Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Jugendliche protestieren für Klimaschutz: Irgendwer muss es ja tun
> Am Freitag demonstrieren tausende Schüler in Berlin für mehr Klimaschutz.
> Dort will die Kohlekommission ihre Empfehlungen vorstellen.
Bild: … und Anwesenheitspflicht kein Grund, freitags nicht fürs Klima zu pro…
Berlin taz | Warum heute zur Schule, wenn ich morgen keine Welt mehr habe?“
steht auf dem selbst gebastelten Schild der 11-jährigen Elise. An einem
frostigen Freitagmorgen steht die Schülerin vor dem Bundestag und schwänzt
den Unterricht, um für mehr Klimaschutz zu demonstrieren. Ihre beiden
Klassenkameradinnen und Hunderte andere Schüler*innen sind dabei. „Ich
finde, es ist eine Sauerei, dass die Erwachsenen unsere Welt zerstören“,
beschwert sich Elise. Ihre Freundin Ida sagt: „Den Erwachsenen ist der
Klimawandel einfach egal. Die denken: Wenn es richtig schlimm wird, bin ich
eh schon tot, und solange ich lebe, kann ich noch rumsauen.“
Wie Elise und Ida gehen jeden Freitag weltweit Zehntausende Schüler*innen
auf die Straße. Auch im Netz fordern sie – unter dem Hashtag
[1][#FridaysForFuture] – die Politik zum Handeln auf. Seit Beginn der
Proteste im Dezember nimmt die Bewegung für mehr Klimaschutz Fahrt auf:
Waren es vor einem Monat noch 15 deutsche Städte, in denen junge Menschen
auf die Straße gingen und die Schule oder die Uni sausen ließen, sind es
jetzt schon mehr als 50 Orte. Am Freitag soll es eine große Demonstration
in Berlin geben. „Dafür werden junge Leute aus ganz Deutschland anreisen“,
sagt Luisa Neubauer.
## Alles dank Greta Thunberg
Die 22-jährige Studentin organisiert die Klimastreiks in Berlin mit. Der
Protest am Freitag soll der bislang größte werden. Schließlich will die
[2][Kohlekommission] dann ihre Ergebnisse vorstellen. Die Kohlekommission
soll einen Plan für das Ende der Kohleverstromung in Deutschland
ausarbeiten. In ihr sitzen Vertreter*innen von Umweltverbänden,
Wissenschaft, Industrie und Gewerkschaften.
Wie viele es am Ende werden, wissen die Veranstalter*innen nicht.
Vergangenen Freitag waren es landesweit jedenfalls 25.000 Schüler*innen,
[3][twitterte der Account „Fridays For Future“]. Unter anderem waren 1.000
Schüler*innen in München, 2.000 in Augsburg und 4.000 in Freiburg im
Streik. Die meisten in Berlin wurden durch Freunde über den Messengerdienst
WhatsApp mobilisiert oder über soziale Medien wie Instagram-Stories und
Snapchat.
Ihren Anfang nahm die „Fridays For Future“-Bewegung, als die damals
15-jährige Klimaaktivistin [4][Greta Thunberg] im Sommer 2018 vor dem
schwedischen Reichstag in Stockholm demonstrierte, statt die Schulbank zu
drücken. „Skolstrejk för klimatet“, also „Schulstreik für das Klima“…
auf ihrem Schild gestanden. Derzeit ist die junge Schwedin auf dem Weg zum
Weltwirtschaftsforum in Davos, wo sie eine Rede über die Folgen der
globalen Erwärmung halten wird.
## Junge Union hat für die Bewegung nur Spott über
Von Thunberg inspiriert, schlossen sich viele junge Menschen den Protesten
an. „Wir werden die Leidtragenden des Klimawandels sein“, heißt es auf der
deutschen Website der jungen Bewegung Fridays For Future. „Gleichzeitig
sind wir die letzte Generation, die einen katastrophalen Klimawandel noch
verhindern kann.“ Weil die Treibhausgasemissionen seit Jahren steigen und
noch immer Kohle, Öl und Gas abgebaut würden, gehen die Protestierenden
freitags nicht in die Schule.
Dieses Engagement bekommt sowohl starken Gegenwind als auch begeisterten
Zuspruch. „Es ist ihre Zukunft. Ich freue mich, dass sie sie selber in die
Hand nehmen, denn die Erwachsenen lassen die Kinder im Stich,“ sagt ein
56-jähriger Aktivist, als er die vielen Schüler*innen vor dem Bundestag
demonstrieren sieht. Ganz anders sieht das die Junge Union
Baden-Württemberg und spottet: „Mit Schulschwänzen den Klimawandel zu
bekämpfen ist in etwa so sinnvoll, wie mit dem Staubsauger durch die Sahara
zu laufen.“ Ihre Forderung: „Fehlzeiten ins Zeugnis!“
Einen Berliner Schulleiter, der auf Anraten der Schulaufsichtsbehörde
lieber anonym bleiben möchte, stören die Streiks nicht, an denen auch seine
Schüler*innen teilnehmen – im Gegenteil: „Für die Schüler*innen ist eine
solche Erfahrung richtungweisend, weil sie ihre Meinung gemeinschaftlich
kundtun und durch die Proteste wirksam sein können“, erklärte er. „Da sich
die Kinder in unserer Schule politisch engagieren sollen, finden wir das
super.“
Andere Berliner Schulen hingegen hingen die Plakate direkt ab oder verboten
die Demoteilnahme, wie Schüler*innen berichteten. Freiburger
Schulleitungen hatten streikenden Schüler*innen nach Angaben der Badischen
Zeitung mit Konsequenzen gedroht. Und in Heidelberg gingen die Konflikte in
den Schulen sogar so weit, dass der dortige Schülerstreik als einziger in
Deutschland kurzfristig abgesagt wurde.
## Schwierige rechtliche Abwägung
Die 17-jährige Anna Helfrich, die die Demonstration angemeldet hatte, wurde
am Vortag des Streiks von den Behörden zu einem sogenannten
Kooperationsgespräch einberufen, wo sie ihr eine Mail des
geschäftsführenden Schulleiters der Heidelberger Gymnasien vorlegten. Von
Schulseite, hieß es darin, könnten Schülerinnen und Schüler für die
Demonstration weder beurlaubt noch entschuldigt werden. Zwar gebe es ein
Recht auf Versammlungsfreiheit, das sei aber als der Schulpflicht zumindest
gleichrangig anzusehen. „Aus diesem Grund bitten wir Sie, eine
beschränkende Verfügung der Demonstration zu erlassen und eine Beschränkung
der Teilnehmenden auf Nicht-Schulpflichtige zu entscheiden“, lautete die
Forderung in der Mail.
Das Ordnungsamt erklärte Helfrich, deshalb einen neue Auflage hinzugefügt
zu haben: „Schulpflichtige Versammlungsteilnehmende, die nicht beurlaubt
sind und zum Zeitpunkt der Versammlung dem Unterricht beizuwohnen hätten,
sind auszuschließen.“ „Natürlich eine unmögliche Aufgabe“, kritisiert
Helfrich. „Wir sehen in der Erteilung nicht erfüllbarer Auflagen eine
unzulässige Einschränkung unseres Grundrechts auf Versammlungsfreiheit.“
Nach der kurzfristigen Absage der ursprünglich geplanten Demonstration gab
es dennoch eine spontane, von den Behörden genehmigte Kundgebung während
der Schulzeit mit etwa 200 Schüler*innen.
Juristisch gesehen haben Schüler*innen ein Recht auf
Spontandemonstrationen auch während der Unterrichtszeit – das stellte
Verfassungsrechtler Holger Zuck aus Stuttgart [5][bei Spiegel Online] klar.
Weil die Klimastreiks jedoch geplant und nicht spontan seien, gelte
zunächst die Schulpflicht, trotz der Versammlungsfreiheit. Gegeneinander
abzuwägen sind also die aus Grundgesetz Artikel 8 abgeleitete
Versammlungsfreiheit und der aus Artikel 7 abgeleiteten staatliche
Erziehungsauftrag.
Die rechtliche Lage schert die Schüler*innen indes herzlich wenig: Wenn am
Freitag die Kohlekommission über das Ende der Kohleenergie verhandelt,
wollen Tausende von ihnen um 12 Uhr vor dem Wirtschaftsministerium
protestieren.
23 Jan 2019
## LINKS
[1] /Blaumachen-gegen-Kohle/!5564031
[2] /Entwurf-der-Kohlekommission/!5567882
[3] https://twitter.com/FridayForFuture/status/1086334323119185920
[4] /15-jaehrige-Aktivistin-aus-Schweden/!5528023
[5] http://www.spiegel.de/lebenundlernen/schule/schulstreik-fuers-klima-duerfen…
## AUTOREN
Sinan Recber
## TAGS
Kohlekommission
Schwerpunkt Fridays For Future
Berlin
Schwerpunkt Klimawandel
Schule
Aktivismus
Demonstrationen
Jugendliche
Greta Thunberg
Schulstreik
Greta Thunberg
Kohlekommission
Greta Thunberg
Greta Thunberg
Schwerpunkt Europawahl
Wirtschaftsforum
Kohlekommission
Peter Altmaier
Schwerpunkt Fridays For Future
Kohlekommission
Schwerpunkt Fridays For Future
Leichte Sprache
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kommentar „Scientists for Future“: Warum nicht mal Politiker fürs Klima?
Schön, dass Forscher die Schülerstreiks unterstützen. Künstler und Sportler
sollten sich anschließen. Das gilt auch für eine andere Berufsgruppe.
Schulkinder über den Streik in Berlin: „Wenn das Geld richtig verteilt wäre…
Weil Lehrer- und ErzieherInnen streiken, sind betroffene Schulkinder zu
Besuch in der taz und sprechen über mehr Lohn, Gerechtigkeit und Ronaldo.
Angela Merkel und „Fridays For Future“: Ein „Cyberkrieg“ für den Klima…
Kanzlerin Merkel setzt Schüler*innenproteste in Verbindung mit
ausländischer Einflussnahme. Nicht nur die Organisator*innen finden das
absurd.
Schülerstreiks fürs Klima: Ministerium empfiehlt Geldbußen
Im Bildungsministerium von Sachsen-Anhalt sieht man den Bildungsauftrag in
Gefahr, wenn Schüler_innen ihre Meinung während des Unterrichts kundtun.
Schüler*innenproteste fürs Klima: Wenn Erwachsene von Kindern lernen
Jeden Freitag demonstrieren Schüler*innen für eine gute Zukunft, die durch
den Klimawandel in Gefahr ist. Vier Jugendliche sprechen.
Onlinemob stürzt sich auf Klimaaktivistin: Hass und Hetze gegen Greta Thunberg
Die 16-jährige schwedische Klimaschutzaktivistin bringt den rechten
Onlinemob in Wallung. Das zeigt: Mit ihren Warnungen trifft sie einen Nerv.
FDP-Generalsekretärin Nicola Beer: Mit Klima-Fake-News nach Brüssel
Am Sonntag will die FDP ihre Generalsekretärin Nicola Beer zur
EU-Spitzenkandidatin machen. Sie ignoriert gerne mal die Fakten zum Klima.
Klimaaktivistin bei Weltwirtschaftsforum: „Ich will, dass ihr in Panik gerate…
Die 16-jährige Schwedin Greta Thunberg ist mit dem Zug nach Davos gereist,
um vor den Wirtschaftseliten zu sprechen. Die Zeit für Höflichkeiten sei
vorbei.
Treffen der Kohlekommission: Finale Sitzung zum Ausstieg
Während SchülerInnen auf der Straße das Ende der Kraftwerke fordern, läuft
die entscheidende Sitzung der Kohlekommission – Ende offen.
Kohlekommission tagt: Kompromiss für Kohleausstieg gesucht
Die Sitzung der Kohlekommission an diesem Freitag könnte entscheidend sein.
Wirtschaftsminister Altmaier sprach von schwierigen Problemen, die es zu
lösen gelte.
Pro & Kontra Schulstreiks fürs Klima: Kohleprotest statt Klausuren?
Am Freitag protestieren Schüler*innen für Klimaschutz. Soll für Demos der
Unterricht ausfallen? Ein Pro und ein Kontra.
Entwurf der Kohlekommission: Beim Klima ist noch alles strittig
Entschädigungen für Konzerne und Regionen sind in der Kommission Konsens.
Der Zeitplan des Kohleausstiegs ist allerdings weiter offen.
Blaumachen gegen Kohle: 25.000 SchülerInnen im Klimastreik
Bundesweit gehen Tausende für einen frühstmöglichen Kohleausstieg auf die
Straße. Fehlstunden auf dem Zeugnis sind ihnen egal.
Leichte Sprache: Eine Schülerin kämpft fürs Klima
Greta ist eine Schülerin aus Schweden. Zur Schule geht sie gerade nicht.
Sie kämpft für das Klima!
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.