# taz.de -- Freihandelsabkommen CETA: Investitionsschutz eng eingegrenzt | |
> Der Europäische Gerichtshof muss entscheiden, ob der Vertrag zwischen EU | |
> und Kanada mit EU-Recht vereinbar ist. Der Generalanwalt formuliert | |
> Grenzen. | |
Bild: München 2016: Ist das schon drei Jahre her? Ceta als giftige Mischung | |
Brüssel taz | Das umstrittene Freihandelsabkommen CETA verstößt nicht gegen | |
EU-Recht. Allerdings stellt der Vertrag zwischen der EU und Kanada auch | |
keinen Freibrief für Investoren dar, Staaten zu Gesetzesänderungen zu | |
zwingen. Mit dieser [1][Einschätzung hat der Generalanwalt am Europäischen | |
Gerichtshof (EuGH), Yves Bot], eine Klage Belgiens abgeschmettert – aber | |
auch einige Leitplanken eingezogen. | |
Belgien hatte das Abkommen im Herbst 2016 nach wochenlangem erbitterten | |
Widerstand vor allem aus der Region Wallonie gebilligt, allerdings | |
gleichzeitig den EuGH angerufen. Die Belgier wollten von den höchsten | |
EU-Richtern in Luxemburg wissen, ob die in CETA enthaltenen Sonderrechte | |
für Investoren und ein neuartiges Schiedsgericht mit Unionsrecht vereinbar | |
sind. | |
Konkret geht es dabei um Dispute zwischen Investoren und Staaten. Sie | |
sollen laut CETA nicht vor ordentlichen Gerichten beigelegt werden, sondern | |
in einem eigenen, speziellen Investitionsgericht. Kritiker befürchten, dass | |
Unternehmen diesen neuen Mechanismus nutzen könnten, um einzelne EU-Staaten | |
zu verklagen und unliebsame Gesetze zu verhindern oder nachträglich | |
auszuhebeln. | |
Diese Sorge teilt der Generalanwalt jedoch nicht. Die EU habe | |
„hinreichende“ Garantien für die Streitschlichtung gegeben, erklärte Bot. | |
Die Zuständigkeit des neuen Schiedsgerichts sei eng begrenzt und beziehe | |
sich lediglich auf finanzielle Entschädigungen. Es sei jedoch nicht befugt, | |
staatliche Regeln aufzuheben oder Änderungen anzuordnen. | |
## Kein Hebel gegen EU-Staaten | |
Die Mitgliedstaaten könnten deshalb auch künftig Gesetze erlassen, „um | |
legitime Ziele des Allgemeinwohls etwa im Bereich der öffentlichen | |
Gesundheit, der Sicherheit, des Umwelt- oder des sozialen Schutzes zu | |
erreichen“. Es bleibe auch weiter Aufgabe der nationalen Gerichte, „eine | |
effektive Anwendung des Unionsrechts zu gewährleisten“. | |
Sollte sich diese Rechtsauffassung durchsetzen, so wären schwerwiegende | |
Eingriffe in die Umwelt- und Sozialgesetzgebung durch CETA wohl nicht mehr | |
zu befürchten. Jedenfalls könnten Konzerne das Schiedsgericht nicht als | |
Hebel gegen die EU-Staaten nutzen. Ein endgültiges Urteil steht zwar noch | |
aus. Doch in aller Regel übernimmt der EuGH die Einschätzung des | |
Generalanwalts. | |
CETA war nach jahrelangem Streit und massiven Bürgerprotesten im September | |
2017 vorläufig in Kraft getreten. Allerdings ist die Streitschlichtung | |
bisher noch ausgenommen. Dazu muss CETA erst durch die Parlamente in den | |
Mitgliedstaaten ratifiziert sein. Stimmt auch nur eines der 28 EU-Länder | |
nicht zu, scheitert das gesamte Abkommen. Zuletzt hatte Italien Zweifel | |
angemeldet. | |
Auch von der Umweltorganisation Greenpeace kommt weiter Widerstand. Die | |
Einschätzung des Generalanwalts sei „ein herber Rückschlag für die | |
europäische Demokratie“, erklärte Greenpeace-Handelsexperte Jürgen Knirsch. | |
Ausländische Unternehmen erhielten „ein unfaires Privileg, wenn ihnen im | |
Gegensatz zu den ansässigen Unternehmen spezielle Schiedsgerichte außerhalb | |
der europäischen Gerichtsbarkeit zur Verfügung stehen“, so der | |
Greenpeace-Experte. Europäisches Recht müsse „über Investoreninteressen | |
stehen“. | |
Auch in Belgien gehen die Proteste weiter. [2][Eine Petition gegen die | |
„Paralleljustiz“ bei CETA] hat binnen einer Woche bereits 273.000 | |
Unterschriften gesammelt. | |
30 Jan 2019 | |
## LINKS | |
[1] http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=210244&a… | |
[2] https://www.attac.at/kampagnen/stopp-isds.html | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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