# taz.de -- Urteil des Bundesverwaltungsgerichts: Auf die Wohnung kommt es an | |
> Kläger ohne Fernseher und Radio wollen den wohnungsbezogenen | |
> Rundfunkbeitrag nicht bezahlen. Keine Chance, sagen die Leipziger | |
> Richter. | |
Bild: Nach Schätzung aus Klägerkreisen verweigern rund 25.000 Menschen die Be… | |
Der seit 2013 geltende Rundfunkbeitrag ist mit dem Grundgesetz vereinbar. | |
Das stellte jetzt das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig fest. Auch | |
Personen, die kein Empfangsgerät besitzen, müssen 17,50 Euro pro Monat für | |
den öffentlich-rechtlichen Rundfunk bezahlen. | |
Früher wurden ARD, ZDF und Deutschlandfunk über die Rundfunkgebühr | |
finanziert. Diese musste jeder bezahlen, der ein empfangsbereits Fernseh- | |
oder Radiogerät besaß. Seit 2007 gelten auch internetfähige Computer als | |
Empfangsgerät. Da mit dem Aufkommmen von Smartphones der Begriff des | |
Empfangsgeräts immer schwammiger wurde, entschlossen sich die Länder zu | |
einer Reform. 2013 wurde die Rundfunkgebühr durch den Rundfunkbeitrag | |
ersetzt, der pro Wohnung bezahlt wird. Auch eine vierköpfige WG zahlt nur | |
einmal Rundfunkbeitrag. | |
Das Bundesverwaltungsgericht hatte nun über die Klagen von 18 Personen zu | |
entscheiden, die den Rundfunkbeitrag gar nicht bezahlen wollen. Sie machten | |
vor allem geltend, dass sie keinerlei Empfangsgerät besitzen. Nach | |
Schätzung aus Klägerkreisen verweigern bundesweit rund 25 000 Menschen die | |
Beitragszahlung. | |
Wie in den Vorinstanzen scheiterten die Kläger nun aber auch in Leipzig. | |
Der Vorsitzende Richter Werner Neumann stellte fest, dass der Staatsvertrag | |
der Länder, in dem der Rundfunkbeitrag eingeführt wurde, nicht gegen die | |
Verfassung verstößt. | |
## Die entscheidende Frage | |
So könne der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht mehr grundsätzlich in | |
Frage gestellt werden, betonte Neumann. Das Bundesverfassungsgericht habe | |
ihm eine „Bestands- und Entwicklungsgarantie gegeben“, weil er wichtig für | |
die Demokratie ist. Damit verbunden sei auch eine „Finanzierungsgarantie“. | |
Der Finanzbedarf werde regelmäßig durch eine unabhängige Kommission (KEF) | |
festgestellt. | |
Die Kläger machten geltend, dass der Rundfunkbeitrag eigentlich eine Steuer | |
sei, weil er ohne Gegenleistung erhoben werde. Für eine derartige Steuer | |
seien aber nicht die Bundesländer zuständig, weshalb der Staatsvertrag | |
nichtig sei. Die Richter folgten dem aber nicht. Die Gegenleistung für den | |
Rundfunkbeitrag bestehe in der Möglichkeit, den öffentlich-rechtlichen | |
Rundfunk zu nutzen. Anders als bei einer Steuer fließe das Aufkommen auch | |
nicht in den allgemeinen Haushalt, sondern direkt an ARD und Co. | |
Die entscheidende Frage war, ob der Rundfunkbeitrag an der Wohnung | |
festgemacht werden könnte. Die Kläger argumentierten, mit einer Wohnung | |
allein könne man weder fernsehen noch Radio hören. Das Gericht sah die | |
Wohnung dennoch als geeigneten Anknüpfungspunkt, weil der Inhaber leicht | |
festzustellen sei. Ob jemand ein Rundfunkgerät besitze, sei dagegen schwer | |
festzustellen, vor allem seit auch Laptops, Tablets und Smartphones als | |
Rundfunk-Empfangsgerät gelten. | |
## Schutzpatron Verfassungsgericht | |
Nach statistischen Daten, so Neumann, sei in 97 Prozent aller Wohnungen ein | |
Fernseher vorhanden, in 96 Prozent ein Radio und in 77 Prozent ein | |
Computer. Maximal drei Prozent der Bevölkerung hätten also gar kein | |
Empfangsgerät. Sie durften laut Gericht dennoch zum Rundfunkbeitrag | |
herangezogen werden, weil der Gesetzgeber „typisieren“ darf. „Die Erhebung | |
des Rundfunkbeitrags ist ein Massengeschäft, bei dem nicht viel ermittelt | |
werden muss“, sagte Richter Neumann. „Wer wirklich kein Empfangsgerät hat, | |
zahlt jetzt die Zeche dafür, dass sich früher so viele um die | |
Rundfunkgebühr gedrückt haben.“ | |
Die Kläger können gegen das Leipziger Urteil noch Verfassungsbeschwerde | |
einlegen. Die Erfolgsaussichten in Karlsruhe sind aber gering, da sich das | |
Bundesverfassungsgericht als Schutzpatron des öffentlich-rechtlichen | |
Rundfunks versteht. | |
In Leipzig wird es aber auch noch weitere Prozesse um den Rundfunkbeitrag | |
geben. Zum einen ist noch offen, ob die Inhaber einer Zweitwohnung zweimal | |
Rundfunkbeitrag bezahlen müssen. Zum anderen liegen bereits mehrere Klagen | |
von Unternehmen vor, die die Berechnung des Beitrags für Betriebsstätten | |
angreifen. Nach dem neuen Modell werden Firmen mit wenigen großen | |
Betriebsstätten gegenüber Unternehmen mit vielen kleinen Betriebsstätten | |
bevorzugt. Darüber will das Bundesverwaltungsgericht im Herbst entscheiden. | |
Az.: 6 C 6.15 u.a. | |
18 Mar 2016 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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