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# taz.de -- Gutachten zum Investitionsschutz: EuGH winkt Ceta durch
> Der Europäische Gerichtshof hält Investitionsschutz im Handelsabkommen
> mit Kanada mit dem EU-Recht für vereinbar. Ceta-Kritiker sind enttäuscht.
Bild: Proteste gegen Ceta in Straßburg 2017
Freiburg taz | Der Investitionsschutz im Freihandelsabkommen der EU mit
Kanada (Ceta) ist mit EU-Recht vereinbar. Dies stellte am Dienstag der
Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem verbindlichen Gutachten fest. Wegen
der großen Bedeutung der Frage entschied der EuGH im Plenum aller Richter.
Ceta-Kritiker äußerten Enttäuschung über das Urteil. „Die rechtliche
Zulässigkeit ändert jedoch nichts daran, dass das CETA-Abkommen in seiner
aktuellen Form politisch falsch ist“, sagte Sven Giegold, EU-Politiker und
Spitzenkandidat der Grünen bei der Europawahl.
Mit Ceta sollen über 99 Prozent der Zölle zwischen der EU und Kanada
beseitigt werden. EU-Firmen sollen in Kanada künftig auch bei öffentlichen
Ausschreibungen auf regionaler und kommunaler Ebene zum Zuge kommen können.
Laut EU-Kommission soll das Handelsvolumen zwischen den Volkswirtschaften
bei Waren und Dienstleistungen [1][um 23 Prozent erhöht werden].
Umstritten bei dem im September 2017 vorläufig in Kraft getretenen Abkommen
war vor allem der Schutz von Investoren aus dem jeweils anderen
Wirtschaftsraum. Diese sollen vor einem neuen Investitionsgericht, dem
Ceta-Gericht, klagen können. Investoren wird im Ceta-Vertrag eine „gerechte
und billige“ Behandlung zugesichert, außerdem werden sie gegen „indirekte
Enteignungen“ geschützt. Kritiker fürchten, dass Konzerne auf diesem Weg
Standards im Umwelt- und Verbraucherschutz und im Arbeitsrecht absenken
können. Im [2][Oktober 2015] und im [3][September 2016] demonstrierten in
Deutschland Hunderttausende gegen Ceta und das Schwesterabkommen mit den
USA, TTIP.
Ursprünglich richtete sich der Protest gegen TTIP, das aber nicht
zustandekam, weil die USA das Interesse verloren. Um so wichtiger wurde
Ceta für die EU als beispielhaftes Abkommen, an dem sich weitere
Freihandelsverträge orientieren sollten. Innovativ an Ceta ist insbesondere
der gerichtliche Investorenschutz. Im Ceta-Gericht sollen 15 dauerhaft
bestellte Richter sitzen, während Schiedsgerichte bisher aus fallweise
bezahlten Anwälten und Professoren zusammengesetzt wurden.
## Nur das wallonische Regionalparlament stellte sich quer
Der EU-Ministerrat stimmte Ceta im Oktober 2016 zu. Das
Bundesverfassungsgericht hatte dies der Bundesregierung in einem
Eilbeschluss erlaubt. Zuletzt stellte sich nur noch das wallonische
Regionalparlament quer. Es zog sein Veto aber zurück, nachdem die belgische
Regierung versprach, ein EuGH-Gutachten zur Zulässigkeit des Ceta-Gerichts
einzuholen. Dieses Gutachten liegt jetzt vor.
Die Ceta-Kritiker hatten große Hoffnung in den EuGH gesetzt, da er sehr
scharf sein kann, wenn es um die Gefährdung seiner eigenen Kompetenzen
geht. So hat er den Beitritt der EU zur Europäischen
Menschenrechtskonvention ebenso verhindert wie die Schaffung eines
einheitlichen Patentgerichtssystems. Auch bei Investitionsschutzabkommen
zwischen EU-Staaten sah er Anfang 2018 einen Verstoß gegen EU-Recht
([4][„Achmea“-Urteil]).
Gegen den Ceta-Vertrag hatte der EuGH nun aber keine Einwände. Die
Autonomie der EU-Rechtsordnung bleibe gewahrt. Das Ceta-Gericht könne nur
den Ceta-Vertrag anwenden, nicht aber EU-Recht oder das Recht der
EU-Mitgliedsstaaten auslegen.
Auch der verfassungsrechtliche Rahmen der EU bleibe unangetastet. Der EuGH
verwies auf zahlreiche Ceta-Vertragsbestimmungen, die sicherstellen, dass
die EU ihr Niveau im Umwelt-, Verbraucher- und Arbeitnehmerschutz auch
weiterhin selbst bestimmen kann. (Az.: Avis 1/17)
## Deutsche Ratifikation steht noch aus
Der Großteil des Ceta-Vertrags wird bereits vorläufig angewandt. Dies gilt
jedoch nicht für die Regeln zum Investitionsschutz, bei denen noch die
Ratifikation der nationalen Parlamente erforderlich ist. Bisher fehlen noch
18 EU-Staaten, darunter Deutschland. In der Bundesrepublik ist umstritten,
ob neben dem Bundestag auch der Bundesrat zustimmen muss, wo die
Ceta-Kritischen Grünen ein Veto durchsetzen könnten.
Außerdem wird sich – vermutlich nach der Sommerpause – noch einmal das
Bundesverfassungsgericht mit Ceta befassen. Dort liegen Klagen der Linken,
von NGOs wie „Mehr Demokratie“ und der Aktivistin Marianne Grimmenstein zur
Prüfung. Auch dort wird es vor allem um den Investorenschutz gehen.
Das Bündnis „Gerechter Welthandel“ sammelt derzeit europaweit
Unterschriften gegen Konzernklagen und hat bereits rund 556.000 Signaturen
zusammen.
30 Apr 2019
## LINKS
[1] https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Dossier/ceta.html
[2] /!5240719/
[3] /!5338274/
[4] /!5486429/
## AUTOREN
Christian Rath
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