# taz.de -- Kolumne Wir retten die Welt: Klimakiller im Kinderzimmer | |
> Der Nachwuchs ist die größte Gefahr für die Zukunft, heißt es jetzt. Aber | |
> wenn wir keine Kinder mehr haben – wer streikt dann am Freitag? | |
Bild: Bitte nicht füttern: die Ökoschweine der Zukunft? | |
Die letzten paar Jahre waren wir brav: Urlaub in Europa, hauptsächlich Bahn | |
oder volles Auto. 2019 aber wird schlimm: Unsere Tochter besucht ihre | |
Gasteltern in Chile (9,14 Tonnen CO2, 211 Euro Kompensation), ich muss da | |
im Dezember auch hin (Klima(!)konferenz), und unser Sohn wird zu seinem | |
Austauschjahr nach Kolumbien auch nicht den Bananenfrachter nehmen. | |
Atmosfair freut sich schon über eine dicke Überweisung. Und dann sind da | |
noch all die anderen Ökosünden unseres Nachwuchses: Sie heizen ihre Zimmer, | |
sie essen ab und zu Döner, der Älteste macht sogar den Führerschein. | |
Das passt alles wunderbar in die These von Verena Brunschweiger. Die | |
38-jährige Lehrerin zieht derzeit mit ihrem Manifest „Kinderfreiheit“ durch | |
Interviews und Talkshows und plädiert dafür, lieber keine Kinder in die | |
Welt zu setzen. Auch wegen der Ökobilanz. | |
Volle 58,6 Tonnen CO2 zusätzlich pro Jahr verursache jeder Nachkomme. Also | |
etwa so viel, als würde jedes Kind alle zwei Monate zwischen Deutschland | |
und Chile pendeln. Wahnsinn, oder? | |
## Eltern haften für ihre Urururururenkel? Echt jetzt? | |
Brunschweiger beruft sich auf Studien, die den Eltern die Klimaschulden | |
ihrer Kinder und Ururururur….enkel für die nächsten Jahrhunderte zurechnen, | |
auf der Basis heutiger Zahlen. Hm. Das klingt nach einer Rechnung, wie sie | |
sonst nur Dieter Köhler und seine 107 Lungenärzte unterschreiben würden. | |
Der Kollege Christopher Schrader hat sie bei den [1][Riffreportern] | |
analysiert: Es blieben „Fragezeichen“, die Grundaussage sei „am Ende | |
praktisch wertlos“. | |
Selbstverständlich darf jede und jeder Kinder doof finden. Das ging mir in | |
den letzten 20 Jahren auch ab und zu so, meistens morgens um halb vier. | |
Früher sollte man keine Kinder haben, weil man ihnen den Weltuntergang | |
ersparen wollte. Heute sind sie dafür sogar verantwortlich. Aber es stimmt: | |
„Überbevölkerung“ gibt es eher im unserem Turbokonsum als da, wo Menschen | |
ums Überleben kämpfen. | |
Aber ein Öko-Gebärstreik wäre zukunftsfeindlich. Wer sollte es denn dann | |
besser machen und unsere Probleme lösen? Wer sollte [2][am Freitag für den | |
Klimaschutz streiken]? Und vor allem: Die echten Probleme, ein fossil | |
befeuertes kapitalistisches System, das unsere Zukunft verheizt, löst man | |
nur mit mehr lautstarkem Protest und verrückten Ideen. Also genau damit, | |
womit uns unser Nachwuchs so auf den Zeiger geht. Kein Nachwuchs mehr und | |
dafür den Wirtschaftswahn akzeptieren – das hieße, das Kind mit dem Bade | |
ausschütten. | |
Ich bin übrigens nicht verantwortlich für unsere drei Kinder. Schuld sind | |
meine Eltern. Oder meine Großeltern. | |
Nichts gegen Debatten zum Lebensstil. Aber dann sollten wir eher diese | |
Studie des Worldwatch-Institute lesen: Demnach haben zwei deutsche | |
Schäferhunde schon durch ihr Fressen einen höheren ökologischen | |
Pfotenabdruck als ein Mensch in Bangladesch. Auf die Debatte in den | |
Talkshows freue ich mich schon: „Hunde abschaffen fürs Klima!“ | |
16 Mar 2019 | |
## LINKS | |
[1] https://www.riffreporter.de/klimasocial/schrader-kinderlose/ | |
[2] /Fridays-for-Future-weltweit/!5580768 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
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