Buchhandels forderte die | |
schnellstmögliche Rückkehr zur Verlegerbeteiligung. Unterstützt wurde er | |
von den meisten Autoren- und Journalistenverbänden. Sie fürchteten, dass | |
sich die Verlage aus der VG Wort zurückziehen und diese dann stark an | |
Bedeutung verlieren würde. „Wir können deutlich bessere Ergebnisse | |
erzielen, wenn Urheber und Verlage Schulter an Schulter verhandeln“, sagte | |
etwa Verdi-Vize Frank Werneke. Dagegen forderten Martin Vogel und der | |
Verband „Freischreiber“, der freie Journalisten vertritt, [2][dass die VG | |
Wort-Einnahmen weiter nur den Autoren zustehen sollen.] | |
## Unliebsames Urteil | |
Der Bundestag hätte das BGH-Urteil am liebsten sofort durch eine Änderung | |
des Urheberrechtsgesetzes ausgehebelt. Das ging aber nicht, weil das | |
Urheberrecht weitgehend durch EU-Recht vorgegeben ist. Und der Europäische | |
Gerichtshof (EuGH) hatte schon 2015 entschieden, dass die gesetzlichen | |
Vergütungsansprüche nur den Urhebern zustehen. | |
Ende 2016 beschloss der Bundestag daher nur eine Behelfslösung im Gesetz | |
über die Verwertungsgesellschaften (Paragraf 27a), die heute noch gilt. | |
Danach können Autoren zustimmen, dass die Verleger an den gesetzlichen | |
Ansprüchen beteiligt werden. Innerhalb der VG Wort wurde aber ein anonymes | |
Verfahren beschlossen, sodass die Verlage nicht erfahren, welcher Autor | |
ihnen einen Anteil abtritt und wer die VG-Wort-Erlöse für sich behält. Wohl | |
nur bei kleinen Verlagen hat ein relevanter Anteil von Autoren von dieser | |
Möglichkeit Gebrauch gemacht. Bei Zeitungsjournalisten gibt es das so gut | |
wie nie. | |
Auf Initiative der Bundesregierung findet sich nun aber in der geplanten | |
EU-Richtlinie über das „Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt“ eine Art | |
Öffnungsklausel (Artikel 16, ehemals Artikel 12). Danach dürfen die | |
Mitgliedstaaten in ihren nationalen Gesetzen eine Beteiligung der Verleger | |
an den gesetzlichen Vergütungsansprüchen erlauben. | |
Die Bundesregierung wird davon ziemlich sicher Gebrauch machen. Im | |
Koalitionsvertrag ist von einer „zeitnahen Regelung“ der | |
Verlegerbeteiligung die Rede. Der Bundestag hat zwei Jahre Zeit zur | |
Umsetzung der komplizierten Reform, es kann aber gut sein, dass die | |
Verlegerbeteiligung vorweg in einem separaten Gesetz beschlossen wird. | |
Konkrete Ankündigungen gibt es aber noch nicht. Wie hoch der | |
Verleger-Anteil in den einzelnen Sparten (Presse, Belletristik, Sachbücher, | |
Kinderbücher) jeweils sein wird, werden vermutlich wie früher Autoren und | |
Verleger in den Gremien der VG Wort aushandeln. | |
2 Apr 2019 | |
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## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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