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# taz.de -- Klimaschutz in der Verkehrspolitik: Denkverbote für Experten
> Verkehrsminister Scheuer kanzelt Ideen einer Arbeitsgruppe ab, die zu
> seiner Mobilitätskommission gehört. Die Mitglieder sind verärgert.
Bild: Beratungsresistent: Andreas Scheuer (CSU) will keine „überzogenen Geda…
Berlin taz | Das [1][Klimaschutzgesetz] der Bundesregierung ist in Gefahr.
In einem wesentlichen Politikfeld – dem Verkehr – wird die Vorbereitung des
Gesetzes, das noch vor der Sommerpause verabschiedet werden soll, vom
zuständigen Minister torpediert.
Seit vier Monaten arbeitet die [2][Arbeitsgruppe Klimaschutz] im Verkehr
als Teil der „Nationalen Plattform Zukunft der Mobilität“. Sie bearbeitet
einen harten Brocken, denn der Sektor hat als einziger seine Emissionen
seit 1990 nicht senken können. Ursprünglich wollte die Gruppe Mitte
Dezember Vorschläge vorlegen, vertagte sich aber wegen tiefer Differenzen
zwischen den Mitgliedern aus Industrie, Gewerkschaften, Umwelt- und
Verkehrsverbänden auf den Frühling.
Das Datum sei unwichtig, Hauptsache, es würden belastbare Vorschläge
gemacht, die in das Klimaschutzgesetz einfließen könnten, hieß es damals
aus der Kommission. In der Arbeitsgruppe würden die derzeit bekannten Ideen
gesammelt und gegeneinander abgewogen.
Entsprechend verärgert ist der Geschäftsführer des Fahrradverbands ADFC,
Burkhard Stork, über Berichte vom Wochenende über Tempolimits und höhere
Steuern. „Die angeführten Maßnahmen stammen aus einem Arbeitspapier und
sind zusammenhanglos und plakativ herausgezogen worden. Klar ist, dass ein
Maßnahmenpaket für mehr Klimaschutz im Verkehr kräftige Investitionen in
Rad- und Fußverkehr enthalten muss, sonst klappt die Vermeidung von
überflüssigem Autoverkehr nicht. Das weiß die Kommission auch.“ Die Aufgabe
sei groß, Denkverbote dürfe es nicht geben, sagte ein Mitglied der
Arbeitsgemeinschaft.
## „So ein Verhalten habe ich noch nie erlebt“
Genau die hat Verkehrsminister Andreas Scheuer jedoch am Wochenende in der
Bild-Zeitung und gegenüber Nachrichtenagenturen ausgesprochen. „Wir wollen
die wirklich spannenden Zukunftsthemen der Mobilität ausarbeiten – und
nicht Zorn, Verärgerung oder Wohlstandsverlust in der Bevölkerung
hervorrufen mit völlig überzogenen, realitätsfernen Gedankenspielen“, sagte
der CSU-Politiker. Das SPD-geführte Bundesumweltministerium antwortet kühl,
der Verkehrssektor müsse bis 2030 rund 40 Prozent Treibhausgas-Emissionen
einsparen. „Wir erwarten dazu Vorschläge des Ministers in den nächsten
Monaten“, sagt ein Sprecher.
„Die Frage ist, ob das Ministerium überhaupt noch eine Beratung wünscht“,
sagt Dirk Flege von der Allianz pro Schiene, „und ob eine unabhängige
Beratung möglich ist, wenn der Minister solch ungeheuerliche Äußerungen
macht.“ Auch Dietmar Oeliger, der für den Naturschutzbund Nabu in der
Arbeitsgruppe sitzt, ist schockiert. „So ein Verhalten habe ich noch nicht
erlebt“, sagt er. Wie der Minister wolle die Kommission keinen „Zorn“ in
der Bevölkerung auslösen, so Oeliger, „wir sind ja nicht blind, wir sehen,
was in Frankreich passiert“. Daher enthielten Vorschläge einer
Energiesteuer auch Maßnahmen, sie sozial abzufedern.
Die 52 Cent mehr Steuern pro Liter Sprit im Jahr 2030 etwa bezögen ein,
dass die Fahrzeuge in elf Jahren deutlich weniger verbrauchen würden als
heute. „Das schreiben die CO2-Grenzwerte den Herstellern vor“, sagt
Oeliger. 2030 sei der Staat auf höhere Steuern angewiesen, „sonst brechen
ihm wegen des geringeren Verbrauchs der Fahrzeugflotte die Einnahmen weg,
um die Straßen zu unterhalten“.
Die Kommission habe einen klaren Auftrag, sagt Flege von der Allianz pro
Schiene: „Wir sollen Vorschläge zum Klimaschutz im Verkehr machen.“ Dass
dabei nicht alles so bleiben könne wie bisher und dass es Gewinner und
Verlierer gebe, sei klar. Am kommenden Mittwoch trifft sich die
Arbeitsgruppe das nächste Mal. Christian Hochfeld, Direktor des Think Tanks
Agora Verkehrswende, meint: „Wir halten die Diskussion in der Arbeitsgruppe
weiterhin für sinnvoll, um einen Weg zu finden, die Klimaschutzziele im
Verkehr zu erreichen.“
20 Jan 2019
## LINKS
[1] /Nach-der-UN-Klimakonferenz/!5556735
[2] /Mobilitaet-in-Deutschland/!5532454
## AUTOREN
Heike Holdinghausen
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CO2-Emissionen
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Verkehrspolitik
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