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# taz.de -- Fridays for Future in Berlin: Sie sind jung und brauchen die Welt
> Beim Berliner Plenum der SchülerInnenbewegung „Fridays for Future“ für
> eine bessere Klimapolitik wird der globale Streik am Freitag vorbereitet.
Bild: Berliner Jugendliche beim Plenum der Fridays for Future-TeilnehmerInnen
Die Klingel im Greenpeace-Büro an der Chausseestraße kommt nicht zu Ruhe.
Es ist Dienstagnachmittag, 17 Uhr, die Berliner Jugend strömt zum Offenen
Plenum von „Fridays for Future“ (FFF). Nach Wochen des Protests kennt man
sich, viele fallen einander freudig um den Hals oder begrüßen sich per
Handschlag. Einige tragen einen Streifen Kreppklebeband mit ihrem Namen an
der Brust oder sind am Klemmbrett als Mitglieder des Orga-Teams erkennbar.
„Journalisten bitte in den hinteren Raum“, ruft Lisa von Greenpeace, die
als Gastgeberin ein bisschen die Aufsicht zu führen scheint. Die aber
brauchen die Jugendlichen gar nicht. Fünf Minuten nach fünf ist im hinteren
Raum jeder Stuhl besetzt, und die rund 50 Jugendlichen sind auf einen
Schlag mucksmäuschenstill, als Tommy das Plenum eröffnet. „Heute sind ja
einige Journalisten anwesend, es wäre nett, wenn die sich mal melden
könnten.“ Fünf Hände gehen hoch.
Fridays for Future ist ein Medienthema geworden – diese Woche ganz
besonders: Für Freitag hat die mittlerweile internationale
SchülerInnenbewegung für eine bessere Klimapolitik zum globalen Großstreik
aufgerufen. In über 50 Ländern sind lauf FFF Streiks angemeldet, allein in
Deutschland machen SchülerInnen an 150 Orten mobil.
Die Erwachsenenwelt ist geteilter Ansicht darüber, was sie davon halten
soll: Die einen geben – wie FDP-Politiker Christian Lindner –
herablassende Ratschläge, die Kids sollten das Thema lieber „Profis“
überlassen, und pochen auf die Schulpflicht, andere – wie die „Scientists
for Future“, darunter bekannte Klimaforscher, sprich: „Profis“ – spring…
den Jugendlichen bei.
## Von 50 zu 10.000 Teilnehmern
Auch in Berlin ist FFF enorm gewachsen. Mitte Dezember zur ersten Demo, wie
überall inspiriert von der Schwedin Greta Thunberg, die seit August 2018
jeden Freitag für Klimaschutz streikt, kamen rund 50 SchülerInnen. Am 25.
Januar, beim bislang größten Streik, waren es über 10.000.
Das könnte diesen Freitag noch getoppt werden, hofft Emil Exner. Der
17-Jährige organisiert die Demos mit und betreut die Berliner
Instagram-Seite von FFF. „Ich sage jetzt immer: Ich bin hauptberuflich
Schüler und habe nebenbei zwei Fulltimejobs bei Fridays for Future.“ Als er
im Januar dazukam, erzählt er, „hatten wir eine WhatsApp-Gruppe mit 27 bis
30 Leuten“. FFF organisiert sich vor allem über diesen Nachrichtendienst.
„Jetzt sind wir mehr als 20 WhatsApp-Gruppen mit je bis zu 256 Leuten!“
Mehr lässt WhatsApp pro Gruppe nicht zu.
Selbstbewusst erzählt Exner auch, dass die SchülerInnen alles selbst
machen: Plakate und Flyer drucken, Fakten aufbereiten, Redner organisieren,
Social-Media-Kanäle füttern und und und. „Unsere Organisation in Berlin
funktioniert unfassbar gut, das haben wir schon von mehreren Leuten
gehört“, sagt er. Das liege daran, „dass wir ein richtiger Freundeskreis
geworden sind. Man bildet ein totales Vertrauensverhältnis zueinander.“
Und: Zumindest jenen, die schon länger dabei sind und aktiv
mitorganisieren, sei Klimapolitik wirklich ein wichtiges Anliegen. „Es geht
uns nicht ums Schwänzen“, betont Emil. „Wir machen das ja auch in den
Ferien, auch am Frauentag haben wir gestreikt. Wir haben schon lange über
das Thema nachgedacht, wir wussten nur nicht, wie wir es umsetzen können.
Jetzt haben wir das Gefühl, etwas bewirken zu können. Es guckt endlich mal
jemand darauf.“
## Diskussion mit EU-Parlamentariern
Tatsächlich ist die derzeitige Aufmerksamkeit für die „Klima-Kids“ enorm.
Eine der Berliner Organisatorinnen, Franziska Wessel aus Zehlendorf, ist
darum an diesem Dienstag gar nicht da – sondern in Straßburg, um mit
EU-ParlamentarierInnen zu diskutieren. In der Woche zuvor hat die
14-Jährige in der Phoenix-Runde den Alten – darunter der Berliner
CDU-Fraktionsvorsitzende Burkhard Dregger – souverän erklärt, was FFF will:
das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens einhalten, einen schnellen
Kohleausstieg, die Verkehrswende – kurz: „eine bessere Klimapolitik, die
uns das Existieren auf diesem Planeten ermöglicht“.
Ebenso ruhig und professionell geht es im Plenum zu. Tommy erklärt, dass
sich in jedem Bezirk Gruppen gebildet haben, die Plakate aufhängen und
„Leute zusammenbringen“ – die Ortsgruppen sollten dort vertreten sein. Ob
jemand von Letzteren anwesend sei? Viele Finger fliegen hoch. Dann
berichtet Ida von dem „Skillsharing-Workshop-Tag“, den sie organisiert, wo
sich Leute vernetzen können und lernen, „zum Beispiel wie man Pressearbeit
macht“. Schließlich bittet Tommy noch um Mithilfe bei der Durchsetzung der
„neuen Flyerpolitik“ auf der nächsten Demo. „Manche Flyer wollen wir jet…
tolerieren, andere nicht. Ich brauche Leute, die das kontrollieren.“ Wieder
gehen einige Hände hoch – Tommy lässt einen Zettel herumgehen, damit
Interessenten Name und Handynummer eintragen können.
Das Plenum ist beendet, es geht in die Kleingruppen: die neue
„Bezirksgruppe“ mit Abgeordneten aller Bezirke, die „Faktenvermittlung“,
die aufklärt und Vorträge hält, die „Streikgestaltung“, die „Studis“…
„Demo-Patinnen“. Kurz bricht Chaos im Flur aus, weil der Raum für die
Faktengruppe noch nicht frei ist.
Zu der wollen auch Lara, Agnes, Nika und Janna. Die Achtklässlerinnen aus
Schöneberg stehen etwas verloren im Gewusel, sind aber eigentlich schon
alte Häsinnen des Protests. Seit der ersten Demo im Dezember sind sie
dabei, erzählen sie – „die Schwester von Lara ist sogar groß im Orga-Team…
sagt Agnes, sie selbst würden einfach „nur“ mitstreiken. Warum? „Wir sind
wütend.“ Auf wen? Die Erwachsenen natürlich, die Politiker, die nichts für
den Klimaschutz tun. Aber, findet Lara, man müsse deswegen nicht in Angst
verfallen. „Man kann den Protest auch mit bunten Farben vermitteln. Und
wir wollen ja auch Spaß bei der Sache haben.“
14 Mar 2019
## AUTOREN
Susanne Memarnia
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Schwerpunkt Fridays For Future
Schwerpunkt Klimawandel
Verkehrswende
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Schulstreik
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