# taz.de -- Mitorganisatorin über Fridays for Future: „Protestieren geht üb… | |
> Es gebe kein Recht auf SUVs, sagt Luisa Neubauer, Mitorganisatorin von | |
> Fridays for Future in Berlin. Am Freitag protestieren SchülerInnen in | |
> über 100 Ländern. | |
Bild: Lässt sich nicht verkohlen: Klimaaktivistin Luisa Neubauer im Einsatz | |
Frau Neubauer, geben die Demonstranten von Fridays for Future zu einfache | |
Antworten auf komplexe Fragen? | |
Wir stehen vor der größten Transformation der Menschheit, darüber gibt es | |
keine Illusionen. Was es braucht, sind klare Antworten auf große Fragen. | |
Das heißt nicht, dass die Komplexität verneint wird, sondern, dass wir die | |
Dinge auf den Punkt bringen, [1][wie etwa Greta (Thunberg) das tut]. | |
Wann werden die Demonstranten genauer ausformulieren, was sie möchten? | |
Ich glaube, es ist nicht unsere Aufgabe, der Politik im Detail | |
durchzudeklinieren, was sie zu tun hat. Unsere Aufgabe ist es, aufzuzeigen, | |
dass gehandelt werden muss – und zwar schnell. Und eben, moralische | |
Konsequenzen zu ziehen. Es gibt kein Recht auf SUV-Fahren, es gibt aber ein | |
Recht auf die eigene Lebensgrundlage: Artikel 20a Grundgesetz. Das wird | |
gerade terrorisiert. | |
Die Streiks werden oft als Schüler*innenstreiks gelesen. Müssten nicht die | |
Student*innen mehr Präsenz zeigen? | |
Greta hat das ganze als „Schulstreik“ geframt, viele Studis waren lange | |
unsicher, wie sie sich einbringen können. Es ist aber enorm wichtig, dass | |
auch Studis diese Streiks mittragen. Die Betroffenheit von der Klimapolitik | |
endet ja nicht mit der Schulzeit. | |
Wie kriegt man die Student*innen auf die Straße? | |
In Berlin haben wir eine WhatsApp-Gruppe für Studierende eingerichtet, wir | |
verbreiten Grafiken und sagen: Es ist auch eure Zukunft, Protestieren geht | |
über Studieren. | |
Sie haben sich deutlich dagegen ausgesprochen, Parteipolitik zu machen. | |
Warum? | |
Ich bin ja Mitglied in einer Partei … | |
… bei den Grünen. | |
Genau. Menschen fragen sich auch häufig, ob ich persönliche politische | |
Ambitionen habe. Das finde ich absurd, denn es gibt wohl keinen | |
unbequemeren Weg, in die Politik zu starten, als den, den ich gerade mache. | |
Das, was mich inspiriert, ist nicht im Bundestag zu finden. Ich finde es | |
auch befremdlich, wenn Politiker*innen sagen: Wir haben auf so was wie euch | |
gewartet! Das ist ja tragisch, dass man im Bundestag sitzt und darauf | |
wartet, dass ein paar junge Menschen sich entscheiden, nicht zur Schule zu | |
gehen. | |
Trotzdem ist es der Ort, wo die Entscheidungen fallen … | |
Wir gehen auf die Straße, weil in den nächsten zwei bis fünf Jahren massiv | |
Klimapolitik gemacht werden muss – in aller notwendigen Radikalität. Wir | |
haben keine Zeit, auf ein eigenes Mandat zu warten. Wir brauchen die | |
Menschen, die jetzt im Bundestag sitzen. Die müssen in die Puschen kommen. | |
Haben Sie Sorge, dass das Engagement irgendwann abebbt? | |
Ich habe vor ganz vielem Angst. Unter anderem vor den Folgen eines | |
ökologischen Kollapses, auf den wir gerade zurasen. Eine Sache, vor der ich | |
keine Angst habe: Dass junge Menschen weiter in irgendeiner Form für ihre | |
Zukunft einstehen werden. | |
Das ist natürlich auch Zweckoptimismus. | |
Kein Veto. | |
Was müsste denn passieren, damit [2][Fridays for Future] aufhören kann? | |
Das Problem ist ja nicht nur, dass die Politik gerade mit großer | |
Klimaignoranz durch die Legislaturperiode spaziert. Sondern, dass wir immer | |
wieder erlebt haben, dass die selbstgesteckten Ziele nicht eingehalten | |
werden – Stichwort Klimaziele 2020. Es gibt also für uns keinen Grund, | |
darauf zu vertrauen, dass die Politik ambitioniertere Ziele auch einhalten | |
würde. Das ist gruselig: Was bedeutet es für eine Generation, die nicht | |
mehr darauf vertraut, dass sich die Regierung an ihre Vorhaben hält? | |
In einem Blogbeitrag heißt es: Um die Ziele zu erreichen, braucht es | |
Empathie, Respekt und ein liebevolles Miteinander. Wie sieht diese Liebe | |
aus? | |
Es wird extrem herausfordernd, was da auf uns zukommt. Was macht es mit | |
einer Gesellschaft, der hundert Jahre lang erzählt wurde, man müsse auf | |
Wachstum hinarbeiten, wenn man das auf einmal in Frage stellt? Das wird | |
ungemütlich. Klimafragen sind auch immer Gerechtigkeitsfragen, | |
Geschlechterfragen, Klassenfragen. Wir müssen uns darauf gefasst machen, | |
dass unsere Gesellschaft auf die Probe gestellt wird. Da braucht es von uns | |
allen noch mehr Vorstellungsvermögen und Empathie. | |
Sind junge Menschen denn dazu bereit, weniger zu konsumieren? | |
Das ist eine kulturelle Fragen. Wir finden ja nicht den Konsum gut, sondern | |
was uns darüber erzählt wird. Die Werbung sagt: Das und das bist du, wenn | |
du konsumierst. Wenn man sich mehr darauf besinnt, was wir eigentlich | |
brauchen, ist das verdammt wenig an materiellen Gütern. | |
Kann man mit Veganismus die Welt retten? | |
Nein, das würde ich nicht sagen. | |
Macht es denn einen Unterschied, ob ich Käse oder Schnitzel esse? | |
Das schon. Zum einen ist es gesünder, vegan leben – gesunde Menschen können | |
auch länger das Klima schützen. Gleichzeitig ist es ein wertvoller Schritt, | |
bei sich selbst anzufangen. Das bereitet uns darauf vor, was vielleicht mal | |
kommt. Es ist offensichtlich, dass so etwas wie eine Fleischsteuer | |
notwendig ist. Und wer schon jahrelang glücklich ohne Fleisch gelebt hat, | |
wird dann nicht auf die Barrikaden springen. | |
Sie haben über 12.000 Follower auf Instagram. Sind Sie eine | |
Klimainfluencerin? | |
Das ist ein witziges Wort. Was soll das sein? | |
Jemand, der ganz viele Leute dazu bringt, mehr über dieses Thema | |
nachzudenken. | |
Ich weiß nicht, ob Instagram so funktioniert. Oft denkt man doch mehr über | |
die Person nach als über das Thema. Aber ich finde es total inspirierend, | |
persönliche Geschichten von anderen Menschen zu hören. Das kann Mut machen. | |
Vielleicht kann ich wiederum das auch ein klein wenig für andere Menschen | |
sein. | |
Sie haben mal von einem „Wohlfühlmoment“ gesprochen: Die Gefahr, das man | |
eine Sache für das Klima macht und dann denkt, man sei fein raus. Besteht | |
nicht genau diese Gefahr beim Streik? Nach dem Motto: Ich habe jetzt jeden | |
Freitag protestiert, dann kann ich in den Ferien auch mal nach Mallorca | |
fliegen? | |
Da wir so wahnsinnig viele kontroverse Diskussionen führen, durchlaufen wir | |
immer wieder Reflexionsloops. Dadurch, dass wir uns immer wieder | |
rechtfertigen müssen, festigen wir unser Bewusstsein dafür, was wir wollen. | |
Die deutlich größere Gefahr ist diese privatisierte Konsumdebatte, die wir | |
führen. Es geht darum, ob du eine Bambuszahnbürste benutzt oder nicht. Das | |
ist ein riesiges Geschenk an die Konzerne, die sich derweil an der | |
Klimakrise dumm und dusselig verdienen. | |
Wie geht es weiter mit Fridays for Future? | |
Da können wir in drei Monaten noch mal drüber reden. | |
Sie hecken etwas aus? | |
Wir werden die Europawahl zur Klimawahl machen. Indem wir dazu beitragen, | |
dass alle Parteien unter gehörigen Druck geraten, sich mit der Zukunft | |
auseinanderzusetzen. | |
15 Mar 2019 | |
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## AUTOREN | |
Finn Holitzka | |
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