| # taz.de -- Verhandlung am Bundesgerichtshof: Verlage kämpfen um VG-Wort-Gelder | |
| > Er will nicht mit den Verlagen teilen. Deshalb kämpft ein Autor vor dem | |
| > Bundesgerichtshof darum, alle VG-Wort-Einnahmen selbst einzustreichen. | |
| Bild: Nur „Bundesgerichtshof“ ist ein zu kurzer Text um dafür Gelder von d… | |
| Darf die Verwertungsgesellschaft Wort (VG Wort) ihre Einnahmen nur an | |
| Autoren ausschütten? Oder kann sie wie bisher auch die Verlage beteiligen? | |
| Das sollte jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) entscheiden, doch das Urteil | |
| verzögert sich. | |
| Die VG Wort besteht schon seit 1958 und wird gemeinsam von über 400.000 | |
| Autoren und rund 11.000 Verlagen getragen. Sie macht Urheberrechte immer | |
| dort geltend, wo der einzelne Buchautor oder Journalist überfordert wäre - | |
| zum Beispiel gegenüber Bibliotheken und den Erstellern von Pressespiegeln. | |
| Auch streicht sie die Abgaben ein, die die Hersteller von Kopierern und | |
| Laserdruckern zahlen müssen, weil mit ihren Geräten Privatkopien von | |
| geschützten Werken angefertigt werden. Die VG Wort verteilt das | |
| eingenommene Geld dann an Autoren und Verlage. Je nach Textart bekommen | |
| Verlage 30 bis 50 Prozent der ausgeschütteten Gelder. Im Schnitt erhalten | |
| sie so rund 30 Millionen Euro pro Jahr. | |
| Dagegen klagte 2011 der Münchener Urheberrechtsexperte Martin Vogel, der | |
| regelmäßig Bücher schreibt und insofern auch Autor ist. Ihm geht es nicht | |
| ums Geld, sondern ums Prinzip. Sein Vater war ein Journalist, der kaum über | |
| die Runden kam. Bei Urheberrechtsreformen hat sich Vogel deshalb regelmäßig | |
| für die Stärkung der Autoren eingesetzt, oft im Auftrag des | |
| Justizministeriums. Seine Klage sieht das Ministerium nun aber ebenso | |
| kritisch, wie die Urheberrechtsverbände. Bisher waren nämlich die große | |
| Mehrheit der Beteiligten mit dem partnerschaftlichen Modell der VG Wort | |
| durchaus zufrieden. | |
| Juristisch beruft sich Vogel darauf, dass eben nur die Autoren Inhaber des | |
| Urheberrechts seien. Ihnen stünden die Einnahmen der VG Wort deshalb | |
| ungeschmälert zu. Die Verlage argumentieren, dass ihnen die Autoren | |
| Nutzungsrechte übertragen haben. Vogel hält das jedoch für unzulässig. Die | |
| entsprechende Norm im Urheberrechtsgesetz (63a) müsse einschränkend | |
| ausgelegt werden. | |
| ## Die Verlage verloren und verloren | |
| Bisher hatte Vogel mit seiner Klage gegen die VG Wort Erfolg. Das | |
| [1][Landgericht München] und auch das dortige Oberlandesgericht gaben ihm | |
| Recht. Insbesondere kleine Verlage sehen sich seither in ihrer Existenz | |
| bedroht. Die VG Wort ging deshalb in Revision zum BGH. Im Dezember 2014 | |
| verhandelte der BGH erstmals über die Sache, setzte das Verfahren jedoch | |
| aus, um auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu warten. Der | |
| EuGH war gerade mit einer ähnlichen Sache aus Belgien befasst. | |
| Im November 2015 beanstandete der EuGH ein belgisches Gesetz, das die | |
| dortige Verwertungsgesellschaft Reprobel verpflichtete, einen Teil ihrer | |
| Einnahmen an die Verlage auszuschütten. Die Verlage hätten nach EU-Recht | |
| kein eigenes Urheberrecht. Danach schien die Verhandlung des BGH an diesem | |
| Dienstag nur noch eine Formsache zu sein. Ein Erfolg von Martin Vogel | |
| schien so gut wie sicher. | |
| Doch die VG Wort und die Verlage gaben nicht auf. „Das Reprobel-Urteil ist | |
| nicht auf Deutschland übertragbar“, erklärte Thomas Winter, der Anwalt der | |
| VG Wort. In Belgien sei es um ein Gesetz gegangen, während in Deutschland | |
| die Autoren per Vertrag Rechte an die Verlage abtreten. Dazu habe der EuGH | |
| „überhaupt nichts“ gesagt, betonte Winter. | |
| Vogels Anwalt, Thomas von Plehwe, hielt das EuGH-Urteil aber durchaus für | |
| übertragbar. Es stehe schließlich in einer Reihe ähnlicher EuGH-Urteile, | |
| die alle das gleiche Ziel hätten: „Die Vergütung darf den Urhebern nicht | |
| vorenthalten werden.“ | |
| ## Nächster Schritt im April | |
| Der Vorsitzende BGH-Richter Wolfgang Büscher ließ in der zweistündigen | |
| Verhandlung erkennen, dass er die Sache noch nicht für entscheidungsreif | |
| hält. Wie es weiter geht, will der Senat am 21. April verkünden. Vermutlich | |
| wird der BGH den deutschen Fall nun doch dem EuGH vorlegen, damit dieser | |
| sich auch zur deutschen Rechtslage äußern kann. | |
| Die Ausschüttung der VG Wort an Autoren ist von dem Rechtsstreit bisher | |
| nicht berührt. Dagegen bekommen die Verlage seit November 2015 nichts mehr; | |
| ihr Anteil wird auf einem Sperrkonto gelagert. Außerdem hält sich die VG | |
| Wort die Rückforderung der seit 2012 ausgezahlten Gelder vor. | |
| Unter dem Druck der Verlage hat sich inzwischen auch Justizminister Heiko | |
| Maas (SPD) in die Diskussion eingeschaltet. Mit der Kulturbeauftragten | |
| Monika Grütters (CDU) schrieb er im Februar an die EU-Kommission und bat | |
| diese bei der Neuregelung des EU-Urheberrechts um eine Öffnungsklausel. | |
| Damit will er das deutsche Modell, das in Europa als vorbildlich gelte, | |
| retten. | |
| „Gemeinsame Verwertungsgesellschaften schaffen in vielen Mitgliedstaaten | |
| einen Rahmen für Verleger und Autoren, nicht nur um Vergütungsansprüche | |
| wahrzunehmen, sondern auch, um viele Alltagsfragen bei der Nutzung | |
| urheberrechtlich geschützter Werke einvernehmlich und pragmatisch zu | |
| klären. Dies sollte auch in Zukunft möglich bleiben!“, forderte Maas. | |
| Bisher gibt es keine Signale, dass der zuständige EU-Kommissar Günther | |
| Oettinger (CDU) den Vorschlag aufgreift. Laut Justizministerium ist eine | |
| nationale Regelung nicht möglich. | |
| 10 Mar 2016 | |
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| ## AUTOREN | |
| Christian Rath | |
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