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# taz.de -- Debatte um Mietendeckel in Berlin: Mietendeckel, aber wie?
> Der Senat hält sich über die rechtliche Machbarkeit eines Mietendeckels
> noch bedeckt. Befürworter diskutieren gleichzeitig längst über konkrete
> Konzepte.
Bild: Teilnehmer einer Kundgebung unter dem Motto „Zusammen gegen #Mietenwahn…
Er wolle das für sich „eindeutig einordnen“, schickt der Regierende
Bürgermeister Michael Müller seiner Ansage voraus: „Wenn es eine gute
Chance gibt, diesen Mietendeckel anzuwenden, werden wir ihn anwenden.“
Darauf folgt bei der Fragerunde am Donnerstag im Abgeordnetenhaus
mittelstarker Applaus.
Weniger euphorisch hatte zuvor Bausenatorin Katrin Lompscher (Linke)
Nachfragen zum Thema beantwortet: „Die rechtlichen Auffassungen, die uns
derzeit bekannt sind, lassen keine abschließende Einschätzung zu“, sagte
Lompscher. Für kommenden Dienstag werde sie dem Senat aber ein Papier als
Besprechungsgrundlage vorlegen. Nach dem [1][Fachbeitrag von Jurist Peter
Weber] vom November und einem [2][Gastbeitrag von SPD-Politikern] im
Tagesspiegel vom Januar beauftragte Lompscher ein externes Gutachten, auf
das derzeit alle warten.
Einige der Abgeordneten nahmen am Abend zuvor bei einer Zusammenkunft in
der Evangelischen Elisabeth Klinik teil. Dort wurde über die Frage des „Ob“
und „Wie“ eines Mietendeckels diskutiert. Zu diesem Treffen hatte der
Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein (RAV) Juristen aus den
Bereichen des Zivil- und Verwaltungsrechts, die Senatsverwaltungen für
Stadtentwicklung und jene der Justiz sowie Vertreter der drei Berliner
Koalitionsparteien, den Deutschen Mieterbund und den Berliner Mieterverein
eingeladen. Rund 40 Personen – darunter auch Interessierte aus anderen
Städten wie Hamburg, in denen der Mietendeckel diskutiert wird –, lauschten
Vorträgen von Experten und diskutierten über zwei Fragen: Ist ein
Mietendeckel juristisch möglich? Wenn ja, wie?
Das Treffen fand unter Ausschluss der Presse statt. Mehrere Teilnehmer
berichteten der taz, dass sich ein Großteil der Gekommenen bei der ersten
Frage einig gewesen sei: Ein öffentlich-rechtlicher und auf Landesebene
beschlossener Mietendeckel sei möglich, das zivile Mietrecht stehe dem
nicht im Weg. Unter den Teilnehmern war auch Peter Weber, der Autor des
juristischen Fachbeitrags aus der JuristenZeitung im November, der die
Debatte um einen Mietendeckel auf Landesebene ins Rollen gebracht hatte.
Auch Max Putzer, Autor des [3][letzten juristischen Beitrags], der Anfang
März in der Neuen Zeitschrift für Verwaltungsrecht erschienen ist,
referierte aus seinem Aufsatz „Ein Mietendeckel für Berlin. Zur
Zuständigkeit der Länder für ein Mietpreisrecht“. Die Rechtsauffassungen
beider Juristen widerspricht [4][Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes
des Bundestags] vom Januar und Februar, wonach ein Mietendeckel auf
Landesebene nicht möglich sei, weil der Bund in diesem Bereich bereits mit
der Mietpreisbremse interveniert habe.
## Die eigentliche Frage
Obwohl die juristische Frage also derzeit nicht abschließend geklärt ist,
diskutierten die Teilnehmer des Mietendeckel-Treffens in der Evangelischen
Elisabeth Klinik bereits darüber, wie ein konkretes Konzept für einen
Mietendeckel aussehen könnte.
Modelle, die bei dem Treffen diskutiert wurden, reichten von einem
„Mietenstopp“ – das heißt einem Einfrieren der Mietpreise zu einem
bestimmten Stichtag –, bis zur Ausrichtung des Deckels am
Durchschnittseinkommen, der Durchschnittsmiete oder dem Mietenspiegel.
Gesprochen wurde auch über Härtefallregelungen für Vermieter. Vertreter der
drei Koalitionsparteien äußerten sich positiv über den Austausch. Zugleich
betonten sie, dass viele Debatten um die Ausgestaltung noch ausstünden.
Gaby Gottwald (Linke), Mitglied des Ausschusses für Stadtentwicklung und
Wohnen, bezeichnete die Diskussion als „sehr produktiv“, wies gleichzeitig
darauf hin, dass der Mietendeckel „eine neue Konstruktion“ sei, mit der man
zu tun habe. Die Grundfrage, ob ein Mietendeckel in Berlin politisch
gewollt ist, scheint für sie beantwortet, so Gottwald. „Jetzt müssen wir
versuchen, einen Weg zu finden, um die Idee zu operationalisieren.“
Was passiert, wenn das ausstehende Gutachten ihrer Parteigenossin, der
Senatorin für Stadtentwicklung, negativ ausfällt? „Das kann keine
Denkbarriere für uns sein“, antwortete die Linkenpolitkerin Gottwald auf
diese Frage. Sie kann sich vorstellen, dass die Senatsverwaltung als
nächstes eine Expertenkommission zum Thema Mietendeckel einsetzt.
Tatsächlich schloss auch Bausenatorin Lompscher eine solche Kommission in
der Fragerunde am Donnerstag nicht aus: „Ich bin ja bekanntlich
Stadtplanerin und keine Juristin, deshalb ist es mir außerordentlich
angenehm, wenn wir juristischen Sachverstand über die Senatsverwaltungen
hinaus hinzuziehen“, sagte sie. Wie man diesen Kreis nenne, sei
zweitrangig.
## Viele Rechtsauffassungen
Für Kilian Wegner, SPD Berlin-Mitte und Mitautor des
Tagesspiegel-Gastbeitrags, der die Debatte weiter angeregt hatte, ist die
Frage der Machbarkeit neben einer juristischen, vor allem eine politische.
Über die negativen Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags
und einem möglichen negativen Gutachten der Senatsverwaltung sagt er: „Das
sind eine oder zwei Rechtsauffassungen von vielen. Am Ende werden das
Abgeordnetenhaus und die Koalition entscheiden.“ Juristische Restzweifel
könnten letztlich nur vor dem Landes- oder Bundesverfassungsgericht geklärt
werden, so Wegner. Neben der Frage der Kompetenz von Bund und Ländern geht
es in der juristischen Auseinandersetzung auch um die Frage, inwiefern ein
Mietdeckel Eigentumsrechte der Vermieter verletzen würde.
Katrin Schmidberger, wohnungspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion,
diskutierte am Mittwochabend auch mit. Im Gespräch mit der taz betonte sie,
es sei ihr wichtig, dass ein möglicher Mietendeckel flächendeckend
eingesetzt werde und nicht nur in Teilgebieten der Stadt. Bei der Befragung
des Senats am Donnerstag pochte sie auf einen konkreten Zeitplan. Aus
zweierlei Gründen, wie sie sagt: Einerseits bestehe die Gefahr, dass das
Vorhaben immer weiter aufgeschoben werde. Andererseits, um den
Berlinerinnen und Berlinern eine realistische Erwartungshaltung zu
ermöglichen. „Durch Medien ist eher der Eindruck entstanden, als wären wir
kurz davor. Ich sehe das anders, ich glaube wir brauchen länger“,
begründete Schmidberger im Abgeordnetenhaus ihre Nachfrage. Ihr idealer
Zeitplan: Ein vom Senat konkret ausgearbeiteter Vorschlag bis zum Ende des
Jahres.
„Wenn man sich entschließt, das zu tun, dann müssen jetzt Weichen gestellt
werden“, antwortete dagegen Linkenpolitikerin Gottwald auf die Zeitfrage.
Bei dem Treffen am Mittwochabend diskutierten die Anhänger des
Mietendeckels. Ihre grundsätzlichen Gegner waren nicht anwesend. Die
Debatte über den Mietendeckel, sie hat wohl erst begonnen.
7 Mar 2019
## LINKS
[1] /Teures-Wohnen/!5565250
[2] https://www.tagesspiegel.de/berlin/wohnungsnot-in-der-hauptstadt-berlin-koe…
[3] /Debatte-um-Mietendeckel-in-Berlin/!5574670
[4] https://www.bundestag.de/resource/blob/592066/409b80b8bd9764f047a54e923b7c0…
## AUTOREN
Volkan Ağar
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